Doch bevor er im Reich die Werbetrommel für den Gegenkönig zu rühren begann, sicherte sich der mächtige alte Erzbischof von Trier gegenüber seinem Großneffen ab. Mit zwei Verträgen, die am 16. März und 22. Mai 1346 unterzeichnet wurden, zwang er Karl, sämtliche territorialen Besitzungen des Erzbistums Trier anzuerkennen und zudem eine Hypothek in Höhe von 6000 Silbermark zu seinen Gunsten aufzunehmen, für die er Ländereien in der Grafschaft Luxemburg verpfänden musste (zweifellos, um die voraussichtlichen Kosten der Wahl zu decken). Mochte er Luxemburger und der Großonkel des künftigen Königs sein, so war Balduin doch in erster Linie selbst ein Landesherr, der seine eigenen Interessen zu wahren wusste und sich für seine Schützenhilfe fürstlich belohnen ließ. Klar wird zudem, dass sämtliche Beteiligten zu diesem Zeitpunkt bereits ausschließlich Karl als legitimen Ansprechpartner betrachteten und nicht mehr seinen Vater Johann, der ja noch am Leben war. Zwischen den beiden Verträgen hatten Karl und sein Vater am 22. April 1346 im Beisein der zwölf mächtigsten Kardinäle der Kurie mit dem Papst in einer offiziellen Übereinkunft ihre wechselseitige „Freundschaft“ bekräftigt. Für Karl war diese Geste nicht ungefährlich, denn die deutschen Reichsfürsten hätten darin eine klare Unterwerfung des künftigen Königs und Kaisers unter den Papst sehen können, zumal die aufseiten Ludwigs IV. stehenden Chronisten den Luxemburger bereits als „Pfaffenkönig“ schmähten und den Bayern als Kämpfer für die deutschen Privilegien bzw. Freiheiten und das alleinige Vorrecht der deutschen Kurfürsten zur Wahl „ihres“ Königs rühmten. Diesen Preis mussten die Luxemburger jedoch für die tatkräftige, wenn auch unter der Hand vom französischen König betriebene Unterstützung des Papsts zahlen. Wie die Annahme der Goldenen Bulle, die eine rein „deutsche“ Wahl des römisch-deutschen Königs festlegt, zehn Jahre später bezeugt, war Karl 1346 keineswegs von seinem Ehrgeiz geblendet, sondern konnte sehr wohl über die wenigen Monate hinaus blicken, die ihn von einer eventuellen Thronbesteigung trennten.
Bis zum letzten Akt, der Wahl zum Gegenkönig, waren jedenfalls vorerst alle Hindernisse aus dem Weg geräumt. Der gewiefte Balduin legte Wert darauf, zumindest nicht öffentlich als Verfechter der dynastischen Interessen der Luxemburger in Erscheinung zu treten, sondern als Reichs-, Kur- und Kirchenfürst. Ludwig IV. verweigerte er in einem scharfen Verweis sowohl den Königs- als auch den Kaisertitel und titulierte den Bayern stattdessen als „erlauchten Herrn“, den er aufforderte, die Anerkennung der zweiten Ehe der Herzogin Margarete zurückzuziehen und sich als exkommunizierter Ketzer dem Papst zu unterwerfen. Als sich Ludwig dem wie erwartet nicht fügte, berief Gerlach von Nassau, neuer Erzbischof von Mainz und Reichserzkanzler für Deutschland, dem protokollarisch im Kurkollegium die erste Stimme zustand, am 20. Mai 1346 den Kurfürstentag für eine neue Wahl ein. Doch nur fünf der sieben Kurfürsten machten sich auf den Weg nach Rhens am Rhein im Erzbistum Köln, wo der Kurverein 1338 unter Ludwig IV. eine Vereinbarung geschlossen hatte, die ihm das alleinige Privileg für die Wahl des römisch-deutschen Königs zusicherte und sich ausdrücklich gegen eine vorherige päpstliche Approbation verwahrte. In Gegenwart der drei geistlichen Kurfürsten von Trier, Köln und Mainz, des Herzogs von Sachsen und des Königs von Böhmen, jedoch in Abwesenheit des Pfalzgrafen bei Rhein und des Markgrafen von Brandenburg (zwei