und erfüllten die jubelnden Gäste erst mit Staunen,
dann mit Bewunderung, die Herzen der Jünglinge
aber mit Sehnsucht der Liebe. Die Anmuth und
Schönheit der Fremden hatte bald den ersten Schauder
überwunden; man zog sie in den Tanz, und sie schlangen
sich mit wunderbarer Zierlichkeit durch die Reihen.
Die Stunden flogen hin, aber je näher der Morgen
rückte, je mehr wurde eine ängstliche Sorge in
den Augen der schönen Jungfrauen sichtbar, und als
der erste Schauer des nahenden Morgens sich empfinden
ließ, baten sie dringend um Entlassung. Es waren
Nixen aus der Tiefe des grundlosen Bronnens. Da die
Lust des Festes in den jubelnden Tönen zu ihnen gedrungen
war, hatten sie dringend die Mutter angegangen,
sie an dem Feste der Menschen Theil nehmen zu
lassen. Nach langer Weigerung hatte die Alte den Bitten
der Töchter nachgegeben, aber ihnen wiederholt
das alte Gesetz der Tiefe eingeschärft, vor dem Hahnenschrei
zurück zu sein, und sie vor den furchtbaren,
tödtlichen Folgen der Uebertretung dieses Gesetzes in
wehmüthiger Ahnung gewarnt. So waren sie denn aus
dem klaren stillen Wasserspiegel aufgetaucht, und ein
alter Jäger hatte von der Waldecke her die lieblichen
Gestalten über den Pfad der Wiese, den Steig am
Berge hinauf schweben sehen. Deshalb erfüllte der
nahende Morgen sie mit Bangen. Die Leidenschaft
der liebenden Jünglinge hielt sie wider Willen zurück.
Da krähte der Hahn, und mit dem Blicke des Entsetzens
stürzten sie aus dem Saale durch die Höfe, den
Berg hinunter mit fliegender Eile, daß die Jünglinge
ihnen nicht zu folgen vermochten. Sie sahen sie nur
eilend über die Wiese nach der Quelle zu schweben,
und als sie bei derselben angelangt waren, sich in dieselbe
stürzen. Entsetzt eilten die Jünglinge hinzu, und
als sie in den reinen Wasserspiegel hineinsahen, wallte
ein warmer Blutstrom ihnen aus der unheimlichen
Tiefe entgegen.
Nicht überall, wo diese Sage erzählt wird, betrifft
die Jungfrauen das Unglück, oder wenigstens nur eine
von den Dreien, die sich verspätet hat, während die
anderen beiden zur rechten Zeit um Mitternacht den
Tanzplatz verließen.
236. Die Nymphen von Kastell.
Von P h i l i p p S c h e r l .
1.
Auf Flachstein, moosumgürtet,
Im Glanz der Mitternacht,
Hält Lula mit Wellentöchtern
Einsame Brunnenwacht.
Sie bringt das wimmernde Wasser
Heut nicht zum leisen Gang,
Fern aber aus Tannenwölbung
Rauscht Tanz und Gesang.
Und die Töchter, schön und lüstern,
Umrücken die Mutter ganz:
Da drüben ist Pomp und Hochzeit,
Führ' uns zum Buhlentanz.
Die Mutter aber seufzet:
O Kinder, schweifet aus,
Nur kehrt bei Todesahnung
Heut bald ins Wellenhaus.
2.
Blank leuchtet im gewölbten Saal
Der Glanz und gold'ne Flitter,
Es flammt der Kelch, es dampft das Mahl
Und taumelnd sinkt der Ritter.
Graf Otto, wie der Templer kühn,
Rigissa, zart wie Lilien blüh'n,
Bejahten heut die Frage
Und hielten Brautgelage.
Und jetzo vom Geländer hoch
Hört man den Takt erschallen,
Und brausend in die Runde flog
Der Wirbel der Vasallen.
Der frische Blick, das graue Haar –
Wie kettet flink sich Paar an Paar,
Doch leis' wie Lüfte schleichen
Tanzt Gräfin ihren Reigen.
Da plötzlich springt das Flügelthor:
Drei Mädchen zum Entzücken
Mit Schneegewand und Silberflor
Verneigten sich den Blicken.
Ein Krönchen schließt das blonde Haar,
Der Gürtel flimmert wunderbar,
Und alles auf dem Feste
Umdrängt die schönen Gäste.
Und stolz am Arm der Ritter zog
Die Nymphe durch die Hallen,
Und brausend in die Runde flog
Der Wirbel der Vasallen.
Sie schwenkten rasch nach altem Brauch,
Wie Donnersturm und Zephyrhauch
Und tanzten ohne Wanken
Bis Mond und Stern' versanken.
»Schön Dank, ihr Herrn, der Dämmer bricht,
Zum andernmal, dann wieder!«
»Was, Schönste, was? doch scheiden nicht?
Frisch auf, ihr flinken Brüder!«
Das Zeichen tönt, die Tücher weh'n,
Die Cymbel rauscht, die Tänzer steh'n,
Und flüchtig um die Wette
Schlingt Kette sich an Kette.
»Der Schatten zieht, die Wolken zieh'n,
O Ritter, tanz' zu Ende!«
»Ha Jugendblut, ha Flattersinn,
Wer dreht sich da die Hände!«
Und Sang und Klang und Wirbellust
Betäuben die beklemmte Brust
Und laut vom wilden Schalle
Erzittert Dach und Halle.
»O hörst du nicht? Das Schluchzen nicht?
Das Wimmern aus den Teichen?« –
»Mein Kind, was soll das Traumgesicht,
Zum letzten noch den Reigen!«
Und Sang und Klang und Wirbellust
Betäuben die beklemmte Brust
Und laut vom wilden Schalle
Erzittert Dach und Halle.
Verlockter Leichtsinn, frevle nicht!
Ich zitt're schon, ich ahne!
Weh! Weh! dort blitzt das Morgenlicht,
Lautflatternd kräh'n die