Tod in der Hasenheide. Connie Roters. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Connie Roters
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783863270667
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      Die Schritte und die Stimme entfernten sich langsam.

      Sie hörte den Mann noch einmal schwach rufen, dann kam die Stimme plötzlich von der Seite wieder näher.

      »He, bleiben Sie stehen. Polizei.«

      Unbeirrt rannte sie weiter, noch schneller und stolperte. Sie f iel hart, ein reißender Schmerz in ihrem Fuß. Kurz danach hatte der Uniformierte sie erreicht und sah auf sie herab. Während sie versuchte aufzustehen, erschien ein zweiter. Die beiden halfen ihr hoch und hielten ihre Oberarme fest umschlossen.

      Cosma wehrte sich, wollte weg. Die Polizisten verstärkten den Grif f und drehten ihr den Arm auf den Rücken. Sie schrie auf und hielt still.

      »Was machen wir mit ihr?«, fragte der eine.

      »Wir halten sie fest, bis die Kripo kommt.«

      »Hast du angerufen?«

      Der Polizist nickte. »Und wo warst du in der Zeit?«

      »Pinkeln.«

      »Draußen?«

      »Na klar, denkst du, ich pisse neben eine Leiche!«

      »Mist. Und ausgerechnet dann rennt sie in den Tunnel.« Er betrachtete Cosma.

      »Wenn Sie aufhören, hier so rumzuzappeln, können wir den Grif f lockern«, sagte er.

      Cosma nickte. Die beiden ließen den verdrehten Arm los und packten sie wieder an den Oberarmen.

      Eine heftige Böe ließ sie frösteln, es goss wie aus Eimern.

      »Können wir uns nicht irgendwo unterstellen?«, fragte sie.

      Der Polizist schüttelte den Kopf und grif f nach seinem Handy.

      Sein Kollege nickte bedauernd.

      Cosma spürte, wie ihr der kalte Regen den Rücken herunterrann und in der Jogginghose verschwand. Es fühlte sich an,als ob sie in die Hose gemacht hätte. Sie versuchte, ihre Arme zu bewegen, und trat einen der Polizisten gegen das Schienbein. Blitzschnell lockerte er den Grif f und verdrehte ihr den Arm wieder auf den Rücken.

      Sie schrie auf und verharrte bewegungslos in der gebückten Stellung. Kurz danach sah sie aus den Augenwinkeln einen weiteren Mann auf sich zurennen. Er war groß und trug Zivil. Außer Atem stützte er sich auf seine Oberschenkel. Dann zog er eine Plastikkarte aus der Hosentasche und stellte sich den Beamten vor.

      »Breschnow, Mordkommission.«

      Die zwei Uniformierten taten dasselbe.

      »Schmidt«, sagte der eine und »Schulze« der andere.

      Wider Willen musste sie schmunzeln. Schmidt und Schulze, tolles Paar.

      Aber das Paar hielt sie eisern fest. Breschnows Blick streifte sie prüfend, bevor er den beiden ein Zeichen gab, den verdrehten Arm freizugeben. Sie taten es und grif fen wieder nach ihren Oberarmen.

      »Habt ihr uns gerufen?«

      Schmidt nickte.

      »Es gab einen anonymen Anruf, dass im Tunnel eine Leiche liegt, und wir waren mit der Streife am nächsten dran.«

      »Und?«

      »Im Tunnel liegt ein Mann in einer Blutlache«, antwortete Schmidt leise.

      Breschnow sah, dass er blass wurde.

      »Und sie?«

      Er deutete mit dem Kopf auf Cosma.

      »Stand im Tunnel. Direkt neben der Leiche.«

      »Und ist abgehauen, als ich ihr zugerufen habe«, ergänzte Schulze.

      Cosma machte wütend auf sich aufmerksam.

      »Hallo, ich bin auch noch hier! Lassen Sie mich endlich los!« Als sie versuchte, sich frei zu strampeln, verstärkten die Uniformierten wieder ihren Grif f.

      »Was soll das eigentlich alles?«

      Der zerknitterte Zivile machte einen Schritt auf sie zu. Sie wollte ausweichen, doch er grif f langsam nach ihren Ohren und zog ihr die Kopfhörer heraus.

      »Vielleicht will ich wissen, warum Sie bei dem toten Mann im Tunnel standen?«, antwortete er sehr ruhig und sehr deutlich.