Unterstützer der Wittelsbacher) wurde Karl von Luxemburg, Markgraf von Mähren, jedoch zu dieser Zeit noch nicht König von Böhmen (was eine entscheidende Rolle spielte), von den fünf Kurfürsten am 11. Juli 1346 einstimmig zum römisch-deutschen König gewählt. Ludwig der Bayer tat dieses Ereignis als Treppenwitz der Geschichte ab. Sein mehr oder weniger offizieller Chronist und Verfasser der Chronik der Herzöge von Bayern, vielleicht ein Mönch aus Oberalteich, vermerkte lapidar: „Auf welche Weise, wann und von welchen Kurfürsten er jedoch gewählt wurde, habe ich bis heute nicht in Erfahrung bringen können.“33 Für Karl spielte das kaum eine Rolle, denn er konnte mit Fug und Recht darauf hoffen, in die Fußstapfen seines berühmten Großvaters zu treten. Als er die Boten aussandte, die dem Papst offiziell die gute Neuigkeit überbringen sollten, bewies Karl sogleich, dass er sich von nun an als Verteidiger des Reiches verstand. Denn anders als wenige Wochen zuvor in Avignon vereinbart, forderte er den Heiligen Vater nicht zur formalen Approbation, sondern lediglich zur Kenntnisnahme seines neuen Titels auf. Philipp VI. von Frankreich scherte sich gar nicht erst um solche Finessen: Vom Moment der Wahl an nannte er seinen Verwandten Dei gratia rex Romanorum. Der französische König hatte Grund genug, den deutschen König noch vor seiner Krönung rückhaltlos anzuerkennen, war doch die Allianz zwischen den beiden Häusern schon vom Großvater Heinrich VII. geschmiedet und später von Johann bekräftigt worden. Zudem war Philipp VI. gerade dabei, seinen gesamten Heerbann mobil zu machen, um sich mit einem möglichst großen Aufgebot den Engländern entgegenzustemmen. Auch Johann stand seit Mai 1346 mit einem Luxemburger Heeresverband, dem zeitgenössischen Quellen zufolge schätzungsweise 500 Ritter angehörten, in Frankreich im Feld, um an der Seite des französischen Königs Eduard III. aufzuhalten, der am 12. Juli in der Normandie gelandet war.
Um Haaresbreite wäre der von Johann, Balduin und Karl so geschickt eingefädelte Plan bei dieser Gelegenheit sang- und klanglos verpufft, so, wie die Linie der Luxemburger 1288 bei Worringen oder 1313 bei Siena beinahe ausgelöscht worden wäre. In der Schlacht bei Crécy, einem entscheidenden Wendepunkt in der Frühphase des Hundertjährigen Krieges, wurde am 26. August 1346 vor den Augen Philipps VI. und Eduards III. die Crème der Ritterschaft Frankreichs von englischen Armbrust- und Bogenschützen niedergemäht.34 Unter den illustren Rittern, die in der Schlacht fielen, waren der Herzog von Lothringen (ein Bruder König Karls II. von Valois), Ludwig von Dampierre (Graf von Nevers und Flandern), die Grafen von Blois, Harcourt, Roucy und Sancerre – und Johann der Blinde, König von Böhmen und Graf von Luxemburg.35 An dieser Stelle ist weder Raum für Einzelheiten der Schlacht, die von den Chronisten, allen voran Jean le Bel, fast augenblicklich zum Mythos erhoben wurde, noch für den von Jean Froissart verewigten Heldentod Johanns, der sich von seinen Knappen an sein Streitross binden und in das Getümmel führen ließ, wo ihn englische Ritter erschlugen.36 Als der Sohn Eduards III., der berühmte Schwarze Prinz, am nächsten Morgen Johanns Leiche fand, nahm er dessen Zimier an sich und machte sich das darauf stehende Motto „ich dien“ zu eigen. Es ziert bis heute das Wappen des Prince of Wales. Karl entging nur knapp demselben Schicksal. Froissart erwähnt keine Verwundungen, berichtet aber, dass Karl das Schlachtfeld verließ: „Als er sah, dass die Sache