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Die Praxis zeigt, dass die Steufa auch im gesamten Bundesgebiet Ermittlungshandlungen vornimmt, obwohl eine derartige länderübergreifende Ermittlungsberechtigung zwar nach geltendem Recht nicht vorgesehen, nach h.M. aber zulässig ist.[1] Nr. 124 AStBV gibt der ermittelnden Steufa vor, dass bei Amtshandlungen in einem anderen Bezirk, die sonst zuständige Steufa um Amtshilfe zu ersuchen oder zumindest vor der beabsichtigten Maßnahme zu unterrichten ist. Diese Anweisung ist zum einen zur Erkenntnisgewinnung vorhandener Ortskenntnisse der örtlich zuständigen Steufa sinnvoll, zum anderen zur Vermeidung von Doppelverfolgungen oder Gefährdung bereits laufender Ermittlungen in jedem Fall geboten. Erfahrungsgemäß setzt die ermittelnde Steufa bei länderübergreifenden Ermittlungshandlungen die örtlich zuständige Steufa von der geplanten Ermittlungsmaßnahme in Kenntnis, so dass eine Beteiligung der örtlich zuständigen Steufa an der Ermittlungshandlung in einem anderen Bundesland gewährleistet wird. In jedem Fall darf die Steufa auch außerhalb der Landesgrenzen Amtshandlungen vornehmen, soweit Steueransprüche betroffen sind, für die auch das von der Steufa zu betreuende Veranlagungsfinanzamt zuständig ist.
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Wurde die Steufa im Rahmen einer Außenprüfung (AP) bzw. Betriebsprüfung (BP) (§§ 193 ff. AO) hinzugezogen, fertigt sie nach Auswertung sämtlicher Ermittlungsmaßnahmen hinsichtlich der straf- oder bußgeldrechtlichen Feststellungen einen sog. Fahndungsbericht (Nr. 127 Abs. 2 AStBV) an (vgl. Rn. 7). Die für die Besteuerung erheblichen Prüfungsfeststellungen werden durch die Steufa in einem Prüfungsbericht dem sog. Steuerbericht entsprechend § 202 Abs. 1 AO dargestellt (Nr. 127 Abs. 1 AStBV). Bei gemeinsamen Prüfungen der Steufa mit der BP, sog. BP/F-Prüfungen, fertigt i.d.R. die BP den Bericht über die steuerlichen Feststellungen an (vgl. Nr. 125 Abs. 3 AStBV). Haben die Ermittlungen keine steuerliche Auswirkung ergeben, erfolgt seitens der Steufa eine Mitteilung an die BuStra in Form eines Vermerks oder eines abgekürzten Fahndungsberichtes (Nr. 127 Abs. 1 S. 3 AStBV). Ob der Fahndungsbericht nebst Ermittlungsakte an die BuStra oder direkt an die StA übermittelt wird, hängt davon ab, ob die FinB das Ermittlungsverfahren selbstständig nach § 386 Abs. 2, Abs. 4 S. 3 AO (Nr. 17 AStBV) oder unselbstständig nach § 386 Abs. 1, 3 und Abs. 4 S. 2 AO führt. Hat die StA bereits im Laufe der Ermittlungen die Verfahrensherrschaft übernommen, wird der Fahndungsbericht mit den Ermittlungsakten i.d.R. unmittelbar an die StA übersandt.
Anmerkungen
Tipke/Kruse/Seer§ 208 Rn. 41; Kohlmann/Matthes § 404 Rn. 40.
