Sagenbuch der Bayrischen Lande. Alexander Schöppner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alexander Schöppner
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742772664
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freilich nicht,

       Doch scheint's bemerkenswerth:

       Wenn einst der Wage Züngelein

       Sich mitten inne stellt,

       Das soll ein sich'res Zeichen sein

       Vom Untergang der Welt.

       Drum glaubt nicht, was Propheten lang,

       Schon in die Welt posaunt,

       Es ist zum nahen Untergang

       Die Welt noch nicht gelaunt.

       Posaunen Jericho's, der Schall

       Euch viel zu früh entquillt:

       Ihr seht ja, daß noch überall

       Bamberger Wage gilt.

       210. Bamberger Wage.

       Von K . F . G . W e t z e l .

       Zu Bamberg in dem Dome

       Ruht Kaiser Heinrich wohl,

       Der Zweite dieses Namens,

       Den Jeder deutschen Samens

       Mit Recht hochhalten soll.

       Auf seinem Grab gehauen

       Steht die Gerechtigkeit,

       Zu ihrer Hand die Wage;

       Davon geht eine Sage

       Aus grauer Väterzeit.

       Das Zünglein an der Wage

       Nicht ganz die Mitte hält;

       Wann's aber gleich wird stehen,

       Wird man anbrechen sehen

       Das Ende dieser Welt.

       In Walserland bei Salzburg

       Ein wilder Birnbaum ist,

       Ganz ausgedorrt zu schauen,

       Der, einmal umgehauen,

       Frisch immer wieder sprießt.

       Wenn er zum vierten Male

       Ausschlägt und Früchte trägt,

       Wird sein in Walserfelden

       Wohl eine Schlacht der Helden,

       So all' die Bösen schlägt.

       Dann herrschen die Gerechten

       Auf Erden eine Zeit

       Noch vor dem jüngsten Tage,

       Bis ihnen steht die Wage

       Ew'ger Gerechtigkeit.

       211. Die Jungfrau an der Fürstenthüre des

       Domes zu Bamberg.

       Mündlich.

       Der Wärter am Jakobsthore zu Bamberg hatte eine

       Tochter von großer Schönheit. Da fanden sich lüsterne

       Herren, das Mägdlein zu verführen; sie widerstand

       aber allen Einflüsterungen und bewahrte ihre

       Unschuld. Das verdroß den Satan, und er brachte es

       dahin, daß die reine bei ihrem Vater sündigen Wandels

       angeklagt wurde. Der Vater glaubte den falschen

       Aussagen und ließ sein eignes Kind zum Tode verurteilen.

       Als sie nun hinausgeführt wurde und auf dem

       letzten Gange an der Fürstenthüre des Domes die auferlegte

       Buße verrichten sollte, warf sie sich auf die

       Kniee und rief zur heiligen Jungfrau: sie wolle gern in

       den Tod gehen, nur möge die Schmach der Hinrichtung

       von ihr genommen werden. Und siehe, als sie

       das Wort gesprochen, fällt ein Ziegel vom Dach mit

       großer Gewalt und schlägt die flehende todt. Alles

       Volk erkannte die Unschuld der Tochter, und zum

       Angedenken wurden zwei Bildsäulen: der heiligen

       Jungfrau und des Mägdleins – dieses fünf Ziegel in

       der Hand – an der Fürstenthüre des Domes aufgestellt1.

       Fußnoten

       1 Fünf Gesetztafeln, als Anspielung auf die 10 Gebote.

       So weiß das Volk zu deuten nach seiner Art.

       212. Der Meßner zu Bamberg.

       Von P h i l i p p W i l l .

       Der Meßner Jobst zu Bamberg ward

       Gar gern geseh'n bei frohem Schmause:

       Ihn lockte mehr der Zecher Art,

       Als frommer Dienst im Gotteshause.

       Und wenn des Nachts bei vollem Glas

       Die heiße Wang' ihm thät' erglühen

       Bei Wein und Minnesold, vergaß

       Er leicht des Tages heil'ge Mühen.

       So war er einst vom Weine spät

       Nach Mitternacht zur Ruh gegangen,

       Und ohn' ein frommes Nachtgebet

       Hat ihn der Schlummer bald umfangen.

       Und hohl, wie aus dem Grabe tönt

       Ein Pochen in des Domes Raume.

       So dumpfen Tones nicht gewöhnt,

       Erwachte Jobst aus schwerem Traume.

       Und eilt voll Angst der Kirche zu,

       Späht' rings im Tempel gar verdrossen,

       Was ihn gestört aus süßer Ruh'

       Ob wohl ein Beter eingeschlossen.

       Er schaute nichts, doch plötzlich stieß

       Sein Fuß an eines Grabmals Kante,

       Das prunklos diese Inschrift wies,

       Die nicht des Frommen Namen nannte:

       »Es leuchte hier ein ew'ges Licht

       Zu meines Namens Angedenken,

       Und täglich sei's des Meßners Pflicht,

       Die Lampe frisch mit Oel zu tränken.«

       »Schlaf' still in deinem dunklen Haus,

       Dir leuchten Gottes Sterne alle.«

       So rief der Meßner frevelnd aus,

       Eilt brummend aus des Tempels Halle.

       Still war's. Der freche Spötter schlief.

       Doch horch'! Welch' schaurig Grabespochen

       Jobst wieder aus dem Schlafe rief,

       Daß ihm begann das Blut zu kochen.

       »So schweige doch, du todter Mann!

       Was willst du mir die Ruhe stehlen?

       Nicht zünd' ich dir die Lampe an,

       Bis du mich suchst in meinen Pfählen.«

       Es klirrt – erzittre Bösewicht! –

       Es öffnet sich des Zimmers Thüre.

       Da steht der Geist. »Riefst du mir nicht?

       Nun folge mir, wie ich dich führe.«

       Zum Dome rauscht es hin im Flug,

       Das Thor geht auf, der Geist bleibt stehen

       Am Grab. »Nun Jobst die Hand zum Krug,

       Und thue jetzt, was nicht geschehen!«

       Der Meßner that nach dem Geheiß;

       Der Geist versank in Grabesstille,

       Jobst aber fror das Blut zu Eis,

       Geschehen war des Frevlers Wille.

       Siehst du im Dom den Beter knie'n?

       Jobst ist's,