conflixere mirando:
dux vitae mortuus,
regnat vivus.
3.Dic nobis Maria,
quid vidisti in via?
Sepulcrum christi viventis,
et gloriam vidi resurgentis.
Angelicos testes,
sudarium et vestes.
Surrexit Christus spes mea,
precedet suos in Galilaea.
4.Scimus Christum surrexisse a mortuis vere:
tu nobis victor rex, miserere.
Übertragung ins Deutsche:
1: Die Christen opfern dem Passalamm / Passaopfer Lob.
2: Das Lamm erlöst/befreit die Schafe. Der unschuldige Christus hat die Sünder dem Vater versöhnt. Tod und Leben kämpften in wunderlichem Kampf, der Führer / Fürst des Lebens, der tot ist / war, regiert lebend.
3: Sag uns, Maria, was hast du auf dem Weg gesehen? Das Grab des lebendigen Christus, und ich habe den Glanz des Auferstandenen gesehen. Bezeugende Engel, das Schweißtuch und Tücher. Meine Hoffnung, Christus, ist auferstanden, er geht den Seinen nach Galiläa voran.
4: Wir wissen, daß Christus wahrhaftig von den Toten auferstanden ist: Du, unser Sieger-König, erbarme dich!
Die Sequenz spricht von Ostern her: Sie begründet das Lobopfer der Christen mit der Versöhnungstat Christi und kleidet diese in paradoxe Bilder: Das Lamm befreit die Schafe, der Unschuldige versöhnt die Sünder, der tote Fürst herrscht lebend. Auch Maria spricht von einem paradoxen Sachverhalt, vom Grab des Lebendigen.
Der Text der Sequenz argumentiert nicht oder stellt Sachverhalte dar, sondern er bezeugt die Auferstehung Christi und begründet sein Zeugnis mit dem der Engel, das durch Maria bezeugt ist.
Die Rettungstat Christi ist auch hier im Kern durch das Motiv des duellum mirabile dargestellt. Tod und Leben sind die Kontrahenten, der Fürst des Lebens geht aus dem Kampf als der mächtigere hervor.
Der Text führt in ein weiteres Zeugnis der Auferstehung Christi: Die Singenden bezeugen ihre Gewißheit der Auferstehung. Am Ende und als Konsequenz steht die Bitte um Erbarmen, begründet in der Anrufung Christi als „victor rex“, und das Gotteslob „Halleluja“.
Inhaltlich knüpft Luther an die Sequenz an. Das dort in seiner Bedeutung in die Reihe der anderen Paradoxe eingereihte Bild vom duellum mirabile nimmt hier die zentrale Position ein, von der aus der Sieg Christi über den Tod und dessen Konsequenz für uns, unsere Befreiung von Tod und Sünde, entfaltet wird.
Auch Luther argumentiert nicht, sondern stellt die Darstellung von Kampf und Sieg Christi in den Rahmen des Festes, das in der Haltung des Lobens gefeiert wird, in dem die Glaubenden den neuen Herrn besingen, der ihrer Existenz im Glauben einen neuen Grund gibt. Auch Luther singt also aus der nachösterlichen Perspektive, die erst die Erkenntnis des Sieges Christi ermöglicht.
2.2.3 Die musikalische Gestalt
Martin Luther hat sein Lied nicht nur textlich, sondern auch musikalisch ausgehend von der Sequenz gebildet.
2.2.3.1 Die Melodie Luthers
Tonführung und Tonraum als Korrespondenz zwischen Ton und Wort
Das Lied hat in seiner musikalischen Form zwei Teile, die sich in ihren Verläufen durch ihren gestischen Ausdruck unterscheiden.
Der erste Teil zeichnet sich durch einen schweifenden Charakter in der Tonführung aus.
Zwei Bewegungen charakterisieren diesen ersten Teil, der aus vier Zeilen besteht.
Die eine gestaltet die erste Zeile: Der Anfangston a’ wird in schweifender Tonführung durch eine Figur umspielt. Diese Figur ist eine Bewegung hin zum d’’ als Maximum, als oberster Ton der Oberquarte des Tonraumes, in dem das Lied steht. Die Figur hat den Ausdruck des Sich-Erhebens oder des Aufstehens. Die Unterschreitung des oberen Tonraumes zum g’ leitet dabei den Gestus ein und intensiviert die Bewegung des Aufstehens.
