Da wir uns lieben. Marie Louise Fischer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marie Louise Fischer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788711718445
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aufzuklappen, richtete sich jäh auf. »Rosy, das ist doch nicht dein Ernst?!«

      »Egon liebt mich nicht mehr!«

      »Das bildest du dir nur ein!« Rosys Gesicht verschloß sich, als sei eine Jalousie heruntergelassen worden. »Jetzt erzähl mal … wie kommst du denn darauf?« fragte Sabine. Aber ihre Schwägerin antwortete nicht. Sabine hatte den Stuhl aufgeklappt und prüfte, ob er sicher stand. »Jeder weiß, daß Egon dich vergöttert«, sagte sie. »Komm, leg dich hier hinein, das ist bequemer!« Sie stellte einen zweiten Liegestuhl daneben auf.

      Rosy folgte ihrer Aufforderung erst, als Sabine sie bei der Hand nahm. »Hat es Streit zwischen euch gegeben?« forschte Sabine. Rosy schüttelte stumm den Kopf. »Du willst mir nichts erzählen?«

      »Vielleicht steckst du ja auch dahinter!«

      »Ich?! Wie kommst du darauf? Hinter was soll ich stecken?«

      »Du hast mit Egon geflüstert, als ihr vorhin in den Garten kamt.«

      »Ja, das stimmt. Aber nicht über dich. Es ging um Ilonas Verlobung. Glaubst du mir nicht?«

      Rosy rang die mageren Hände. »Ich weiß es nicht«, stieß sie tonlos hervor, »ich weiß überhaupt nicht mehr, was ich glauben soll. Manchmal spüre ich sie ganz deutlich …«

      »Wen …? Was?«

      »Die bösen Kräfte. Ich kann es nicht anders nennen. Böse Kräfte, die mir was antun wollen.«

      »Das ist doch alles Quatsch, Rosy«, sagte Sabine verblüfft, »jetzt hör bloß auf, dich interessant zu machen. Böse Kräfte, so ein Unsinn!«

      Rosy hatte sich im Liegestuhl zurückgelehnt, ihr blumengeschmückter Strohhut war schiefgerutscht, aber sie achtete nicht darauf. »Ich kann es nicht erklären. Frag Egon, er beherrscht sie. Er läßt sie auf mich los. Er kann sie aber auch wieder fortscheuchen. Er hat mich in seiner Gewalt.«

      »Solange man in einen Mann verliebt ist, hat er einen immer in der Gewalt.« Sabine rollte ihre Strümpfe, die sie trotz der sommerlichen Hitze für den Besuch bei Zinners angezogen hatte, herunter. »Du bist doch in ihn verliebt, nicht wahr?«

      »Ich weiß es nicht.«

      »Doch, du bist verliebt, und du hast Angst, daß er dir entgleitet. Deshalb das ganze Theater. Aber wenn du meinen Rat hören willst: du solltest lieber vernünftig essen, anstatt verrückt zu spielen, du bist ja zaundürr geworden.«

      »Ich mag nicht.«

      Sabine hatte die Strümpfe ausgezogen und streckte sich im Liegestuhl aus. »Eine Weile wirst du Egon mit deinem Theater noch in Atem halten können!« Sie verschränkte die Arme unter dem Kopf. »Aber mal kommt der Punkt, wo er seine Ruhe haben möchte. Dann kann es passieren, daß er dich wirklich lossein will. Es ist ein gefährliches Spiel, was du da treibst. Hoffentlich weißt du es wenigstens.«

      Rosy hob den Kopf und lauschte; aus dem Garten zur Rechten klang Radiomusik in voller Lautstärke herüber, aus dem zur Linken der Lärm fröhlicher, beschwipster Stimmen. »Wo sind die Jungens?«

      »Ach, mach dir um die keine Sorgen«, sagte Sabine, »Sven paßt schon auf.« Aufseufzend legte Rosy sich wieder zurück. »Und jetzt werde ich dir von Ilonas Verlobung und unserem Besuch bei Zinners erzählen», versuchte Sabine sie abzulenken, »paß auf, das wird dich auf andere Gedanken bringen …«

      Arnold Miller und sein Schwager Egon Kasparek saßen sich in den bequemen, schon reichlich abgewetzten Polstersesseln des Wohnzimmers gegenüber, einem nahezu quadratischen Raum, der, wie das Bad und das Schlafzimmer, zur Straße hin gelegen war. Das Haus war so gebaut, daß beide Stockwerke einen in sich abgeschlossenen Wohnkomplex bildeten und somit der erste Stock, wenn die Kinder erst einmal aus dem Haus sein würden, vermietet werden konnte.

