Der neue Landdoktor Paket 1 – Arztroman. Tessa Hofreiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Landdoktor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740980672
Скачать книгу
uns ein ordentliches Geschenk einfallen lassen«, nahm Anna das Gespräch gleich wieder auf, nachdem er um den Wagen herumgelaufen war und sich hinter das Steuer setzte. Sie wollte über das, was er gerade gesagt hatte, nicht weiter nachdenken. Er hatte ihr nur ein Kompliment gemacht.

      »Wir könnten nach dem Besuch im Krankenhaus darüber nachdenken. Wie wäre es, wenn du mit zu mir kommst? Du könntest zum Abendessen bleiben.«

      »Ob Traudel das gefällt? Der Sonntag ist ihr Familientag.«

      »Ich denke, das kann ich in deinem Fall verantworten«, entgegnete er lächelnd.

      *

      Die Klinik, die für Bergmoosbach zuständig war, war die Uniklinik Kempten. Ein moderner Bau vor der malerischen Kulisse der Alpen. Mit großer Mühe ergatterten sie einen Parkplatz und schlossen sich den anderen Besuchern an, die auf den Eingang zuströmten. Sebastian trug den Strauß gelber Rosen, die sie unterwegs gekauft hatten, und Anna die Karte mit den Glückwünschen zur Geburt, die sie beide unterschrieben hatten.

      Nachdem sie herausgefunden hatten, in welchem Zimmer Sabine lag, stiegen sie in den Aufzug und fuhren in die Geburtsstation hinauf. Sabine lag allein in einem hellen Zweibettzimmer mit Blick auf die Alpen. Das Gitterbettchen mit Bastian stand neben ihr.

      »Hallo, Sabine, wie geht es dir?«, fragte Anna, als sie und Sebastian das Zimmer betraten.

      »Gut, die Ärztin meint, ich kann in zwei Tagen nach Hause, wenn ich ihr verspreche, dass ich mich noch schone«, antwortete Sabine, die noch ein wenig blass um die Nase war.

      »Daran solltest du dich auch halten«, sagte Sebastian, der eine leere Vase, die auf dem Fensterbrett stand, mit Wasser füllte und die Rosen hineinstellte.

      »Wir haben vier Kinder und die Arbeit auf dem Hof. Ich kann Anton nicht alles allein überlassen, jetzt erst recht nicht. Vielen Dank, die sind wunderschön«, sagte sie und schaute auf die Rosen, die Sebastian auf den Tisch am Fußende ihres Betts gestellt hatte.

      »Was heißt jetzt erst recht nicht?«, hakte Anna nach.

      »Wollt ihr euch nicht zuerst einmal euer Patenkind ansehen?«, lenkte Sabine die Aufmerksamkeit der beiden auf den Jungen, der mit rosigen Bäckchen in seinem Bettchen lag und schlief.

      »Er ist ein Prachtbursche«, stellte Anna fest und streichelte dem Baby sanft über den Bauch.

      »Das hat er heute Nacht schon bewiesen, er hat es uns ganz leicht gemacht«, sagte Sebastian.

      »Ich bin so froh, dass ihr bei uns wart, und ich kann nicht einmal…«

      »Was kannst du nicht?«, wollte Anna wissen, als Sabine innehielt. Sie setzte sich auf den Stuhl neben ihr Bett, während Sebastian sich den zweiten Stuhl holte, der vor dem leeren Bett stand.

      »Was soll das denn?«, fragte er erstaunt, als er den Stuhl hinstellte und aus Versehen einen Brief herunterschubste, der auf Sabines Nachttisch lag. Es war die Rechnung für den Hubschraubereinsatz der letzten Nacht.

      »Sie haben sie heute Vormittag vorbeigebracht«, antwortete Sabine und wich seinem Blick aus.

      »Damit du sie an die Krankenkasse weiterleitest? Warum tun sie das nicht selbst, sie haben doch sicher deine Versicherungsdaten.«

      »Das wollte ich euch doch gerade sagen. Wir haben keine Krankenversicherung mehr«, gestand Sabine ihnen nun ein, und die Tränen liefen ihr über das Gesicht.

      »Seit wann seid ihr nicht mehr versichert?«

      »Seit drei Monaten.«

      »Was ist passiert?«, fragte Sebastian mitfühlend.

      »Wir hatten zwei schlechte Ernten, die Heizung im Haus musste erneuert werden, das Scheunendach ist undicht, die Wasserleitungen müssen ausgetauscht werden. Das Haus ist alt, und wir haben die Reparaturen viel zu lange hinausgezögert, hinauszögern müssen.«

      »Warum habt ihr euch keine Hilfe geholt? Euch steht doch sicher irgendeine Form der Unterstützung zu.« Sebastian schaute zu Anna, weil sich diese Art der Hilfe von der in Kanada sicher unterschied und er sich damit noch nicht auskannte.