      Sie rümpfte die Nase. Der Mann stank nach Schweiß, kaltem Rauch und Schnaps. Und er musterte wie nebenbei das Tattoo auf ihrer linken Gesichtshälfte.

      Ursprünglich war es ein Geschenk ihrer Schwester. Margareta hatte an ihrem vorletzten Geburtstag unangemeldet vor ihrer Tür gestanden und von einer Überraschung gesprochen. Cosma war ihr kreuz und quer durch die Stadt gefolgt, und als sie die Spannung fast nicht mehr aushielt, hatte ihre Schwester sie endlich in ein kleines Tattoo-Studio geführt. Zunächst war es ihr schwergefallen, ein Motiv auszuwählen, doch dann entschied sie sich für eine kleine grünbraune Echse, die sich von dem Wangenknochen bis hoch zur Schläfe zog. Margareta hatte sofort angefangen zu protestieren. Nicht im Gesicht, hatte sie immer wieder gesagt und schließlich wutentbrannt das Studio verlassen.

      Cosma starrte den Kriminalen trotzig an.

      »Warum ich im Tunnel stand, wollen Sie wissen? Solange ich hier wie eine Schwerverbrecherin festgehalten werde, erzähle ich Ihnen das ganz bestimmt nicht!«

      Mittlerweile hatte der Regen ihre Kleidung völlig durchnässt und sie fror. Sie sehnte sich nach ihrer Wohnung und einem heißen Bad. Der Grif f der Polizisten tat weh, und dieser Breschnow war ihr unsympathisch. Er sah aus, als ob er drei Tage durchgesof fen und die Nächte auf einer Parkbank verbracht hatte. Seine Kleidung war genauso verknittert wie sein Gesicht. Aber sein Blick war klar und wach. Die grünen Augen strahlten eine Lebendigkeit aus, die so gar nicht zu diesem verlebten Gesamteindruck passen wollte. Sie starrte ihn an, bis er den Kopf etwas zur Seite drehte und sie ansah.

      »Ich lasse Sie nach Hause fahren, damit Sie sich umziehen können. Danach kommen Sie aufs Revier. Sie sind eine wichtige Zeugin.«

      Cosmas Blick wurde durch vier weitere Beamte abgelenkt, die zügig auf sie zukamen.

      »Hallo Breschnow. Da sind wir«, sagte eine kleine mollige Frau, schob sich die Kapuze aus dem Gesicht und sah Cosma neugierig an. Auf ihrem Overall stand Gerichtsmedizin, auf denen der drei anderen Spurensicherung. Nach der allgemeinen Begrüßung folgten die Erklärungen und Anweisungen von Breschnow. Es schien, als hätte er sie völlig vergessen, während er in forschem Ton die Lage erklärte und dabei mit Armen und Händen gestikulierte.

      »Sperrt den Tatort ab und durchkämmt das gesamte Gebiet um den Tunnel herum. Zur Not holt euch Unterstützung. Soviel ich sehen konnte, ist die Leiche noch frisch.«

      Aus den Augenwinkeln beobachtete Cosma, wie eine Frau mit krausen schwarzen Haaren und kaffeebrauner Haut und ein sehr blasser, glatzköpf iger Mann in Zivil auf sie zukamen.

      »Guten Morgen«, grüßte die Polizistin in die Runde. »Ist sie das?«

      Sie sah Cosma prüfend an, als wolle sie feststellen, welche Gefahr von ihr ausging.

      Breschnow nickte.

      »Stellt die Personalien fest, fahrt sie nach Hause, damit sie sich umziehen kann, und bringt sie anschließend aufs Revier. Beeilt euch und kommt danach sofort wieder her und befragt alles, was sich im Park bewegt. Ich habe noch zwei zusätzliche Kräfte angefordert. Aber am Sonntagmorgen …«

      Er zuckte mit den Schultern, trat einige Schritte zur Seite und winkte seine Kollegin zu sich.

      »Die Streife hat die Frau direkt neben der Leiche entdeckt, und sie ist weggerannt, als sich die Kollegen als Polizisten zu erkennen gaben. Der Mann ist noch nicht lange tot, es kann also sein, dass sie etwas damit zu tun hat. Passt gut auf sie auf, Delego.«

      »Wieso hat die Streife sie in den Tunnel gelassen?«

      »Weiß ich noch nicht«, antwortete Breschnow und ging zurück zu der kleinen Gruppe.

      Delego folgte ihm, zog die