Der neue Landdoktor Staffel 8 – Arztroman. Tessa Hofreiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Landdoktor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740956721
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verstehst.«

      »Ich habe anderes im Kopf als weibliche Empfindlichkeiten«, erwiderte Robert scharf. »Hier geht nichts voran, und für mich wird die Zeit allmählich knapp. Ich muss arbeiten, und dafür brauche ich die Programme, die ich in meinem Büro in Lugano auf den Rechnern habe. Die leidige Nachlassgeschichte muss endlich abgewickelt sein, damit ich zum Alltag übergehen kann.«

      »Dann akzeptiere den Vorschlag deines Vaters, und alles ist geklärt«, antwortete Lilly energisch. »Und was deine Arbeit angeht: versuch es mal mit Reißbrett, Papier und Stiften, so haben Architekten bis zur Erfindung der Computerprogramme erfolgreich gearbeitet.«

      Lilly wandte sich ab und suchte nach Daniel. Sie brauchte Bewegung und wollte ihn fragen, ob einer der Hunde mit ihr spazieren gehen konnte. Lilly traf Daniel in der Bibliothek am Schreibtisch an, wo er über seiner Buchführung saß. Er hielt sein Handy in der Hand und hatte einen seltsamen Gesichtsausdruck.

      »Daniel, ist etwas passiert?«, erkundigte sich Lilly beunruhigt.

      »Das weiß ich noch nicht«, antwortete Daniel. »Eben hat Doktor Seefeld angerufen und um ein Gespräch gebeten. Er wollte am Telefon nicht sagen, worum es geht; er meinte nur, dass er mir zu weiteren Untersuchungen raten würde.«

      »Das muss nicht automatisch etwas Schlechtes bedeuten«, erwiderte Lilly vernünftig und bemühte sich, ruhig und gelassen zu klingen. »Natürlich ist es am besten, du sprichst so schnell wie möglich mit dem Landdoktor. Soll ich Robert fragen, ob er dich gleich fährt?«

      Daniel nickte und schloss seine Bücher.

      Robert allerdings lehnte Lillys Bitte mit der Begründung ab, er habe jetzt keine Zeit, weil er mit den Entwürfen für die Löfflers beginnen müsse. Es seien genug andere Leute auf dem Gut, die die Fahrt übernehmen könnten.

      Lilly schaute ihn mit ihrem glasklaren Blick an, der einen Diamanten hätte schneiden können. »Ja«, antwortete sie entschieden, »zum Beispiel ich.« Sie machte auf dem Absatz kehrt und ging zu Daniel.

      Die beiden fuhren schweigend zum Doktorhaus, wo Lilly den Wagen parkte. Sie würde im Café Bernauer auf ihn warten.

      Mit sehr gemischten Gefühlen ließ sich Daniel ins Sprechzimmer führen und nahm vor dem Schreibtisch Platz.

      »Ich hoffe, ich habe Sie mit meinem Anruf nicht allzu sehr beunruhigt«, begann Sebastian freundlich das Gespräch. »Es ist nichts Dramatisches, was mir aufgefallen ist, aber es könnte ein grundsätzliches Problem geben, das wir behandeln sollten.

      Ich hatte den Eindruck, dass Sie sich in einem geschwächten Allgemeinzustand befinden. Sie sagten, Sie fühlen sich oft sehr müde und antriebslos, frieren auffallend mehr. Auch haben Sie zugenommen, ohne dass sich ihre Essgewohnheiten geändert haben. Ich habe eine große Blutuntersuchung vornehmen lassen, die meinen Anfangsverdacht bestätigt hat, es könne sich um eine Unterfunktion der Schilddrüse handeln.«

      »Und was bedeutet das genau?«, fragte Daniel beunruhigt.

      »Ihr Körper bildet Antikörper gegen die eigene Schilddrüse, was im Laufe der Zeit die geschilderten Symptome verursacht. Das ist nichts Bedrohliches und kann mit Medikamenten behandelt werden, die das fehlende Hormon ersetzen«, erklärte der Landdoktor.

      Daniel atmete vorsichtig auf. »Das klingt vielversprechend und nicht allzu kompliziert.«

      »Das ist es auch nicht«, fuhr Sebastian ruhig fort. »Allerdings weist Ihr Blut einige Werte auf, die ich nicht klar zuordnen kann. Diese Form der Schilddrüsenunterfunktion ist angeboren und tritt ungefähr ab dem zehnten oder elften Lebensjahr auf, Sie sind deutlich älter. Ich würde Ihnen raten, noch eine zweite Meinung einzuholen. Dafür kann ich Ihnen einen Kollegen empfehlen, der auf Erkrankungen der Schilddrüse spezialisiert ist, Doktor Leopold Baron. Er lebt am Tegernsee und genießt einen internationalen Ruf, bei ihm sind Sie fachlich und menschlich in sehr guten Händen. Leider ist seine Praxis überlaufen und es ist schwer, bei ihm zeitnah einen Termin zu bekommen. Wenn Sie es wünschen, würde ich dort anrufen und mich um einen baldigen Termin kümmern.«

