Teufel, wenn das Kloster nicht bis heute abend ein
Aschenhaufen ist! – Kaum hatte er das gesagt, da er
gerade auf einer Brücke hielt, so tat sein Pferd einen
plötzlichen Satz, übersprang die Brückenbrustwehr
und stürzte zusamt dem Reiter in die Mosel, wo der
Reiter unten hin und das Pferd auf ihn zu liegen kam;
Roß und Reiter hatten den Hals gebrochen.
Dieses Kommandanten Nachfolger ritt auch dorthin,
da warnte ihn die Schildwache und sagte: Hier ist
nicht sicher reiten, auch zielt der Feind nach diesem
Punkt. – Ho! lachte der Kommandant, der Feind kann
mich hintenhin treffen. – In diesem Augenblicke fiel
auf einer Bastion ein Schuß, und der Kommandant tat
einen lauten Schmerzensschrei und stürzte samt dem
Pferde. Die Kugel hatte den von ihm bezeichneten Ort
wirklich getroffen, war aber nicht auf halbem Wege
geblieben, sondern vorn wieder heraus und dem Pferde
durch den Hals gedrungen.
91. Die Martyrergräber
Sankt Maximin heißt unterhalb Trier am Moselflusse
eine alte, weitberühmte Abtei. Schon die Stätte, darauf
sie steht, soll zur Heidenzeit einen Dianentempel
getragen haben, und als ihrer Gründer rühmt sie sich
des Kaisers Konstantin des Großen und seiner Gemahlin
Flavia Helena. Zuerst wurde das Stift in die
Ehre Johannes des Täufers geweiht, dann in die des
heiligen Hilarius, unter dem vierten Abt Tranquillus
aber erhielt das Stift den Leichnam Sankt Maximins
und trug nun von diesem den Namen. In diesen Gegenden
– manche sagen bei Neumagen – soll es gewesen
sein, daß dem Kaiser Konstantin dem Großen das
Kreuzeszeichen am Himmel erschien mit dem berühmten
I.H.S. In Hoc Signo – scilicet vinces, in diesem
Zeichen wirst du siegen, welche Buchstaben nach
alter Schreibart den Namen Ihesus bedeuten. Hier sollen
die heiligen Kirchenväter Ambrosius, Hieronymus
und Athanasius eine Zeitlang gelebt, hier soll der letztere
das nach ihm benannte Glaubensbekenntnis niedergeschrieben
haben. Hier ruhen die Erzbischöfe Nicetius
und Basinus, hier ruht Ada, Karls des Großen
Schwester, welche einen Codex aureus der Evangelien
schrieb.
Und nahe bei Sankt Maximin liegt auf diesem
uralt-heiligen Boden des Trierschen Gaues die Abtei
zu Sankt Paulini. Die Krypta dieses Klosters ward
zum riesigen Aschenkrug für eine Reihe der vornehmsten
Martyrer. Rictiovar, Kaiser Maximinians Präfekt,
verfolgte auf seines Herrn Befehl die christliche sogenannte
Thebanische Legion allenthalben, auch in dieser
Gegend, und mordete schonungslos. Paulinus,
Triers Erzbischof, wurde in eisernen Ketten
aufgehenkt; einen der Heerführer der Legion namens
Tirsus, begrub man zur linken Paulins, den Konsul
Palmatius ihm zur rechten Hand. Zu Häupten des
Heiligen ruhten sieben Ratsherrn, die mit den Thebanern
zugleich die Martyrerkrone empfingen, unter
ihnen einer des Namens Maxentius. An diese reihten
sich Constantius, Crescentius, Justinus, Leander, Alexander,
Soter, die letzten drei Brüder. Zu Sankt Paulini
Füßen wurden vier Martyrer beigesetzt, welche
Rictiovar vor seinen Augen enthaupten ließ nach vorhergegangenen
gräßlichen Martern: Hormisda, Papinius,
Constans und Jovianus. Das Blut der gemordeten
Tausende in Trier und auf diesem Gebiete floß in
Bächen hinab zur Mosel und färbte ihre Wogen weit
hinab rot, bis zum Schlosse Neumagen.
92. Die heilige Genofeva
Zu Pfalzel, sonst Pfälzel (kleine Pfalz), an der Mosel,
steht ein getürmtes Haus, das Genofevenhaus geheißen,
da lebte zu Erzbischof Hildulfs in Trier Zeiten
ein Pfalzgraf Siegfried, der hatte eine treue und fromme
Gemahlin, eines Herzogs Tochter aus Brabant.
Aber es geschah, daß Siegfried in das Heilige Land
ziehen mußte, ließ daher sein Weib in seiner Pfalz am
Moselstrome zurück und übergab sie in die Obhut
eines vertrauten Dienstmannes, des Namens Golo.
Bevor der Pfalzgraf aber von hinnen schied, letzte er
sich mit seiner Genofeva noch einmal herzlich, und
sie empfing einen Sohn von ihm. Golo aber war ein
schlimmer Hüter, er entbrannte in Liebe zu der schönen
Herrin und begann Ränke zu schmieden, schrieb
falsche Briefe, als sei Siegfried mit all den Seinen im
Meere ertrunken, und las sie der Pfalzgräfin vor, und
gestand ihr seine Liebe, und wollte sie umarmen, sie
wehrte ihn aber mit einem Faustschlag ins Gesicht ab;
nun verwandelte sich seine Liebe in bittern Haß; er
entzog der Pfalzgräfin alle Bedienung, und als ihre
Stunde nahte, wo sie des Söhnleins entbunden werden
sollte, hatte sie niemand zum Beistand als eine alte
Waschfrau. Da kam Botschaft in ihr Haus, daß ihr
Herr lebe und heimkehre, des erschrak Golo, der Ver-
räter, bis zum Tode und suchte Rat bei einem alten
Hexenweibe, das riet ihm teuflischen Rat: Golo solle
dem Pfalzgrafen einreden, der schöne Sohn Genofevas
sei mitnichten der seine, wie er selbst berechnen
könne, sondern Drakos, des Kochs. Solches tat Golo,
indem er seinem Herrn entgegenreiste; da ward Siegfried
sehr betrübt und wußte nicht, wie er sich des
Weibes, das ihn nach des Lügners treulosem Bericht
geschändet hatte, abtun solle. Da riet Golo, daß er
Genofeva samt ihrem Kinde an ein Wasser führen und
sie beide ersäufen wolle, und Siegfried willigte ein.
Darauf bestellte Golo zwei Knechte, die mußten Genofeva
und ihren Sohn hinwegführen und sollten sie
umbringen, so oder so. Unterwegs aber jammerte den