Der neue Landdoktor Paket 1 – Arztroman. Tessa Hofreiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Landdoktor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740980672
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ist hier los?«, sagte sie laut, um sich Luft zu machen.

      Sie zuckte zusammen, als es wenig später an der Haustür klingelte. Zu ihrer Verblüffung war es Emilia, die sie besuchen wollte.

      »Du siehst wundervoll aus«, stellte sie mit ehrlicher Bewunderung fest, als das Mädchen gleich darauf die Treppe heraufkam.

      Emilia trug ein knielanges Sommerkleid in den Farben des Regenbogens, dazu rote Ballerinas, und ihr Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden. »Opa ist schon in Panik, dass ich mich plötzlich als modebewusstes Mädchen zu erkennen gebe. Er befürchtet, dass ich demnächst wilde Partys in unserem Haus veranstalte, um ein bisschen anzugeben«, erklärte sie lachend.

      »Was führt dich zu mir, Emilia?«, fragte Anna, während sie ihr die Tür aufhielt.

      »Ich war gerade in der Drogerie und habe mir eine Sonnencreme gekauft.«

      »Und?«, hakte Anna nach, als Emilia sich in der Küche auf einen Stuhl fallen ließ und nachdenklich mit dem Zeigefinger über die Tischplatte fuhr.

      »Die strenge Therese, die vom Landfrauenverein, war dort. Sie hat an der Kasse gestanden und behauptet, dass du Sabine und ihr Kind in Lebensgefahr gebracht hast. Und alle, die dort waren, haben ihr andächtig zugehört. Dann hat sie mich gefragt, ob ich mehr darüber weiß.«

      »Du hast doch nichts dazu gesagt?«

      »Doch, habe ich.«

      »Und was?«

      »Dass es besser ist, sich über einen Sachverhalt erst einmal schlau zu machen, bevor man Gerüchte in die Welt setzt. Das hat sie aber nicht interessiert. Sie hat immer weiter gegen dich gehetzt und von Querlage und Notfallkaiserschnitt geplappert. Und unten vor der Apotheke steht diese biestige Elvira und redet denselben Unsinn.«

      »Jetzt weiß ich wenigstens, was los ist. Danke, Emilia«, sagte Anna und erzählte dem Mädchen von den Tuscheleien, die ihr nicht entgangen waren.

      »Woher wissen die, was auf dem Mittnerhof los war?«

      »Ich denke, von Miriam. Wir haben sie doch gestern auf dem Hof getroffen. Sie muss zugehört haben, als Sebastian und ich darüber sprachen, dass solch ein Notfall in Zukunft verhindert werden muss.«

      »Offensichtlich hat sie ein Gespür dafür, in dem für sie richtigen Moment aufzutauchen. Aber wie auch immer, du musst die Sache aufklären, Anna.«

      »Wie? Ich kann die Mittners doch nicht bloßstellen.«

      »Diese dumme Schweigepflicht, ich weiß.«

      »Sie hat schon ihre Berechtigung, Emilia.«

      »Aber nicht in diesem Fall.«

      »Doch, auch in diesem Fall. Es ist die Entscheidung der Mittners, was sie von sich preisgeben.«

      »Was wäre die Konsequenz?«

      »Eine Freundin von mir hat vor kurzem eine Hebammenpraxis in München eröffnet, vielleicht kann sie mich dort gebrauchen.«

      »Du denkst ans Fortgehen?«

      »Wenn mir hier niemand mehr vertraut, habe ich keine Wahl.«

      »Du vielleicht nicht, aber andere schon.«

      »Wo willst du hin?!«, rief Anna dem Mädchen nach, das aufsprang und aus der Wohnung stürmte.

      *

      Sabine war auf dem Rasen hinter dem Haus und hängte Wäsche auf, als Emilia den Mittnerhof erreichte.

      »Hey, Emilia, waren wir verabredet?«, fragte Markus, der in Jeans und weiß-blau kariertem Hemd auf dem Scheunendach stand und mit dem Holz, das sie noch besaßen, das Dach ausbesserte.

      »Ich muss etwas klären«, antwortete Emilia und strich ihren verschwitzten Pony aus der Stirn, während sie von ihrem Rad stieg.