4. Kapitel Verfahren bei Steuerdelikten › III. Zuständigkeiten und Befugnisse der Bußgeld- und Strafsachenstellen
4. Kapitel Verfahren bei Steuerdelikten › III. Zuständigkeiten und Befugnisse der Bußgeld- und Strafsachenstellen › 1. Sachliche und örtliche Zuständigkeit
1. Sachliche und örtliche Zuständigkeit
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Die BuStra ist eine eigenständige Strafverfolgungsbehörde der FinB. Sie ist die „Staatsanwaltschaft“ der FinB, der die sachliche Zuständigkeit im Rahmen einer Zuständigkeitskonzentration gem. § 387 Abs. 2 AO übertragen worden ist (vgl. Nr. 23 AStBV).[1] Sie ermittelt gem. § 386 Abs. 1 AO den steuerstrafrechtlichen Sachverhalt, ist jedoch keine Strafvollstreckungsbehörde gem. § 451 Abs. 1 StPO. Ob die BuStra eigenständig wie eine StA oder als Ermittlungsperson lediglich mit den Rechten und Pflichten der Steufa bzw. der Polizei tätig wird, richtet sich danach, ob sie selbstständig nach § 386 Abs. 2, Abs. 4 S. 3 AO (Nr. 17 AStBV) oder unselbstständig nach § 386 Abs. 1, Abs. 3 oder Abs. 4 S. 2 AO ermittelt. Die selbstständige Ermittlungsbefugnis ist in der Praxis die Regel, nach der Gesetzessystematik aber nicht der Grundsatz. Die örtliche Zuständigkeit der FinB, unabhängig davon, ob die BuStra das Ermittlungsverfahren selbstständig oder unselbstständig führt, regelt § 388 AO (vgl. Nr. 24 AStBV). Mit der Formulierung . . . in deren Bezirk, die Steuerstraftat begangen . . .worden ist, . . . knüpft § 388 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 AO an § 9 StGB an. Neben dem Tatortprinzip können aber auch der Ort der Tatentdeckung (§ 388 Abs. 1 Nr. Alt. 2 AO), die abgabenrechtliche Zuständigkeit (§ 388 Abs. 1 Nr. 2 AO) und der Wohnsitz (§ 388 Abs. 1 Nr. 3 AO) zur Zeit der Einleitung des Strafverfahrens sowie der gewöhnliche Aufenthaltsort (§ 388 Abs. 3 AO) des beschuldigten Steuerpflichtigen eine örtliche Zuständigkeit begründen. Ändert sich der Wohnsitz des Beschuldigten oder die abgabenrechtliche Zuständigkeit der FinB nach Einleitung des Strafverfahrens, ist auch für diese „neue“ FinB eine Zuständigkeit gegeben (vgl. Nr. 24 Abs. 2 S. 2 AStBV). In diesen Fällen bleibt in der Regel die FinB zuständig, die zuerst ein Strafverfahren eingeleitet hat (§ 390 Abs. 1 AO, Nr. 25 Abs. 2 AStBV). Bei einer Mehrfachzuständigkeit zweier FinB ist die Sachdienlichkeit entscheidendes Kriterium für die Übernahme und anschließende Durchführung eines Verfahrens (vgl. Nr. 25 Abs. 3 AStBV). Da für die Staatsanwaltschaften und Gerichte die Vorschriften der §§ 7 ff. StPO i.V.m. 143 GVG maßgeblich sind und es sich bei den §§ 386 ff. AO um Sondervorschriften handelt, kann es zu einem Auseinanderfallen der gerichtlichen/staatsanwaltschaftlichen und der finanzbehördlichen örtlichen Zuständigkeit kommen. D.h. die Zuständigkeit einer BuStra muss nicht mit der im selben Landgerichtsbezirk zuständigen StA übereinstimmen. Ermittlungshandlungen einer örtlich unzuständigen FinB sind aber grundsätzlich nicht unwirksam.[2]
Anmerkungen
Vgl. Franzen/Gast/Joecks/Randt § 387 Rn. 6.
Kohlmann/Hilgers-Klautzsch § 388, Rn. 74.
4. Kapitel Verfahren bei Steuerdelikten › III. Zuständigkeiten und Befugnisse der Bußgeld- und Strafsachenstellen › 2. Befugnisse der Finanzbehörde im selbstständigen Ermittlungsverfahren
2. Befugnisse der Finanzbehörde im selbstständigen Ermittlungsverfahren
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Selbstständig führt die BuStra als FinB das Ermittlungsverfahren durch, wenn die Tat ausschließlich eine Steuerstraftat (§ 386 Abs. 2 Nr. 1 AO, Nr. 17, 18, 19 AStBV) oder eine dieser gleichgestellte Tat betrifft.
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Beispiele