      »Natürlich haben sie Anspruch auf Hilfe«, stimmte Anna ihm zu.

      »Anton möchte aber keine Hilfe, er geht nicht betteln, sagt er. Er schämt sich, weil es ihm nicht gelingt, uns gut zu versorgen. Aber er wird eure Rechnungen und die vom Krankenhaus bezahlen, hat er gesagt. Er wird niemandem etwas schuldig bleiben, und wenn er Tag und Nacht dafür arbeiten muss. Wisst ihr, ich habe solche Angst um ihn, er ist doch auch nicht gesund.«

      »Was ist mit ihm?«, wollte Sebastian wissen.

      »Er denkt, ich merke es nicht, aber er muss fürchterliche Rückenschmerzen haben, manchmal bricht ihm regelrecht der Schweiß aus.«

      »Schicke ihn zu mir, Sabine, ich sehe mir das mal an.«

      »Er wird nicht kommen.«

      »Ich werde ihm keine Rechnung stellen.«

      »Das lässt sein Stolz aber nicht zu.«

      »Hör zu, Sabine, Bergmoosbach ist zu klein, um eure Lage auf Dauer geheim zu halten. Ich bin sicher, dass es einige Leute gibt, die euch gern helfen würden. Von sich aus, ganz unbürokratisch.«

      »Ich denke auch, es wäre besser, offen­ zu den Leuten zu sein, aber Anton will nun einmal nicht, dass die Leute im Dorf von unserer Lage erfahren.«

      »Dann versuche, Anton wenigstens zu bewegen, dass er sich von mir untersuchen lässt. Wie soll es denn bei euch weitergehen, wenn er vielleicht ganz ausfällt?«

      »Du hast ja recht.«

      »Schon gut, ich lasse mir etwas einfallen«, beruhigte er sie, als sie erneut mit den Tränen kämpfte.

      »Das Geld fehlt halt an allen Ecken und Enden«, seufzte Sabine.

      »Hallo, zusammen!«, rief Miriam, die in diesem Moment schwungvoll die Tür öffnete. Mit offenen blonden Locken, die in einem aufregenden Kontrast zu ihrem meerblauen Seidenkleid standen, stürmte sie gefolgt von einem rothaarigen Mann im eleganten Nadelstreifenanzug, der einen riesigen Strauß Blumen vor sich hertrug, herein. »Ich hoffe, du hast alles gut überstanden, Herzchen«, sagte sie und setzte sich zu Sabine aufs Bett, so als sei sie ihre allerbeste Freundin. »Der kleine Racker, wie niedlich«, flötete sie und streifte das Baby mit einem kurzen Blick.

      »Harald, sieh dich bitte nach einer Vase für die Blumen um«, wandte sie sich ihrem Begleiter zu, der ein wenig verloren im Zimmer stand.

      Harald Baumann, der sich um den Verkauf im Sägewerk Holzer kümmerte, war immer zur Stelle, wenn Miriam Unterstützung brauchte, egal, um was es dabei ging.

      »Glückwunsch, Sabine«, sagte Harald und lugte hinter dem Blumenstrauß hervor. »Herr Doktor Seefeld, Frau Bergmann«, begrüßte er die beiden mit einem kurzen Kopfnicken und verließ das Zimmer, um nach einer Vase zu suchen.

      »Wir sind alle sehr froh, dass schließlich noch alles gut gegangen ist, obwohl es sicher schwer für dich war«, wandte sich Miriam wieder an Sabine und streichelte mitfühlend über ihre Hände.

      Anna nickte, als Sebastian ihr bedeutete, dass er gehen wollte. Gleich darauf verabschiedeten sie sich von Sabine.

      »Rufe mich an, wenn du zu Hause bist, ich sehe dann nach dir und dem Kleinen«, sagte Anna.

      »Gut, ich hinterlasse dir eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter, wenn du nicht da bist.«

      »Den habe ich abgeschafft, ich möchte nicht, dass jemand vergeblich auf meinen Rückruf wartet, während ich unterwegs bin. Mein Handy ist die beste Verbindung zu mir«, erklärte Anna lächelnd.

      »Auf bald, Sabine«, sagte Sebastian.

      »Auf Wiedersehen, ihr beiden«, flötete Miriam.

      »Mach’s gut, Miriam«, antwortete Sebastian und hielt Harald Baumann die Tür auf, der mit einer großen Vase, in der der Blumenstrauß steckte,