      Daniel schluckte. »Das kommt jetzt etwas überraschend«, sagte er. »Ich muss Ihre Diagnose erst einmal sacken lassen und überdenken. Ist es in Ordnung, wenn ich mich innerhalb der nächsten Tage bei Ihnen deswegen melde?«

      »Natürlich, Herr Berger«, erwiderte Sebastian verständnisvoll. »Sagen Sie mir Bescheid, wenn Sie so weit sind. Ich kümmere mich um den Kontakt zu meinem Kollegen und stelle die bisherigen Untersuchungsergebnisse zusammen.«

      Nachdem der Arzt noch Daniels Schulter untersucht hatte, die gut verheilte, war der Besuch in der Landarztpraxis beendet, und Daniel ging in den Garten des Cafés Bernauer hinüber. Lilly erwartete ihn gespannt und voll mühsam verborgener Sorge. Was mochte Doktor Seefeld gewollt haben?

      Daniel berichtete in allen Einzelheiten von dem, was der Landdoktor entdeckt hatte. Lilly hörte aufmerksam zu, und als er geendet hatte, lächelte sie ihn an. »Das klingt doch gar nicht besorgniserregend oder gar lebensbedrohlich«, sagte sie erleichtert. »Wirst du diesen Arzt denn aufsuchen?«

      »Ja, unbedingt, Doktor Seefeld scheint viel von seinem Kollegen zu halten. Er wird auch versuchen, mir so bald wie möglich dort einen Termin zu beschaffen«, erklärte Daniel.

      Jetzt wurde aus Lillys Lächeln ein spitzbübisches Grinsen. »Das muss er gar nicht, den Termin hast du schon so gut wie im Kalender stehen«, antwortete sie vergnügt. »Alexandra und Leopold Baron sind seit vielen Jahren gut mit meiner Familie befreundet, und Alexandra ist meine Patentante. Leopold ist ein sehr erfahrener Spezialist und wird dich mit Sicherheit untersuchen. Wenn du möchtest, rufe ich noch heute bei ihnen an und kläre es ab.«

      »Du meine Güte, es geht doch nichts über gute Beziehungen«, sagte Daniel perplex.

      »Die man pflegen sollte«, erwiderte Lilly ernsthaft. »So kann ich dir ein wenig für die wunderschöne Zeit in ›Silberwald‹ danken.«

      Noch am selben Abend rief Lilly bei ihren Pateneltern an und erzählte von den Ereignissen der letzten Zeit. Umgehend wurde ein Termin für die Untersuchung abgemacht, und Alexandra lud Lilly, ihren Freund und Daniel ein, für einige Tage Urlaub am Tegernsee zu machen.

      Während ihre Patentante diese Einladung aussprach, war es wie ein plötzlicher Schock für Lilly, als Roberts Name genannt wurde. Für einen Moment hatte sie tatsächlich vergessen, dass es ihn gab, und dass es ganz natürlich war, sie beide gemeinsam einzuladen. Sie hatte nur an Daniel gedacht und wie schön es sein würde, gemeinsam mit ihm Zeit in dem schönen alten Bauernhaus der Familie zu verbringen.

      »Danke für die spontane Einladung«, antwortete sie und fühlte sich schlecht, »das ist sehr lieb und großzügig von euch.«

      Alexandra Baron war eine kluge und lebenserfahrene Frau, die sehr gut zuhörte. Sie hatte das winzige Erschrecken in der Stimme ihrer Patentochter wahrgenommen. »Die Einladung steht, egal, mit wie vielen Personen ihr kommt«, antwortete sie unbeschwert. »Wir freuen uns auf dich.«

      »Und ich mich auf euch«, antwortete Lilly aufrichtig.

      Als das Gespräch beendet war, ging sie zu Robert und erzählte von dem Besuch am Tegernsee. Er schaute sie leicht gereizt an. »Ich kann jetzt keinen Urlaub machen, ich sitze über den Entwürfen für das neue Haus. Timo und Jenny wollen in zwei Tagen weiter nach Italien, und ich will sie im direkten Kontakt ködern. Fahr du allein und bring Daniel zu diesem anderen Arzt.« Ehe er sich wieder seinen Berechnungen widmete, warf er Lilly einen durchdringenden Blick zu. »Ich wünsche meinem Bruder wirklich nichts Schlechtes, aber er sollte über seine Situation nachdenken. Kann er sich mit einer chronischen Erkrankung leisten, als Selbstständiger zu arbeiten? Was ist, wenn er immer wieder oder für längere Zeit ausfällt? Als mein Angestellter wäre er abgesichert, das sollte er nicht vergessen.«

      Lilly wusste, dass Robert damit nicht ganz unrecht hatte, aber sein herablassender Tonfall ärgerte sie. »Tu nicht so, als sei Daniel invalide«, sagte sie ärgerlich. »Informiere dich lieber über das Hashimoto Syndrom, dann weißt du, worum es geht.«

      »Sehr wohl, Frau Doktor«,