Unequally Love. Sara Wagener. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sara Wagener
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738029475
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Oberkörper und spürte das unkontrollierbare Zittern. Füße von Menschen, die sie nicht sahen, stießen gegen sie. Niemand half ihr auf. Sie spürte die Tränen über ihre Wangen laufen, heiß und unaufhaltsam. Es gab nichts, was sie dagegen tun konnte. Sie würde einfach hier sitzen bleiben, bis sich der Pub leerte und niemand mehr hier war, der sie bedrängen konnte. Sie machte sich klein, schlang die Arme um ihren Kopf, wollte Geräusche und Menschen ausblenden und nicht mehr sie selbst sein...

      Zwei starke Hände packten sie plötzlich und zogen sie auf die Füße. Ihr erster Impuls war zu schreien, doch aus dem Augenwinkel sah sie die keltische Tätowierung auf der Innenseite des Unterarms und der Schrei blieb ihr in der Kehle stecken. Im nächsten Moment blickte sie in diese unendlich blauen Augen. Sie glänzten im gedämpften Licht des Pubs.

      »Chris«, stieß sie atemlos aus.

      Einen Augenblick waren sie sich so nah, dass sie seinen warmen Atem auf ihrem Gesicht spüren konnte. Dann trat er einen kleinen Schritt zurück, doch seine rauen Hände umfassten noch immer ihre Oberarme.

      »Oh Mann, du weinst ja«, sagte er leise. Sie musste aussehen wie ein verflixtes Streifenhörnchen. Wer hätte schon damit rechnen können, dass sie wasserfestes Make-up benötigen würde?

      »Brauchst du frische Luft?«

      Sie nickte langsam. Ohne zu zögern, nahm er ihre Hand in die seine und bahnte ihnen einen Weg zum Ausgang. Hinter ihm zu gehen war leichter, als sich selbst durchzukämpfen. Chris schien so etwas wie eine natürliche Autorität zu besitzen, denn Nadeya war sich sicher, dass die Leute ihm nicht nur wegen seiner muskulösen Statur Platz machten. Er war ohnehin nicht überdurchschnittlich breit gebaut. Muskulös ja, doch er sah nicht aus, wie einer dieser übertriebenen Bodybuilder.

      Ihr wurde jäh bewusst, was sie hier tat. Sie hielt die Hand eines Typen, den sie kaum... nein, eigentlich überhaupt nicht... kannte und ging mit ihm zum Ausgang. Er könnte wie diese Kerle von damals sein, nur nett verpackt. Doch stattdessen fühlte Nadeya sich vollkommen sicher mit ihm. Das Zittern ihrer Knie war verschwunden und es liefen keine Tränen mehr über ihre Wangen. Wie machte er das mit seiner bloßen Anwesenheit?

      Am Ausgang drängten sie sich an Terry vorbei, der ihr einen fragenden Blick zuwarf. Der Türsteher griff unwirsch nach Chris Schulter.

      »Hey! Lass sie los!«

      Nadeya musste einfach lächeln. Es sah bestimmt kläglich aus, unter dem verschmierten Make-up. Chris blickte den großen, massigen Typen irritiert an.

      »Schon gut, Terry«, beschwichtigte sie ihn rasch, doch ihre Stimme klang rau und ein wenig hilflos. Der Türsteher war in seinem Innern wohl eher ein Riesenteddy, als alles andere. Er war ein herzensguter Mensch und nur seines Studiums wegen verdiente er sich bei Joe ein wenig Geld.

      »Alles okay bei dir?«, fragte er gerade und Nadeya spürte, dass Chris ihre Hand loslassen wollte. Sie griff nur umso fester danach und er tat ihr den Gefallen. Der leichte, angenehme Druck seiner Finger ließ sie ein wenig schaudern. Sie waren so warm...

      »Ja, mach dir keine Gedanken«, gab sie zurück und lächelte Terry an. Chris zog sie weiter und sie folgte ihm durch die Tür nach draußen. Die kühle, angenehme Nachtluft roch nach Regen, doch kein Tropfen fiel vom Himmel.

      »Dachte er, ich entführe dich, oder so?«

      Sie lachte leise.

      »Wahrscheinlich.«

      Einen Moment standen sie schweigend voreinander. Nadeya lehnte sich an die Wand des Pubs und ignorierte die Blicke der Neuankömmlinge. Immer wieder wischte sie sich über das Gesicht und versuchte verzweifelt, die Make-up Streifen zu entfernen. Chris lächelte entschuldigend.