      »Was musst du klären?«, wollte Markus wissen, der die Leiter herunterstieg.

      »Es geht deine Eltern an«, sagte Emilia und ging auf Sabine zu, die hinter den im Wind flatternden Bettlaken hervorschaute und ihr freundlich zunickte.

      »Was ist los?«, fragte Sabine.

      »Sie wollen, dass Anna das Dorf verlässt«, sagte Emilia und erzählte ihr und Markus, was passiert war.

      »Die arme Anna«, seufzte Sabine.

      »Wir sollten sofort ins Dorf fahren, um die Sache richtig zu stellen«, schlug Markus vor.

      »Nein, Junge, wir müssen eine andere Lösung finden«, widersprach Anton, der in diesem Moment mit der Tasse Kaffee am Küchenfenster stand, die er sich wie immer am Nachmittag zu Hause gönnte.

      »Welche Lösung soll das sein, Pa­pa?«

      »Das weiß ich noch nicht.«

      »Wie wäre es einfach mit der Wahrheit?«

      »Nein«, sagte Anton und schüttelte den Kopf. »Wir werden uns eine andere Geschichte ausdenken, irgendetwas wird uns schon einfallen. Ich werde uns aber auf keinen Fall dem Gespött der Leute aussetzen.«

      »Das heißt, du willst Anna opfern, damit du den Schein bewahrst? Gute Idee, Papa.«

      »Ich will Anna helfen, das ist doch nicht die Frage.«

      »Dann warte nicht, tu etwas.« Markus‘ sonst so fröhliche Miene verfinsterte sich, und seine hellen Augen erschienen auf einmal ganz dunkel.

      »Er schämt sich, lass ihn«, versuchte Emilia, den Jungen zu beruhigen. »Vielleicht hat ja mein Vater eine Idee, was wir tun könnten.«

      »Gut, fahren wir zu ihm«, antwortete er und wandte sich von Anton ab.

      »Wo wollen die beiden denn hin?«, fragte Pia, die mit Bastian im Kinderwagen und den Zwillingen von einem Spaziergang zurückkam, als Emilia und Markus auf ihren Fahrrädern eilig davonradelten.

      »Die Welt retten«, murmelte Anton.

      »Nein, sie wollen Anna retten, und wir sollten sie dabei unterstützen«, sagte Sabine. »Anton, bitte!«, rief sie ihm nach, als er sich auf seinen Traktor setzte und davon ratterte.

      *

      »Ist noch jemand bei ihm?«, erkundigte sich Emilia bei Gerti, als sie und Markus die Praxis betraten.

      »Nein, der letzte Patient ist soeben gegangen.«

      »Danke.« Ohne weiter auf Gerti zu achten, stürmten die beiden in Sebastians Sprechzimmer.

      »Mei, was ist denn jetzt los?«, murmelte Gerti und sah ihnen kopfschüttelnd nach.

      »Ist etwas passiert?« Sebastian wollte gerade gehen und kam hinter seinem Schreibtisch hervor, als Emilia und Markus das Zimmer betraten.

      »Ja, es ist etwas passiert, und du musst dir etwas einfallen lassen, um es zu regeln, Papa.«

      »Was soll ich regeln?«, wollte Sebastian wissen und setzte sich auf die Schreibtischkante, während er Emilia zuhörte. »Diese Hetzkampagne geht also von den Landfrauen aus«, stellte er nachdenklich fest, nachdem Emilia ihm alles erzählt hatte.

      »Sie verbreiten den Unsinn, aber Anna und ich denken, dass Miriam dafür verantwortlich ist.«

      »Damit habt ihr vermutlich recht. Als ich gestern im Biergarten war, um mich mit Anna zu treffen, saß Miriam mit den Landfrauen zusammen.«

      »Wie war eigentlich dein Abend mit Anna? Ich habe sie gar nicht danach gefragt.«

      »Ich habe sie nicht getroffen. Miriam war plötzlich nicht gut, und sie bat mich, sie nach Hause zu bringen.«

      »Warum bist du nicht wieder zurück in den Biergarten?«

      »Weil es Miriam mal besser und dann wieder schlechter ging.«

      »Dass sie dir nur etwas vorgespielt hat, darauf bist du wohl nicht gekommen.«

      »Irgendwann