»Du weißt, dass ich eigentlich nicht darüber reden darf, was sich in meinem Sprechzimmer abspielt, aber dieser Fall ist ja wohl eher eine öffentliche Angelegenheit. Nein, ich denke, die Damen haben Glück gehabt, es waren nur leichte Verbrennungen.«
»Mona behauptet, dass dieses Zeug von unserem Hof stammt und ich für dieses Chaos verantwortlich sei.«
»Und was meinst du?«
»Ich weiß, dass ich es nicht war, demzufolge muss es ihr passiert sein, als sie im Garten ihrer Großeltern den Baldrian geerntet hat, was sie aber für ausgeschlossen hält.«
»Und nun traut ihr euch beide nicht mehr über den Weg.«
»Sie hätte wenigstens in Erwägung ziehen können, dass sie dafür verantwortlich ist.«
»Genau wie du.«
»Elo pflückt die Kräuter ohne Handschuhe, und ich nehme sie ohne Handschuhe aus dem Korb. Wir hätten es mit Sicherheit inzwischen bemerkt, wenn wir mit Riesenbärenklau in Berührung gekommen wären. Mona dagegen arbeitet nur mit Handschuhen, auch beim Waschen der Kräuter vor der Verarbeitung.«
»Das heißt?«
»Sie kann eine derartige Verunreinigung nicht spüren, nur sehen. Und da offensichtlich nur wenig von dem Zeug in den Kräutern war, hat sie es übersehen. Sie könnte es einfach zugeben. Ich würde ihr doch helfen, die Sache durchzustehen.«
»Ja, sicher, das würdest du tun, aber vorher solltest du dir überlegen, wer das größte Interesse daran hat, dass Mona Ärger bekommt.«
»Simone, weil sie ihre Konkurrenz fürchtet.«
»Durch Mona hat sie neue Kundinnen gewonnen, das sollte sie nicht fürchten. Ich denke, da fürchtet sich jemand vor etwas ganz anderem.«
»Nein, soweit würde Elo nicht gehen«, sagte Jonas, als Sebastian ihn anschaute und er gleich wusste, dass er Eleonore in Verdacht hatte.
»Bisher hat ihr noch keine Frau gepasst, für die du dich interessiert hast, zumindest erzählt man sich das im Dorf.«
»Bisher musste ihr noch keine passen, es war mir ja nie richtig ernst.«
»Aber jetzt ist es dir ernst, richtig?«
»Ich habe mich noch nie zu einer Frau so stark hingezogen gefühlt wie zu Mona. Ich dachte, dieses Mal wird alles anders, aber wie soll ich mir die Zukunft mit einer Frau vorstellen, die, statt zu ihren Fehlern zu stehen, andere dafür verantwortlich macht?«
»Sprich mit Eleonore.«
»Elo hatte Mona doch schon längst akzeptiert, und das wollte sie ihr auch beweisen. Deshalb hat sie an dieser Party teilgenommen.«
»Du willst es nicht sehen, Jonas.«
»Was? Dass Elo alles tut, um mir zu schaden? Genau das würde sie mit so einer Aktion erreichen. Sie würde meine Liebe zerstören, und sie würde unserem Hof schaden, weil der eine oder andere sicher den Verdacht schüren würde, das Kraut stammt doch von uns. Und schließlich würde sie auch noch riskieren, dass ich mich von ihr abwende, wenn die Sache auffliegt. Warum also sollte sie das tun?«
»Das musst du sie fragen.«
»Du bist also wirklich der Meinung, dass sie es war.«
»Ich habe nur gesagt, dass du diese Möglichkeit nicht außer Acht lassen sollst.«
»Ich weiß.« So sehr er sich auch gegen diesen Gedanken wehrte, dass Eleonore Mona schaden wollte, ahnte er doch längst, dass Sebastians Verdacht richtig war.
»Lass es nicht so enden«, sagte Sebastian, als sie sich später am Abend voneinander trennten, und Jonas versicherte ihm, dass er Mona nicht einfach so fallen lassen würde.
