Unequally Love. Sara Wagener. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sara Wagener
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738029475
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ganz wohl. Und wenn mir Eier oder Milch fehlen, frage ich Misses Counter und füttere dafür ab und zu ihre Katzen, wenn sie ihre Tochter in Dublin besucht.«

      Er lachte herzlich und plötzlich wurde Nadeya ganz warm. Sein Lachen war so ehrlich. Da war absolut nichts Geheucheltes dran. Alan lachte manchmal so... unecht. Halbherzig. Und dann hatte sie das Gefühl, er tat das nur, damit sie mit ihm schlief.

      »Was ist? Bekomme ich jetzt mein Wasser?«, fragte der Fremde schließlich. Sie sah ihn ungläubig an.

      »Im Ernst jetzt? Ich dachte das wäre ein Scherz.«

      Wieder lachte er und nickte.

      »Ganz im Ernst.«

      Nadeya schoss aus irgendeinem Grund das Blut in die Wangen. Sie holte rasch ein Glas unter der Theke hervor und öffnete eine frische Sprudelflasche.

      »Vielen Dank«, sagte er und reichte ihr einen Fünfer. Verlegen gab sie ihm sein Wechselgeld und zuckte zusammen, als seine warmen Finger die Ihren streiften.

      »Hey Miss. Dauert das noch lange?«

      Ein bulliger Typ mit harten, kantigen Gesichtszügen hatte sie angesprochen.

      »Tut mir leid«, antwortete Nadeya rasch und wandte sich den anderen Gästen zu, die darauf warteten, ihre Bestellungen aufzugeben. Rasch füllte sie Gläser mit diversen Alkoholsorten und zwang sich, nicht zu dem merkwürdigen Fremden hinüber zu blicken, der alleine in eine Bar ging, bloß, um ein Wasser zu trinken.

      Nadeya ließ jeglichen Schwung vermissen, den sie sonst an den Tag legte, wenn sie mit den Gästen sprach und über ihre Scherze lachte. Heute war sie nicht bei der Sache, denn sie hörte die ganze Zeit nur den schwachen Abklatsch des Lachens in ihrem Kopf, das von dem ungewöhnlichen Mann an der Theke gekommen war. Sie sehnte sich danach, es noch einmal zu hören, um es sich besser in Erinnerung rufen zu können und verfluchte ihre Dummheit. Was war nur in sie gefahren?

      Doch sie kam nicht drum herum, sich ihm noch einmal zuzuwenden.

      »Darf‘s noch was sein?« Sie nahm das leere Glas und stellte es zu dem anderen schmutzigen Geschirr, das die Küchenmädchen regelmäßig abholten.

      Er blickte auf, fast ein wenig überrascht, als hätte sie ihn aus tiefen Gedanken gerissen.

      »Ähm«, machte er, einen Augenblick verwirrt, »ein alkoholfreier Cocktail?«

      »Klar«, gab Nadeya zurück und musterte ihn interessiert, während sie ihm die Cocktailauswahl auf der Karte aufschlug. Er schien wahllos einen auszusuchen, und während sie ihm einen Früchtecocktail zubereitete, schielte er hinüber zur Bühne.

      »Wann startet denn bei euch die Live-Musik? Ich war ewig nicht mehr hier.«

      »Um zehn«, antwortete sie automatisch.

      »Noch zwei Minuten«, sagte er mehr zu sich selbst, während er einen Blick auf sein Handy warf.

      »Bitte sehr.« Sie stellte den Cocktail vor ihm ab.

      »Vielen Dank. Sieht klasse aus«, gab er zurück und lächelte sie an. Einen Moment zögerte er, bevor er die Hand ausstreckte.

      »Ich bin übrigens Christian... Oder Chris.«

      Einen winzigen Augenblick starrte sie irritiert auf die kleinen, keltischen Symbole, die in die Innenseite seines Unterarms eintätowiert waren, bevor sie seine große, warme Hand ergriff. Von seiner Arbeit als Makler waren seine Finger bestimmt nicht so rau geworden.

      »Nadeya«, antwortete sie und stieß nervös mit der Zunge gegen ihre Piercings. Geistesabwesend spielte sie daran herum.

      »Freut mich, Nadeya. Ich hab übrigens auch mal da gestanden, wo du jetzt stehst.«

      Überrascht sah sie ihn an. Er schien keinen Witz zu machen.

      »Du hast im Underground gearbeitet?«

      Er nickte.

