Die Maske des Pharaos. Micha Rau. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Micha Rau
Издательство: Bookwire
Серия: Tommy Garcia
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742746306
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der Wichtigste für sie.“

      Während er das sagte, tastete er unbewusst nach dem Amulett unter seinem Hemd. Es war eine uralte Goldmünze mit dem Bildnis des Anastasios, die Tommy Tag und Nacht um seinen Hals trug. Nur ich wusste, dass es das einzige war, was er von seinem Vater besaß, seinem richtigen Vater, der bei einem schrecklichen Unfall ums Leben kam, als Tommy erst drei Jahre alt war.

      Minuten vergingen. Ich spielte mit meinem Glas und überlegte fieberhaft, bei welchen Ärzten ich schon gewesen war und ob da einer dabei war, der vielleicht Janines Mutter helfen könnte. Ich dachte daran, meinen Vater zu fragen, aber der arbeitete in einer Importfirma für Gewürze und kannte bestimmt keine Ärzte. Wir waren auf dem totalen Tiefpunkt unserer Stimmung angelangt, als ich auf einmal erschrocken zusammenfuhr.

      „Ich hab’s!“, schrie Sanne und sprang auf. Jever machte vor Schreck einen Satz zur Seite. Sannes Augen funkelten und sie streckte uns ihre geballte Faust entgegen.

      „Na?“, fragte sie herausfordernd. „Wisst ihr, was ich meine?“

      Tommy nickte langsam und auch seine Augen bekamen einen seltsamen Glanz. Dann schaute er mich an und lächelte.

      „Nun, Herr Seefeld, was meinen Sie dazu?“

      Ich kam mir ziemlich dumm vor, denn ich hatte nicht die geringste Vorstellung, was Sanne meinen konnte. Dann stand auch Tommy auf und ballte die Faust direkt vor meiner Nase.

      „Mensch, Joe! Denk doch mal nach! Was könnte deine kluge Schwester wohl meinen? Na?“

      Mit einem Mal rasten meine Gedanken. Vor meinem geistigen Auge erschien das verwilderte Grundstück, das Haus huschte vorbei und all die fantastischen Abenteuer, die wir vor drei Monaten erlebt hatten, blitzten wie im Zeitraffer durch meinen Kopf. Jetzt wusste ich, was Sanne meinte.

      „Die Wunschkugeln!“

      Auch ich war aufgesprungen, und nur Janine saß noch auf dem Teppich und starrte uns verständnislos an. Jever fing an zu bellen. Sein Instinkt verriet ihm, dass unsere Stimmung von einer Sekunde zur anderen umgeschlagen war. Selbst Lazy bemühte sich, den Kopf zu heben und schaute uns fragend an.

      „Na klar, die Wunschkugeln!“, wiederholte Sanne aufgeregt. „Wir gehen zurück in das Haus und holen eine Wunschkugel. Nur eine einzige. Und damit wünschen wir deine Mutter wieder gesund. Das ist doch bestimmt kein falscher Wunsch! Oder, Tommy?“

      „Nein“, sagte Tommy nachdenklich. „Das ist bestimmt kein falscher Wunsch. Aber ich weiß nicht, ob das so einfach geht.“

      „Wir müssen es doch wenigstens versuchen! Und wenn uns das Haus nicht hinein lässt, dann eben nicht! Aber versuchen müssen wir es doch! Bitte, Tommy!“

      „Vier Herzen ... “, murmelte ich.

      „Genau!“ Sanne ließ nicht locker. Ich ahnte, was in Tommy vorging. Er war der Denker von uns Vieren. Ihm war nicht wohl dabei, einfach bei jedem Problem die Hilfe der geheimnisvollen Mächte zu nutzen. Außerdem dachte er bestimmt auch an die Gefahren, die damit verbunden waren. Und die kamen auch mir in den Sinn. Sanne fasste ihn sanft am Arm.

      „Tommy, wenn Janine wegzieht, dann gibt es keine vier Herzen mehr. Wir drei allein können bestimmt nicht zurück in das Haus. Weißt du nicht mehr? Vier Herzen braucht es, das Buch zu lösen!“

      Tommy lächelte. „Wie könnte ich das vergessen? Ich hab nur ... ich meine, irgendwie glaube ich nicht, dass es so einfach geht, wie du dir das vorstellst. Wir wissen nicht, was uns erwartet. Vielleicht werden da gar keine Wunschkugeln liegen. Und was dann?“

      Sannes Augen schimmerten feucht, aber sie ließ sich nicht beirren.

