blau gefärbte Rosshaarschweife aus. Jede der Marken der Pferdelords hatte
ihre eigene Farbe, und die der Hochmark war ein kräftiges Blau.
Garodem beschattete seine Augen und blickte wieder auf die
Handelsstraße hinunter. Unten im Süden, dort wo die Straße in die Westmark
der Pferdelords führte, war Bewegung zu erkennen. Missmutig stellte
Garodem fest, dass sein Augenlicht ebenso nachließ wie die
Widerstandsfähigkeit seines Körpers. »Kormund«, brummte er dann, »Eure
Augen haben mehr Kraft als die meinen.«
Einer der Reiter, ein stämmiger Mann, der den Wimpel des Beritts führte,
lenkte sein Pferd neben Garodem. Kormund war Schwertmann und
Scharführer Garodems, was bedeutete, dass er zu der ständig bewaffneten
Wache des Pferdefürsten gehörte und berechtigt war, eine Truppe der
Pferdelords zu führen. Schon oft hatte er diese Fähigkeit bewiesen. Er senkte
den Kopf ein wenig, sodass der Helm seine Augen beschattete.
»Eine Handelskarawane, mein Hoher Lord.« Kormund verwendete die
offizielle Anrede, denn auch wenn Garodem und sein Scharführer gemeinsam
manchen Schwertstreich und Lanzenstoß Schulter an Schulter und Pferd an
Pferd ausgeteilt hatten, wahrten die Schwertmänner die Tradition. Nur bei
seltenen Gelegenheiten fielen die Schranken zwischen ihnen, und sie
erlaubten sich die direkte Anrede. »Ich erkenne Packpferde und beladene
Wagen. Holz aus den unteren Marken, Hoher Lord. Dreißig bis vierzig
Männer, darunter eine Handvoll bewaffneter Begleiter.«
Garodem nickte.
Über ihm und seiner kleinen Eskorte war leises Poltern zu hören.
Automatisch blickte der Pferdefürst über sich und sah einen Mann im grünen
Umhang am Rand des kleinen Plateaus auftauchen, auf dem sich das äußere
Signalfeuer des Südpasses befand. Dieses war lediglich auf einem kleinen
Fundament errichtet worden, da man vom Plateau aus einen guten Überblick
über die angrenzende Westmark hatte und die fernen Züge des Westgebirges
erkennen konnte. Von hier war auch ein Stück der alten Handelsstraße
einzusehen, die kurz vor dem Pass, der an dieser Stelle begann und in die
Hochmark führte, einen Bogen nach Nordwesten machte, um ins Dünenland
zu führen, das einst den Pferdelords gehört hatte und nun von Barbaren
beherrscht wurde.
»Handelskarawane aus dem Süden«, rief der Posten zu Garodem und
seinen Begleitern hinunter. »Wird in einem halben Tag den Pass erreichen.«
»Wir haben sie schon längst gesehen«, rief Kormund hinauf. »Obwohl
unsere Füße dichter am Boden sind als die deinen, Mortwin. Ihr solltet
weniger an die Weiber in Eternas denken und stattdessen mehr darauf achten,
was sich auf der Straße tut.«
Der Pferdelord oben auf der Plattform stieß einen leisen Fluch aus,
während Garodem unmerklich lächelte. Die kleinen Reibereien zwischen dem
Scharführer Kormund und dem ewig nörgelnden Mortwin waren in der
ganzen Mark bekannt, aber im Kampf gab es kaum ein besseres Paar, als
diese beiden erfahrenen Pferdelords.
»Reiten wir zurück, guter Herr Kormund«, befahl Garodem und zog sein
Pferd herum. »Überlassen wir die Begrüßung der Karawane dem guten Herrn
Mortwin. Ich will noch vor Ende des nächsten Tages zurück in Eternas sein
und mir den Holzeinschlag ansehen.«
Die kleine Gruppe des Pferdefürsten ritt in den Pass zurück. Der Zugang
wurde hier, an seinem äußeren Ende, durch keine Befestigung geschützt. Es
gab nur eine kleine Wachmannschaft für das Signalfeuer, doch diese
Vorsichtsmaßnahme reichte aus, denn der Pass konnte leicht geschützt
werden. Er war lang und an einigen Stellen sehr schmal, und die Felswände
ragten hoch empor und waren nicht zu ersteigen. Man konnte ihn nicht
umgehen. Nur oben im Norden gab es einen weiteren Zugang zur Hochmark,
von dem aus man direkt in das Tal von Eternas mit seiner Festung gelangte.
Während Garodem mit der kleinen Schar durch den Pass ritt, hallten die
Tritte ihrer Pferde hohl von den aufsteigenden Felswänden wider. Hier,
zwischen den Felsen, staute sich die Hitze des Tages, und Garodem öffnete
die Schlaufen, die sein Wams verschlossen. Vor ihnen richtete sich ein
langohriger Wildläufer auf, sah die herantrabenden Reiter einen Moment lang
erschrocken an und hoppelte dann hastig ein Stück vor ihnen auf dem Weg
entlang, bis er begriff, dass es wohl sinnvoller war, zur Seite auszuweichen,
und rasch zwischen einigen Gesteinsbrocken am Wegrand verschwand.
Erleichtert sah Garodem schließlich den Turm des inneren Signalfeuers
über der linken Felswand aufragen. Sie hatten das Ende des Passes fast
erreicht. Nördlich schlossen sich die Seitentäler und dahinter die Ebene von
Eternas an, wo der kühle Gebirgswind Linderung von der Hitze versprach. An
dieser Stelle verengte sich der Pass und war kaum noch eine Hundertlänge
breit. Auch hier waren die Seitenwände unpassierbar, und nur das wissende
Auge vermochte den schmalen und schwer zu erobernden Pfad zu erkennen,
der zwischen den aufragenden Felsen hindurch zum Turm hinaufführte.
Garodem hob grüßend die Hand, als seine Schar unter dem Turm vorbeiritt
und den Pass verließ. In einem Zehntag würden die Besatzungen der beiden
Signalfeuer abgelöst werden und ihren eintönigen Dienst unterbrechen, um
für ein paar Tage in Eternas zu entspannen. Aber der Wachdienst war
erforderlich, um die Hochmark vor unwillkommenen Besuchern zu schützen.
Zu gut hatten die Männer und Frauen der Pferdelords die Kämpfe gegen
die Orks in Erinnerung, die fast zum Untergang der Hochmark geführt hätten,
und sie alle spürten, dass die Gefahr noch nicht vergangen war und die Orks
früher oder später zurückkehren würden. Zudem gab es Geächtete, Menschen,
die von ihresgleichen verstoßen worden waren und ihr Auskommen nun in