      »Joe ist ein guter Chef. Er bezahlt ganz anständig.«

      Nadeya zuckte ausweichend mit den Schultern.

      »Es gibt sicher Schlimmere.«

      »Was machst du sonst? Außer hier zu arbeiten, meine ich.«

      Sie blickte ihn irritiert an.

      »Nichts.«

      »So gar nichts?« Da war es wieder. Sein Lachen. Nadeya musste selbst ein Lächeln unterdrücken.

      »Naja, ich studiere nicht, oder so. Ich arbeite hier und verdiene genug, um davon zu leben.«

      Chris musterte sie einen Augenblick, doch das Lächeln verschwand nicht aus seinen markanten Zügen.

      In diesem Moment setzte die Musik ein. Einfach so, ohne dass jemand den Neuling angekündigt hätte. Der erste Gitarrenschlag ließ Nadeya leicht zusammenzucken. Sie kannte dieses Lied. Heute Morgen hatte sie es zuletzt gehört. Automatisch wanderte ihr Blick zur Bühne.

      »Oh Scheiße!«

      Chris lachte wieder.

      »Lass ihn das bloß nicht hören. Das würde mächtig an seinem Ego kratzen.«

      Nadeya schüttelte ungläubig den Kopf, während genau derselbe Mann dort auf der Bühne saß, der am Morgen noch aus ihrem PC-Bildschirm herausgelächelt hatte. Er war es. Ohne Zweifel. Es waren dieselben braunen Locken, die er in seinen Videos fast immer im Nacken zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Heute trug er sie offen. Sie fielen ihm über die Schultern und ins Gesicht.

      Nadeya kannte die Art, wie er Gitarre spielte und wie seine Stimme in den niedrigen Tonlagen besonders voll und rau klang. Sie kannte jede einzelne Note dieses Songs, hatte sie sie doch selbst zu singen geübt.

      Verdammt! Ausgerechnet heute, wo Khyra hier war.

      »So ein Mist«, murmelte Nadeya und starrte den Sänger ungläubig an.

      »So schlecht ist er nun auch wieder nicht.«

      »Nein! Nein... oh verdammt...«

      »Na Chris, hältst du meine Bedienung vom Arbeiten ab?« Joe war an ihrer Seite aufgetaucht und legte locker den Arm um ihre Schulter.

      »Ich weiß nicht recht. Ich glaube sie hält sich gerade erfolgreich selbst davon ab. Kians Stimme scheint ihr nicht sonderlich zu gefallen.«

      »Soll das ein Scherz sein? Dein Bruder singt unglaublich.«

      Joe musterte Nadeya anklagend. Ihr schlug das Herz in doppelter Geschwindigkeit. Bruder? Das war einfach nicht möglich. Solche großen Zufälle konnte es nicht geben. Wahrscheinlich hatte Khyra sich den Kuss nur ausgedacht und gemeinsam mit Joe diesen Plan ausgeheckt, um sie auf die Schippe zu nehmen. Das hätte sie vielleicht geglaubt, wenn Joe und ihre Schwester einander gekannt hätten und Khyra der Typ für solche Späße gewesen wäre.

      »Khyra...«, murmelte sie und machte sich von Joe los. Ohne Zeit zu verlieren, sprang sie auf den Tresen, schwang die Beine über die Kante und landete neben Chris auf dem Boden.

      »Was zum...«, stieß der aus und Nadeya konnte seinen Blick spüren, als sie sich durch den immer voller werdenden Pub kämpfte. Menschen rempelten sie an, stießen sie bei Seite und beleidigten sie, weil sie sich so unwirsch vorbei drängte. Sie musste zu Khyra und ihre kleine Schwester vor Dummheiten bewahren.

      »Hey!«, blaffte sie jemand an, als sie gegen ihn stieß. Der stämmige, kleine Typ schubste sie zurück. Sie taumelte und stieß gegen den nächsten Körper.

      »Nein...«, keuchte sie, während Hände sie berührten. Grobe Hände, raue, unwirsche Finger, die ihr die Kleider vom Leib rissen... Nein... Das war nicht echt. Das waren bloß... Erinnerungen!

      Nadeya rang nach Atem, griff sich an die Kehle und keuchte. Sofort schossen ihr die Tränen in die Augen und sie spürte, wie sie in sich zusammensackte. Ihre Knie schlugen hart auf dem Boden auf.

      Nur undeutlich nahm sie wahr, dass dieser