      »Ich hab leider kein Taschentuch.« Er blickte sich kurz um, dann sprach er zwei Mädchen an, die gerade mit ihren High Heels über das unebene Pflaster staksten. Nadeya konnte nicht verstehen, was sie sagten. Kians Gesang erklang laut und voll aus der geöffneten Tür. Als Chris sich ihr wieder zuwandte, hielt er eine Packung Taschentücher in der Hand. Sein Lächeln, als er sie ihr reichte, war fast schüchtern. Ein wenig verlegen schnäuzte sie sich die Nase und wischte sich die Make-up Spuren vom Gesicht.

      Kaum, dass sie das Taschentuch in der Hand zerknüllt hatte, stiegen ihr neue Tränen in die Augen. Sie konnte nichts dagegen tun. Ihr Brustkorb fühlte sich an, als würde er bersten. Sie schlang die Arme fest darum, kniff die Augen zu und presste die Kiefer aufeinander. Die Erinnerungen waren da, wie sie es vorhergesehen hatte. Hände, die grob ihren Körper berührten. Lippen, die unerlaubt die ihren küssten...

      »Tut mir leid«, hauchte sie irgendwann. Er schüttelte den Kopf und lehnte sich neben ihr an die Wand. Er wirkte ziemlich hilflos und überfordert mit der Situation. Nadeya warf ihm einen flüchtigen Seitenblick zu. Sein Kopf war gesenkt. Ein paar blonde Haarsträhnen hatten sich aus seiner Frisur gelöst und hingen ihm im Gesicht.

      »Du bist mir gefolgt«, sagte sie nach einer Weile, ohne ihn anzusehen.

      »Joe hat gesagt, ich soll dir nachlaufen. Dabei hatte ich das ohnehin gerade vor.«

      Sie hob den Blick und begegnete seinen durchdringend blauen Augen. Er grinste plötzlich.

      »Er hat gesagt... und ich zitiere wörtlich, da ist nichts von mir hinzugedichtet... ich soll dir sagen, dass du deinen süßen Arsch sofort wieder hinter die Theke bewegen sollst oder du würdest ihn kennenlernen.«

      Ihr wurde übel.

      »War er wirklich sauer oder hat er das so nach Joe-Art gesagt?«

      »Ich glaube, ein bisschen von beidem.«

      Sie stöhnte leise. Das war‘s dann wohl mit der doppelten Bezahlung.

      »Also?«

      Irritiert blickte sie ihn an. Er musterte sie forschend.

      »Was war los?«

      Sie presste die Lippen aufeinander. Es war zu schwierig... Wie sollte sie ihm erklären... Aber das musste sie nicht. Vielleicht konnte sie ihn ablenken, wenn sie ihm sagte, weshalb sie so auf Kians Musik reagiert hatte.

      »Dieser Kian ist dein Bruder?«, fragte sie, statt seine Frage offen zu beantworten.

      »Du findest seine Musik nicht wirklich schlecht, oder?« Er lachte. Rasch schüttelte sie den Kopf.

      »Nein, ganz im Gegenteil. Ich habe seinen YouTube-Channel abonniert«, antwortete sie und grinste verlegen. »Aber ich war einfach geschockt, ihn da zu sehen.«

      »Kennst du ihn?«

      Abermals schüttelte sie den Kopf.

      »Ich nicht. Aber meine Schwester, glaube ich.«

      Er schien verwirrt. Und dann erzählte sie ihm die Geschichte von Khyras Unfall und dem Fremden, der sie einfach geküsst hatte. Im nächsten Moment stieß Chris sich von der Wand ab, um sie richtig ansehen zu können. Seine Augen waren geweitet.

      »Das Mädchen, das Kian geküsst hat, war deine Schwester?« Er klang fassungslos. Nadeya nickte.

      »Er hat es dir erzählt?« Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.

      »Deine Schwester dir offenbar auch.« Er grinste und sie musste lächeln.

      »Aber eines musst du mir noch erklären. Woher wusstest du, dass Kian derjenige war?«

      »Khyra war heute Morgen bei mir und hat mehr zufällig gesehen, dass ich ihn in meiner Playlist habe. Ehrlich gesagt dachte ich, er wäre ein ziemlicher Macho, weil er sie einfach geküsst hat. Wer macht sowas bitte schön?«

      Chris lachte herzhaft.

      »Er ist ja auch ein Idiot. Aber anders, als du denkst. Eigentlich ist er ganz in Ordnung.«

      »Ich wollte einfach schnell zu ihr, sehen, wie sie auf ihn reagiert.«

      Er nickte.

      »Denkst du, sie wird ihn nachher ansprechen?«

      »Keine Ahnung. Sie kann ein ziemlicher