Die Rückkehr zum a’ verleiht diesem Ton nun einen neuen Inhalt: Er ist nicht mehr nur ein einzelnes a’, steht nicht mehr nur für sich selber, sondern ist charakterisiert dadurch, daß er Träger und Basis dieser Figur und dieses Tonraumes der Oberquarte ist. Der Tonraum klingt quasi in ihm mit.
Die andere Bewegung findet sich in der zweiten Zeile: Sie ist durch einen fallenden Gestus bestimmt: Er führt vom a’ zum d’, zum Minimum, dem tiefsten Ton in der Unterquinte der dem Lied zugrundeliegenden Skala. Auch dieser Gestus wird intensiviert durch eine einleitende Bewegung. Die fallende Bewegung ist eine Gegenbewegung zur Bewegung des Aufstehens.
Die Bewegungen treten mit dem unterlegten Text in Dialog: Die Bewegung des Aufstehens steht im Gegensatz zu den unterlegten Worten: „Christ lag in Todesbanden“. Das Tempus der Worte korrespondiert jedoch mit der Bewegung: Es wird der Bande des Todes als einer Gefangenschaft gedacht, die der Vergangenheit angehört.
Die Worte der zweiten Zeile entsprechen der Bewegung: Der Fall zur Basis der Unterquinte bildet die Gefangenschaft Christi in den Banden des Todes als Bewegung in den Bereich des Menschen dar, als Bewegung Christi in die Situation des Menschen in seiner Todesverfallenheit.
Symbolhaft kann man dem oberen Tonbereich die göttlichen Sphäre und den menschlichen, todesverfallenen Bereich dem unteren Tonbereich zuordnen. So läßt sich in der fallenden Bewegung der Abstieg Christi in menschliche Todesbande erkennen; die Todesbanden Christi werden erkennbar als diejenígen, die eigentlich den Menschen umfangen. Die Bewegung herab kann man als Abbildung der Grablegung Christi ansehen, die eigentlich den Menschen zugekommen wäre.
Nun wird wiederum in der dritten Zeile die Auferstehungsbewegung der ersten Zeile verbunden mit den Worten „Er ist wieder erstanden“. Hier entsprechen sich Gestus der Musik und der Worte. Die Grablegungsgeste wird in der vierten Zeile verbunden mit „und hat uns bracht das Leben“. Damit ist der Zielort des Handelns Christi bestimmt: der aufgrund der Sünde dem Tod verfallene Bereich des Menschen wird von der Todeszone zum Ort, der durch Christus mit neuem Leben erfüllt ist.
Hier wird durch die Rhythmisierung der Bewegung nach unten durch eine Halbierung der Notenwerte in „bracht das Leben“, wie auch zuvor in „Sünd gegeben“ diese intensiviert und die Zielrichtung des Handelns Christi, der Bereich der Sünde und des Todes, hervorgehoben.
Das a’ ist Tonzentrum der ersten Bewegung. Er ist umspielter Bezugston, ihm ist durch eine Semibrevis (im EG als eine Halbe notiert) auf „Christ“ Gewicht verliehen. Er wird so dem Inhalt, den er trägt, zugeordnet: das Tonzentrum a’ steht für Christus, ist der Sitz des Namens Christi.
Daneben kann man das d’ als Ort menschlicher Todesverfallenheit begreifen.
In diesem Gefüge bildet das a’ die Verbindungsstelle.
Das Spiel mit den beiden Bewegungen, Auferstehen und Grablegung, stellt das Handeln Christi im Bild des wunderlichen Wechsels oder auch der Inkarnation, des Kommens des Göttlichen in das Menschliche, dar: Er kommt in meine Tiefe, er bringt das Leben in die Todeszone.
Die Gegenbewegung, die das menschliche Handeln in diesem wunderlichen Wechsel darstellt, kann man im zweiten Teil sehen: nicht ausgehend vom Tonzentrum a’, sondern vom d’.
Der zweite Teil des Liedes, bestehend aus den folgenden vier Zeilen, hat eine andere musikalische Diktion. Statt im schweifenden Umspielen von Tonzentren bewegt sich die musikalische Linie in zielgerichteten Bewegungen.
Ein zweifacher Aufschwung, durch Terzaufgänge energetisch aufgeladen, bewegt sich vom d’ zum a’, er wird überhöht von dem durch einen Quartaufgang direkt erreichten oberen Ton der Oberquarte, d’’, der wiederum in