      »Hast du … zufällig eine Zigarette im Haus?« Egon rutschte auf der Vorderkante des Sessels herum.

      »Ich dachte, du hättest das Rauchen aufgesteckt?«

      »Hatte ich auch, aber in den letzten Wochen ist … nun eben … allerhand auf mich zugekommen, und wie es so ist, da greift man unwillkürlich wieder zur Zigarette.«

      »Das finde ich aber ganz schlecht.«

      »Ich ja auch. Ich werde es mir auch bestimmt wieder abgewöhnen, wenn erst …« Er stockte.

      »Einen Kognak kann ich dir anbieten, wenn dir damit geholfen ist.« Arnold stand auf. »Einen deutschen natürlich … und auch das könnte ich mir nicht leisten, wenn ich nicht einen Verwandten im Supermarkt hätte.«

      Egon lachte pflichtgemäß über den mageren Scherz. Arnold öffnete die Flasche, stellte zwei bauchige Gläser auf den Tisch und schenkte ein. »Na, dann Prost!«

      »Prost!« Egon legte den Kopf zurück und schüttete sich den Inhalt des Glases durch die Kehle; danach bekam sein weißes Gesicht ein wenig Farbe. »Du, Arnold, ich stecke in einer furchtbaren Klemme«, stieß er heiser hervor.

      Sein Schwager schenkte nach und setzte sich. »Schon wieder mal.«

      »Ich … es ist wahr, ich habe euch in den vergangenen Jahren einige Sorgen gemacht, einfach weil«, stotterte Egon, »ich dachte immer, es müßte irgendeinen Beruf geben, bei dem einem die Arbeit Spaß macht und man schnell vorwärtskommt. Heute weiß ich natürlich, daß das falsch war. Auf die Dauer wird jede Arbeit … nun eben … fad, und was das Vorwärtskommen betrifft …«

      Arnold wurde es bewußt, daß er sich an der Verlegenheit seines Schwagers und an dem eigenen Gefühl der Überlegenheit weidete, gerade weil er sich mit der kläglichen Position, die er den Eltern seines künftigen Schwiegersohns gegenüber einnahm, noch nicht abgefunden hatte. »Hör schon auf«, sagte er barsch, »du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Es ist ja auch noch gar nicht heraus, ob ich es so viel besser gemacht habe als du. Meine Karriere ist ja, nach zwanzig Jahren in der gleichen Firma, auch nicht gerade berauschend.«

      »Du hast das Haus …«

      »Sag lieber: ich darf drin wohnen. Im Grunde genommen gehört es zum größten Teil der Bausparkasse und der Bank.«

      »Du könntest keine Hypothek drauf nehmen?«

      »Woher denn? Jeder Ziegel ist schon belastet.« Arnold legte die Stirn in Falten. »Fragst du das aus einem bestimmten Grund?«

      »Ja, Arnold. Glaub mir, ich würde mich nicht an dich wenden, wenn ich nicht alles andere schon probiert hätte. Kleinere Beträge kann ich jederzeit mit Leichtigkeit auftreiben. Aber diesmal handelt es sich um eine Riesensumme.«

      »Wieviel?«

      »Vierundfünfzig Mille.«

      »Du bist verrückt!«

      »Ich will sie ja nicht geschenkt, sondern nur geliehen … für ein paar Tage … höchstens zwei Wochen!«

      »Warum wendest du dich dann nicht an eine Bank?«

      »Ich habe doch keine Sicherheiten zu bieten, und gerade deshalb dachte ich … ihr habt das Haus …«

      »Das nutzt nichts.« Arnold nahm die dunkel gefaßte Brille ab und rieb mit einem Papiertaschentuch an den Gläsern herum. »Tut mir leid, Egon, ich kann dir wirklich nicht helfen.«

      »Du bist meine letzte Hoffnung.«

      Arnold setzte sich die Brille wieder auf. »Es hat keinen Zweck, Egon. Um ehrlich zu sein: ich bin nicht sicher, ob ich dir sechzigtausend Mark geben würde, wenn ich sie hätte …«

      »Fünfzig würden genügen … das andere kann ich mir von Freunden beschaffen!«

      »Wenn ich sie hätte«, wiederholte Arnold, »aber ich habe sie nicht und kann sie auch nicht auftreiben.«

      »Und wenn du dich an die Zinners wenden würdest?«

      »Würden sie höchstens Ilona fallenlassen wie eine heiße Kartoffel. Anpumpen kann man die nicht. Ausgeschlossen.«

      »Aber