*
Am nächsten Morgen überprüfte Mona ihre Telefone, ob sie vielleicht einen Anruf von Jonas verpasst hatte, aber er hatte sich nicht gemeldet, weder auf dem Festnetz noch auf dem Handy. Offensichtlich hatte er bereits mit ihr abgeschlossen. Sie musste zusehen, dass sie so schnell wie möglich Bergmoosbach verlassen konnte. Zuerst würde sie sich nach einer Stelle umsehen, irgendwo in der Nähe ihrer Großeltern, damit sie ihr Versprechen halten konnte, für sie da zu sein.
Sie kochte sich einen Kaffee, durchforstete das Internet nach freien Stellen und fand auch gleich einige Kosmetiksalons, die eine ausgebildete Kosmetikerin suchten. Sie war zuversichtlich, dass sie noch an diesem Vormittag mehrere Vorstellungstermine aushandeln würde. Zwei Stunden später war sie am Boden zerstört. Niemand wollte sie sehen, nachdem sie ihren Namen genannt hatte. Im Gegenteil, sie musste sich anhören, dass sie eine Schande für ihren Beruf sei.
»Ich hoffe, Sie werden ordentlich zur Kasse gebeten, um den Schaden wieder gutzumachen«, sagte die Frau am anderen Ende der Leitung, nachdem sie den letzten Salon auf ihrer Liste angerufen hatte.
Mit Tränen in den Augen warf sie das Telefon aufs Sofa und wollte sich wieder in ihrem Bett verkriechen, als es an der Haustür läutete. Zuerst wollte sie nicht öffnen, aber dann dachte sie daran, dass es vielleicht Jonas sein könnte, und sie ging zur Tür.
»Mona, hier ist Anna«, hörte sie die junge Hebamme sagen, als sie den Hörer der Sprechanlage abnahm.
»Komm rauf«, sagte sie und drückte auf den Türöffner. Anna war die einzige richtige Freundin, die sie bisher in Bergmoosbach gewonnen hatte. Sie wollte sie auf keinen Fall vor den Kopf stoßen.
»Habe ich dich geweckt?«, fragte Anna, als sie kurz darauf das Appartement betrat und sah, dass die Vorhänge noch zugezogen waren.
»Nein, du hast mich nicht geweckt«, sagte Mona und erzählte ihr, was sie an diesem Vormittag erlebt hatte. »Ich frage mich, woher die das alle schon wissen. Stand denn etwas darüber in der Zeitung?«
»Nein, Sebastian hat gestern mit Tobias Meier gesprochen und ihn gebeten, zuerst mit allen Beteiligten zu sprechen, bevor er die Geschichte bringt. Aber was hat Jonas überhaupt dazu gesagt? Du hast doch sicher mit ihm gesprochen. Hat er eine Erklärung dafür, wie dieses Zeug in die Kräuter geraten ist?«
»Ja, die hat er, es ist meine Schuld. Eleonore dagegen behauptet, er habe den Riesenbärenklau untergemischt.«
»Wie bitte? Warum denn das?«, fragte Anna verblüfft.
»Um mich loszuwerden«, sagte Mona und erzählte Anna, was Eleonore ihr eröffnet hatte.
»Das ist doch Unsinn, so etwas würde Jonas niemals tun.«
»Wer weiß, ich hätte auch nicht gedacht, dass er mich einfach so abkanzelt, wie er es gestern getan hat.«
»Verkrieche dich nicht, sonst haben sie dich genau da, wo sich dich haben wollen. Gib nicht auf«, bat Anna, als Monas Telefon läutete und sie nicht darauf reagierte.
»Du hast recht, ich habe nichts getan, wofür ich mich schämen müsste. Mona Wagner«, meldete sie sich entschlossen.
»Tobias Meier, Bergmoosbacher Tagblatt. Es geht um den Vorfall gestern im Dorfgemeindehaus. Würden Sie mir ein Interview in dieser Sache geben?«
»Am Samstagmorgen um elf Uhr am Brunnen auf dem Marktplatz.«
»Sie beweisen Mut, mitten drin im Geschehen, während des Trachtenumzugs, Respekt.« Tobias Meier, der für die lokalen Nachrichten des Tagblattes zuständig war, schien sichtlich beeindruckt.
»Bis dann«, sagte Mona und legte auf.
»Das war eine gute Entscheidung«, lobte Anna die Freundin.
»Ich soll mich nicht verkriechen, also gehe ich in die Öffentlichkeit. Sollen ruhig alle zuhören, was ich zu sagen habe«, entgegnete sie und öffnete