Unequally Love. Sara Wagener. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sara Wagener
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738029475
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bewegen«, sagte die sanfte Stimme des Fremden, »Wie heißen Sie?«

      Sie reagierte nicht. Eine große, raue Hand massierte leicht ihre Finger.

      »Miss?«

      »Khyra...«, presste sie hervor.

      »Freut mich, Khyra«, sagte der Fremde und lächelte sie an. »Ich bin Kian.«

      Tiefbraune Augen schauten sie an und einige lange, braune Haarsträhnen hingen in seinem Gesicht. Er schwieg einen Moment, während er behutsam ihre Hand drückte.

      »Wo haben Sie Schmerzen?«

      Wieder brauchte sie einen Augenblick, um zu reagieren.

      »Mein Kopf«, antwortete sie und versuchte verzweifelt, sich auf den Rest ihres Körpers zu besinnen. Doch es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren.

      »Noch irgendwo?«

      Khyra stöhnte leise und schloss die Augen.

      »Überall«, antwortete sie und griff sich an die Brust. In ihrem Innern schien etwas zu brennen. Sie krallte die Finger in ihren dünnen, verschwitzten Pulli und spürte, wie erneut Tränen über ihre Wangen liefen. Sie schluchzte.

      »Es wird alles gut. Der Krankenwagen kommt bald und dann wird es Ihnen besser gehen.«

      Khyra schüttelte den Kopf und stützte sich mit der freien Hand auf dem Boden ab. Sie wollte sich in eine aufrechte Position befördern, doch ihre dichten, roten Locken verfingen sich hinter ihr in den Zweigen des Busches.

      »Au«, jammerte sie und versuchte sich zu befreien. Lange Finger griffen an ihr vorbei und lösten behutsam ihre Haarsträhnen aus den Ästen.

      »Kommen Sie«, sagte Kian leise und schob seine Hände unter ihren Körper. Khyra schnappte nach Luft, als er sie mit Leichtigkeit auf seine Arme hievte und die Böschung erklomm.

      »Geht es?«

      »Ja«, gab sie zurück, doch urplötzlich traf sie der Schwindel und sie klammerte sich unwillkürlich am Hals des Fremden fest. Ein leises Keuchen entwich ihrer Kehle, während er sie sanft auf dem aufgewärmten Asphalt absetzte.

      »Sie haben sich ganz schön den Kopf angeschlagen«, sagte Kian mit besorgter Miene, während er ihren Rücken stützte. Khyra schloss die Augen und presste sich erneut die Hand an die Schläfe. Doch das machte es nicht besser. Tränen rannen ihr über die Wangen. Ihre Mom... die Frau, die sie aufgezogen hatte, zu der sie es nie geschafft hatte, eine gute Beziehung aufzubauen... Sie war tot... Wie war das möglich? Und wieso war sie so leichtsinnig gewesen? Verzweifelt schluchzte sie auf.

      Da spürte sie, wie die Finger des Fremden sanft ihre Hand umschlossen. Sein warmer Körper war dicht neben ihr, während er ihren Kopf auf seine Schulter bettete und ihr übers Haar strich.

      »Ganz ruhig«, flüsterte er, »es wird alles gut.«

      »Nichts wird gut«, brachte sie verzweifelt hervor. »Sie ist tot. Was soll schon gut werden?«

      »Scht«, machte er, während er sie einfach in den Armen hielt. In diesem Augenblick ertönten entfernt die Sirenen des Krankenwagens.

      »Sie sind gleich da«, sagte Kian leise. Er hob die Hand und legte sie an ihre Wange. Mit dem Daumen strich er ihr die Tränen fort. Ihre Blicke begegneten sich und Khyra verlor sich für einen Augenblick in diesem warmen Braun. Ihr Mund war leicht geöffnet, während sie ihn unentwegt ansah. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals einem Fremden so in die Augen gesehen zu haben - überhaupt jemandem so nah gewesen zu sein, wie sie sich diesem Mann im Augenblick fühlte. Und das absurde an dieser Situation war, dass es dafür keine plausible Erklärung gab. Als er ihren Mund mit seinen warmen, weichen Lippen verschloss, fühlte es sich an, wie das Natürlichste auf der Welt. Sie würde es nicht in Frage stellen. Es war einfach so.

