und ließ eine kleine goldene Truhe anfertigen, besetzt
mit Edelgesteinen und sehr kunstvoll, und in getriebenem
Golde den Namen der Herrin, der er diente, auf
dem Deckel der Truhe anbringen. Darauf schickte
sich der Graf zur Heimreise an, voll Hoffnung auf
endliches Glück. Aber das Geschick zeigte sich ungünstig.
Auf der weiten Meerfahrt von Palästina nach
den Küsten Italiens erhob sich ein furchtbarer Sturm,
welcher das Schiff zu scheitern brachte, kaum daß die
Mannschaft das nackte Leben davonbrachte. Alle
Habe des Grafen und auch jenes wertvolle Kästchen
verschlangen die Wogen des Adriatischen Meeres. –
Arm und gebeugten Geistes, bekümmerten Herzens,
ein bettelnder Pilgrim, durchreiste der Graf die Gauen
Welschlands und Deutschlands, und so kam er auf
seinen Heimatburgen wieder an, wo er zwar des Gutes
und Geldes genug fand, allein nichts, was seinen Verlust
hätte ersetzen können. Betrübt suchte er die Gräfin
auf, sie hieß ihn freudig willkommen, er fand sie
schöner und liebenswürdiger als je vorher, das
schmerzte ihn um so tiefer, und er sprach: Frau Gräfin,
Ihr seht mich mit leerer Hand Euch wieder nahen.
Ich hatte ein kostbares Reliquienstück, einen echten
Span vom Kreuze unsers Herrn, wohlbewahrt in köstlichem
Schrein, für Euch vom Heiligen Lande mitgebracht.
Ein Sturm, der unser Schiff scheitern ließ,
raubte mir alle meine fahrende Habe und auch jenes
Kleinod, das für Euch bestimmt war, das mein Glück
an Eurer Hand begründen sollte. –
Armer Graf, sprach die Gräfin, und ihre Augen
strahlten ihn liebereich und minniglich an, so bringt
Ihr vom Kreuze des Herrn keinen Span heim? War
denn vielleicht auf dem Kästchen, das Euch der Meersturm
raubte, mein Name zu lesen?
Der Graf hörte ganz erstaunt diese Worte, er glaubte
zu träumen und rief: Beim Kreuze des Heilands,
Frau Gräfin, wie könnt Ihr wissen? –
Gottes Hand, der Heiligen Fügung! antwortete
ernst und liebreich die Gräfin, erschloß einen Schrein,
nahm aus diesem des Grafen goldne Truhe und hielt
sie dem Staunenden unter die Augen. Heute in der
Morgenstunde hat es an mein Burgtor geklopft, wie
der Pförtner öffnet, steht ein Jüngling draus, hell gekleidet,
mit einem Antlitz schön wie die Morgenröte.
Der spricht: Für deine Herrin – und gibt dem Pförtner
dieses Kleinod in die Hand. Wie der es betrachtet und
wieder zu dem Jüngling aufblickt, ist derselbe schon
hinweggeschwunden. Brauchen wir weiter Zeugnis?
Wir haben gehofft, jetzt laß uns glauben und lieben! –
Mit diesen Worten fiel die junge Witwe dem Grafen
um den Hals und küßte ihm den Verlobungskuß unter
Freudentränen. Und als beide miteinander vermählt
waren, erbauten sie eine neue Burg und ein Kloster,
und gründeten einen Ort, und nannten den Spanheim,
und stifteten den heiligen Span in ihr Kloster, und das
Kloster begabte mit kleinen Partikeln von dem Span,
reich in Gold gefaßt, auch das nachbarliche Kloster
Kreuznach, ja dessen alter Name Crucinaha, dem
Kreuze nahe, soll sogar davon abstammen. Und das
Geschlecht der beiden Vermählten blieb gesegnet
vom Herrn, viele fromme und berühmte Männer und
Frauen gingen aus ihm hervor, stifteten Klöster, bauten
Kirchen, kämpften im Heiligen Lande oder wandelten
selbst als heilige Personen durch das Leben.
83. Vom Ursprung des Moselweins
Es ist eine alte Sage, daß der herrliche Moselwein aus
dem deutschen Franken stamme. Merowig, der Westfranken
König, habe zwölftausend Bewohner des Mosellandes
in das morgenländische Franken geführt und
aus letzterem zwölftausend Einwohner in das Moselland
versetzt. Diese östlichen Franken waren gute
Wingersleute, entnahmen aus ihrem heimatlichen
Boden edle Reben und pflanzten diese im neuen Vaterlande
an, wo sie herrlich gediehen und liebliche
Weine lieferten bis auf diesen Tag.
Die Mosel entspringt im Vogesengebirge im deutschen
Sundgau aus zwei Hauptquellen, deren Flüsse
sich bei Remiremont vereinigen, und durchfließt in
den mannigfaltigsten Krümmungen das welsche Lothringen,
dann begrüßt sie deutsche Gaue und rauscht
altberühmten Städten vorüber.
Wie vom Frankenwein bis auf den heutigen Tag
der Spruch geht und gilt: Frankenwein, Krankenwein,
also daß selbst Kranken derselbe heilsam sei, so von
seinem Sohne, dem Moselwein, dem Erben seines
Ruhmes und seiner Tugenden, geht und gilt der lateinische
Reim: Vinum Mosellanum fuit omni tempore
sanum, das ist zu deutsch: Moselwein soll allzeit gesund
gewesen sein.
84. Der Heiligen Gräber
Im Mosellande beim Dorfe Chau steht eine dem heiligen
Eucharius geweihte Kapelle. Sankt Eucharius war
ein Sohn des Königs Baccius von Catalonien und der
Lientrudis, dessen Gemahlin. Dieses fromme Paar
gab aber nicht nur dem heiligen Eucharius das Leben,
sondern auch dem heiligen Eligius, der heiligen Liberia,
der heiligen Susanna, der heiligen Memia, der
heiligen Oda und der heiligen Gertrudis. Alle diese
Heiligen wurden mit vielen Edlen dieses Gaues durch
die wilden Vandalenhorden, welche Julianus Apostata
in das Land führte, umgebracht, an der Zahl zweitausendzweihundert,
und das geschah im Jahre 362 nach
Christi Geburt, am 10. Mai. So wurde jene Gegend
ein großer Totenhof, und die alte Kapelle an der
Mosel, Chau gegenüber, wurde zum Grabstein der
frommen Märtyrer und bewahrt auf Gedenktafeln das