Da wir uns lieben. Marie Louise Fischer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marie Louise Fischer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788711718445
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      Ihr wurde flau bei der Vorstellung, daß eine Detektei ihr Vorleben und das ihrer Familie unter die Lupe genommen hatte, offenbar längst bevor Oswald sich zur Verlobung entschlossen hatte. Trotzdem sagte sie: »Natürlich nicht.« Ihr Mund war sehr trocken; sie trank durstig ihr Glas leer.

      »Na, seht ihr, ich wußte es ja.« Oswald Zinner senior schlug sich klatschend auf das Knie. »Du brauchst gar nicht die Stirn zu runzeln, Junge, natürlich hätten wir uns nie in deine Privatangelegenheiten gemischt. Aber man möchte doch wissen, mit wem man es zu tun hat.«

      »Das wißt ihr nun also.« Oswald machte keinen Versuch, seine Verärgerung zu kaschieren. »Wozu dann diese Fragerei?«

      Sein Vater gab sich völlig unbekümmert. »Wir sind doch zusammengekommen, um miteinander zu plaudern … oder etwa nicht? Es interessiert mich einfach, warum deine Ilona kein Abitur gemacht hat. Ihre Zeugnisse waren doch tadellos.«

      Oswald stand auf. »Auch das weißt du?«

      »Aber sicher. Auch du wirst eines Tages den Wert guter Informationen schätzenlernen.«

      Ilona ließ sich das leere Glas von Oswald aus der Hand nehmen. »Ihre Frage ist sehr leicht zu beantworten, Herr Zinner«, sagte sie, »ich meine: Papa. Es wird dir nicht entgangen sein, daß ich drei Brüder habe. Damals hatte sich schon herausgestellt, daß Knut Arzt werden wollte. Torsten war auf der Kunstakademie angekommen. Für ein Studium hätte ich keine finanzielle Unterstützung meiner Eltern erwarten können, und so versessen darauf, Akademikerin zu werden, daß ich mich hätte für ein Stipendium abrackern und in alten Fetzen herumlaufen mögen, war ich nun doch nicht.«

      »Intellektuelle Frauen sind eine Pest«, erklärte Helen Zinner träumerisch und drückte ihre Zigarette aus.

      »Als Ausgleich für die entgangene Ausbildung«, sagte Ilona, und ihre Stimme verriet einen leichten Anflug von Stolz, »hat mein Vater eine Aussteuerversicherung für mich abgeschlossen.«

      »Na, prachtvoll!« Oswald Zinner senior lachte dröhnend. »Da machst du ja eine gute Partie, mein Sohn!«

      Ilona warf die schwarze Mähne in den Nacken. »Meine Eltern haben für uns getan, was sie konnten!«

      Oswald, der ihr das frisch gefüllte Glas brachte, gab ihr ein Zeichen, sich nicht aufzuregen. »Du bist heute wieder mal ausgesprochen witzig, Papa.«

      »Na, was denn … habt ihr keinen Funken Humor? Ich wollte dich doch nicht beleidigen, Ilona … weder dich noch deine Eltern. Aber daß du als Braut eines Oswald Zinner junior keine Aussteuer brauchst, versteht sich wohl am Rande. Laß dir das Geld auszahlen und kauf dir einen Pelz dafür … wenn es nicht reicht, lege ich was drauf!«

      Ilona hatte das Gefühl, daß sie eigentlich hätte glücklich sein müssen, tatsächlich aber war sie den Tränen nah. Sie hatte miterlebt, wie schwer es ihren Eltern gefallen war, sich die monatliche Zahlung für ihre Aussteuerversicherung abzuknapsen – und nun bedeutete sie gar nichts.

      Helen Zinner verstand ihre kurze Verdüsterung falsch. »Natürlich wird es nicht bei dem einen Pelz bleiben«, sagte sie leichthin und zündete sich, ohne ihrem Sohn Gelegenheit zu geben, sich als Kavalier zu erweisen, eine zweite Zigarette an, »wir beide werden tüchtig zusammen shopping gehen, das wird wunderbar werden, ich freue mich schon darauf. Wir sollten nicht zu lange damit warten. Jetzt ist es noch zu heiß … aber wie wäre es mit Anfang September? Wir hätten zwar Platz genug für dich in unserem Münchner Haus, aber es wäre uns doch angenehmer, wenn wir dich im Hotel einquartierten.«

      Oswald lächelte Ilona aufmunternd zu. »Einkaufen ist Mutschkas große Leidenschaft. Du tust ihr einen richtigen Gefallen, wenn du dich opferst.«

      »Aber ich kann doch nicht einfach weg«, sagte Ilona, »ich arbeite doch noch.«

      »Ach ja, bei den Zeltner-Werken«, sagte Oswald Zinner senior.