      Kapitel 2 - Kian

      »Chris, nun mach schon. Ich muss auch noch da rein«, rief Kian durch die geschlossene Badezimmertür. Er klopfte ungeduldig gegen das helle Holz und stütze sich mit der anderen Hand am Türrahmen ab. Der Schlüssel wurde herumgedreht und sein Bruder stand in karierten Boxershorts und mit der Zahnbürste im Mund vor ihm. Sein fragender Blick glitt über Kians Sportkleidung.

      »Iff dafte du bift fon weg«, sagte er durch den Schaum, der aus seinen Mundwinkeln quoll.

      »Von wegen«, gab Kian zurück und drängte sich an dem Älteren vorbei ins Badezimmer. Ein Kribbeln schoss ihm durch sämtliche Gliedmaßen, als er an den Grund dachte, weshalb er noch nicht weg war. Diese Lippen...

      Chris spuckte ins Waschbecken und spülte sich den Mund aus.

      »Bist du nicht ein bisschen arg spät dran?«, fragte er, während er sich das Gesicht abtrocknete.

      »Ach wirklich? Wäre mir gar nicht aufgefallen, wenn du es nicht erwähnt hättest.«

      Kian drehte den Duschhahn auf und zog sich das verschwitzte T-Shirt über den Kopf.

      Er war gerade im Begriff gewesen, umzukehren, als er sie hatte stürzen sehen. Und dann war er losgerannt, hatte das Handy aus der Tasche gezogen und den Notruf gewählt. Dass er gleich arbeiten musste, war in den Hintergrund gerückt. Was spielte das schon für eine Rolle?

      »Was ist denn bei dir verkehrt?«, wollte Chris wissen und fasste seine langen blonden Locken mit einem Gummiband zusammen. Kian warf ihm die nicht minder verschwitzte Jogginghose an den Kopf.

      »Nichts ist bei mir verkehrt. Ich hab‘s einfach eilig.«

      Er hielt die Hand prüfend unter den Wasserstrahl, während sein Bruder nach dem Rasierer griff und so etwas wie »Teenager« murmelte. Kian war schon lange kein Teenager mehr und nur zu dieser Zeit hätte ihn der Spruch seines Bruders geärgert.

      »Kannst du nicht raus gehen? Du hast doch noch genug Zeit.«

      Dennoch stieg Kian unter den angenehmen Strahl der Dusche und gönnte sich einen winzigen Augenblick der Ruhe. Er schloss die Augen und spürte das heiße Wasser an seinem Körper abperlen. Es tat unheimlich gut.

      »Von wegen, Mister Ich-habs-eilig. Ich habe ein Date mit der Werkstatt.«

      »Und dafür rasierst du dich seit Wochen mal?«, fragte Kian und griff nach dem Duschgel. Er quetschte ein wenig zu viel aus der Tube und seifte sich hastig ein.

      »Ne, aber da arbeitet eine Neue.«

      »In der Werkstatt arbeitet eine Frau? Sicher, dass die nicht lesbisch ist?«

      Kian grinste, griff nach dem Shampoo und drückte sich das glitschige Zeug direkt aus der Tube auf den Kopf. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er vergessen hatte, seinen Pferdeschwanz zu lösen. Er griff nach dem widerspenstigen Haargummi und warf es auf die Ablage neben die Shampooflasche, bevor er seine Haare einschäumte.

      »Ehrlich gesagt, keine Ahnung. Könnte sein... Und wenn schon. Ich will sie ja schließlich nicht aufreißen. Nur einen guten Eindruck machen, damit‘s nicht so teuer wird. Und sie sollen die Arbeit ja auch vernünftig machen. Mein Guter darf nur in die besten Hände.«

      Kian schnaubte und stellte sich unter den Wasserstrahl. »Mein Guter«, war ein alter T1, den Chris seit etwa einem halben Jahr restaurierte. Der hatte ihn schon viel Geld und Mühen gekostet, doch das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Manchmal glaubte Kian, dass sein Bruder überhaupt kein Interesse mehr an Frauen hatte, seit er sich diesen lang gehegten Traum erfüllt hatte. Aber das war natürlich Blödsinn. Chris war einfach wählerisch und hätte sicher nicht einfach ein fremdes Mädchen geküsst, das sich wohl ohnehin eine Gehirnerschütterung zugezogen hatte. Oh man, was hatte ihn in diesem Augenblick nur geritten?

      »Sag mal hörst du mir eigentlich zu?«

      »Was?« Kian drehte das Wasser ab und tat, als hätte er seinen Bruder deshalb nicht verstanden, obwohl das vorher auch kein Problem gewesen war. Chris warf ihm ein Handtuch zu und verdrehte die Augen.

      »Ich