      „Du bist doch sonst derjenige, der immer für alles eine Lösung hat. Wenn wir es nicht versuchen, werden wir auch nicht erfahren, ob welche da sind. Das ist so wie ... das ist so ... das ist so wie wenn du Chips essen willst, aber nicht einkaufen gehst!“

      Das brachte uns alle zum Lachen, und ich wunderte mich mal wieder über meine Schwester. Noch vor einem halben Jahr fand ich sie einfach nur lästig. Das konnte ich mir heute überhaupt nicht mehr vorstellen.

      „Erinnert ihr euch denn noch, was uns das Buch der Gaben mit auf den Weg gegeben hat?“, fragte Janine leise, die immer noch auf dem Teppich saß. In der ganzen Aufregung hatten wir die Hauptperson fast vergessen!

      „Was meinst du?“, fragte ich gespannt.

      „Ich meine, ich finde es ganz toll von euch, was ihr für meine Mutter tun wollt. Aber dürfen wir denn überhaupt noch einmal zurück?“

      Wir dachten darüber nach. Sie hatte Recht. Dieses Haus war uns einmal wohl gesonnen gewesen, aber würde es dies auch das zweite Mal sein? Janine erhob sich nun ebenfalls und suchte den Raum mit ihren Augen ab.

      „Hast du was zum Schreiben, Tommy?“

      Tommy ging rüber zu seinem Schreibtisch, kramte in einer Schublade herum und fand schließlich einen Bleistiftstummel. Er riss einen Zettel von einem Notizblock und reichte Janine die beiden Sachen.

      „Könnt ihr euch daran erinnern, was im Buch der Gaben stand, als wir es das letzte Mal in der Kammer des Wissens gesehen haben? Ihr wisst doch, als wir es nicht mehr aufheben konnten.“

      „Setzen wir uns besser“, meinte ich und merkte, dass ich jetzt doch Hunger auf eine Ladung Chips bekommen hatte. Also setzten wir uns wieder im Kreis auf den Boden, und nicht nur ich griff in die Schüssel und bediente mich herzhaft. Die Traurigkeit war einer Spannung gewichen, die sich von jetzt an immer mehr steigern würde.

      „Ich glaube, da stand etwas von einer letzten Prüfung“, meinte Sanne und ich gab ihr Recht.

      „Stimmt! Das war ja auch, als wir in letzter Sekunde zurück waren. Es hieß, die letzte Prüfung ist bestanden ... “

      „Genau!“, rief Janine und begann eifrig, den Text niederzuschreiben.

      „Du brauchst nicht mehr weiter schreiben“, sagte Tommy auf einmal. „Ich weiß, was dort stand. War ja auch nicht viel Text. Und ... “, lächelte er verschmitzt, „ich glaube, wir können wirklich zurückgehen.“

      „Was stand da? Los, sag schon!“, drängten wir ihn alle. Tommy schaute von einem zum anderen und weidete sich an unseren ungeduldigen Gesichtern.

      „Wenn der Tag kommt, wirst du wissen, dass das Buch der Gaben auf euch wartet ... “

      „Seht ihr?“ Sanne triumphierte. „Wir gehen und holen eine Wunschkugel!“

      „Langsam, langsam“, dämpfte Tommy ihre Euphorie. „Glaubt ihr denn, dass heute der Tag ist, den das Buch gemeint hat?“

      Er schaute in die Runde. Ich brauchte darüber nicht lange nachzudenken. Wenn jemand krank war, den man liebt und man ihm nicht anders helfen konnte, auf welchen Tag sollte man denn sonst warten? Ich nickte heftig, und auch in den Gesichtern meiner Freunde entdeckte ich nichts als Entschlossenheit. Tommy zuckte die Schultern.

      „War ja nur eine Frage.“ Aber als wir stürmisch drauflos plapperten, hob er warnend die Hände.

      „Dieses Mal werden wir uns besser vorbereiten.“

      „Wie meinst du das?“, fragte ich, wusste die Antwort aber längst.

      „Das letzte Mal sind wir einfach in das Haus hineingestolpert ohne zu wissen, was auf uns zukommt. Und vielleicht darf ich euch daran erinnern, wie spät es war, als wir wieder herauskamen! Ich habe so das Gefühl, dass es nicht immer so einfach wird, jedes Problem einfach wegzuwünschen. Stell dir mal vor, du kommst eine Nacht nicht nach Hause! Deine Mutter würde sich zu Tode ängstigen! Und das wäre ja wohl das letzte, was sie jetzt gebrauchen kann, oder?“

      Janine nickte heftig. „Alles, nur das nicht. Aber wir haben doch nur zwei Tage Zeit! Ich kann doch nicht einfach von zu Hause weg. Ich weiß nicht, wie ich das meinen Eltern beibringen soll.“

      Tommy lächelte.

      „Genau deswegen