      »Hast du denn da noch nicht gekündigt?« fragte Frau Zinner erstaunt.

      »Nein.«

      »Aber wieso denn nicht?«

      Oswald schaltete sich ein. »Das kann ich dir erklären, Mutschka … Ilona traut mir nicht.«

      »Das ist nicht wahr!« protestierte sie.

      »Jedenfalls nicht ganz«, beharrte er.

      »Nun, immerhin!« Helen Zinner drehte spielerisch an ihren goldenen Armbändern. »Eine gewisse Vorsicht ist dir gegenüber vielleicht nicht einmal ganz unangebracht.«

      »Wie kannst du so etwas sagen!« Er sprang auf. »Schön und gut, ich hatte eine Menge Weibergeschichten! Aber ich habe bisher doch nie auch nur erwogen, eine feste Bindung einzugehen!«

      Oswald Zinner senior beobachtete ihn blinzelnd. »Und was besagt das?«

      »Daß es mir ganz ernst ist.«

      »Dann«, sagte Helen Zinner und blies den Rauch durch die Nase, »wäre ja wohl eine offizielle Verlobung das Gegebene.«

      Auf diesen Vorschlag waren die jungen Leute nicht gefaßt gewesen. Eine kurze Stille entstand, in der der Satz eine immer schwerere Bedeutung zu gewinnen schien. Ilona blickte Oswald an, als könne er ihr die richtige Antwort suggerieren. »Aber so etwas ist doch heutzutage … überholt«, sagte sie endlich hilflos.

      »Kann ich durchaus nicht finden«, sagte Oswald Zinner senior, »in unseren Kreisen jedenfalls nicht.«

      Ilona zuckte zusammen. Helen Zinner hab die Hand mit den klirrenden Armbändern. »In Riesberg auch nicht. Ich möchte so sagen: eine offizielle Verlobung ist kein absolutes gesellschaftliches Muß mehr, aber doch immer noch eine hübsche Arabeske.«

      »Wir wollten die Angelegenheit ohne jedes Tamtam über die Bühne bringen!« Oswald trat an die Kühlbox, öffnete das Seitenfach, holte eine Flasche Whisky heraus und tat sich einen tüchtigen Schuß in den Rest seines Zitronenwassers. »Du auch, Ilo?« Sie schüttelte den Kopf.

      »Wann habt ihr denn vor zu heiraten?« fragte Helen Zinner.

      »So bald wie möglich.«

      »Genauer, bitte«, forderte Oswald Zinner senior.

      Oswald trank einen Schluck, bevor er antwortete. »Sobald die Wohnungsfrage geklärt ist.«

      Helen Zinner richtete sich auf. »Wir könnten euch die obere Etage …«

      »Nein.« Oswald fiel ihr ins Wort. »Das ist sehr lieb von dir, Mutschka, aber … danke, nein. Ich möchte mein Eheleben in … na, sagen wir … neutraler Umgebung beginnen.«

      »Aber für deinen Vater und mich ist unser Münchner Haus doch viel zu groß und …«

      Jetzt war es ihr Mann, der sie unterbrach. »Das, Helen, ist unser Problem. Es gehört nicht hierher. Oswald möchte für sich und seine junge Frau eine eigene Wohnung, fern aller elterlichen Einmischung, mieten oder kaufen. Das ist verständlich und durchaus akzeptabel. Das Ziel dürfte alles in allem mit dem Einrichten, meine ich, in nicht mehr als drei Monaten zu erreichen sein, wenn man die Sache energisch anpackt … sind wir uns soweit einig?«

      »Ja«, sagte sein Sohn.

      »Aber nur, wenn Ilona jetzt kündigt«, gab Helen Zinner zu bedenken, »denn dann kann sie sich immerhin ab Oktober um die Einrichtung kümmern.« Sie wandte sich ihrer künftigen Schwiegertochter zu. »Ich will mich gewiß nicht aufdrängen, aber wenn du dabei einen Rat brauchst …« Sie fing einen Blick ihres Sohnes auf und verzichtete darauf, den Satz zu beenden.

      »Erweitern wir den Spielraum«, schlug Oswald Zinner senior vor, »und setzen wir den Termin auf den 24. Dezember fest, dadurch entgehst du auch der Gefahr, Junge, jemals deinen eigenen Hochzeitstag zu vergessen.« Er lachte wohlgefällig über seinen eigenen Witz. »Das paßt wunderbar … und anschließend fahrt ihr in die Flitterwochen … Kanada oder die Bermudas, würde ich vorschlagen.«

      »Das entspricht etwa meinen eigenen Vorstellungen«, sagte der Junior.

      Ilona