Vor allen anderen jedoch war es der dänische König, der immense Reichtümer anhäufte, was ihn von den haushaltspolitischen Zwängen, die seine europäischen Standesgenossen immer wieder zu Kompromissen zwangen, weitgehend befreite.135 Hauptsächliche – und strategisch sensibelste – Quelle für die königlichen Einkünfte war der Sundzoll, eine Abgabe, die ausländische Schiffe bei der Durchfahrt durch den Öresund zu entrichten hatten. Dänemark kontrollierte alle drei Passagen zwischen Nord- und Ostsee: Zwei weniger befahrene Routen verliefen zwischen den Inseln Seeland und Fünen vor der jütländischen Küste hindurch; der breite Öresund zwischen Seeland und der Küste Schonens war die einzig praktikable Route für größere Schiffe. Der Ostseehandel blühte, angetrieben durch die symbiotische Entwicklung von westeuropäischer Bevölkerung auf der einen und osteuropäischer Gutswirtschaft auf der anderen Seite. Neben Getreide (vor allem Gerste) produzierte die Region auch Bau- und Nutzholz, Pech und Teer, Hanf (für Seile), Kupfer und andere wichtige Produkte für den Bedarf der Seefahrt, die folglich alle Seefahrernationen einkaufen mussten. Allein im Jahr 1583 passierten annähernd 5400 Schiffe den Sund, dreimal so viele wie noch 50 Jahre zuvor. In Helsingør, wo an der engsten Stelle des Sundes der Sundzoll erhoben wurde, bildete sich mit der Zeit ein immer ausgefeilteres Abgabensystem heraus, das auf Wert und Gewicht der gehandelten Ware beruhte. Weitere Zollstellen wurden in Nordnorwegen eingerichtet, um auch von der Alternativroute nach Russland über Murmansk profitieren zu können. Zwischen 1560 und 1608 verzehnfachten sich die jährlichen Zolleinnahmen und beliefen sich schließlich auf 241 000 Reichstaler. Der wahre Wert dieses Zollsystems für den König lag jedoch darin, dass es ihm eine unabhängige Einkommensquelle eröffnete, weil die Erträge nicht etwa in die Staatskasse flossen, sondern direkt in die Schatzkammern der Krone.136 Die Zölle am Sund und im Nordmeer stärkten zudem den internationalen Einfluss des dänischen Königs, konnte er doch Verbündete mit günstigeren Zöllen belohnen, was im hart umkämpften Seehandel mitunter entscheidend war.
Ähnlich dem spanischen Silber überdeckten die dänischen Zölle tiefer liegende Probleme wirtschaftlicher und fiskalischer Natur. Die daraus resultierenden Schwächen traten jedoch erst nach dem Eintritt des Landes in den Dreißigjährigen Krieg zutage. Denn Dänemark mochte die Zollstationen besitzen, den Handel kontrollierte es nicht. Mehr als die Hälfte der Schiffe, die den Sund passierten, segelte unter niederländischer Flagge; die übrigen kamen meist aus englischen oder deutschen Häfen. Der dänische Beitrag zum Ostseehandel beschränkte sich auf die Erzeugung gewisser Mengen an Holz und Getreide für den Export, dazu kamen die Erträge der norwegischen Hochseefischerei. Dänemark blieb somit ein „Domänenstaat“, das heißt, die dänische Krone blieb zutiefst abhängig von den Erträgen der Krondomänen, die 1608 ganze 67 Prozent der königlichen Einnahmen ausmachten. Die Domänenwirtschaft beruhte auf Tauschhandel, denn anstelle von Geldzahlungen entrichteten die Kronpächter ihren Zins in Form von Naturalien. Zu einem großen Teil wurden diese Erzeugnisse dann entweder vom Königshof verbraucht oder als Vergütung an die Amtleute der königlichen Verwaltung weitergereicht, deren Bezahlung in Geld noch nicht allgemein üblich war. Was übrig blieb, wurde auf dem freien Markt verkauft; der Erlös floss in die königliche Schatulle.
Der Wunsch der dänischen Krone, sich von der Kontrolle durch den Adel frei zu machen, führte mittelfristig dazu, dass die Könige den Reichsrat und dessen Steuerbewilligungsrecht möglichst umgingen. Tatsächlich wurden Steuern nur als Notlösung erhoben, so während des Nordischen Krieges der Jahre 1563–70 und im Anschluss bis 1590, um die Kriegsschulden zu begleichen. Dieselbe Strategie kam beim Krieg der Jahre 1611–13 zum Einsatz – offenbar mit Erfolg, denn sie erzeugte eine optimistische Stimmung im ganzen Land, die aufgrund des fortgesetzten Wirtschaftsbooms in Dänemark bis 1640 anhielt, länger als irgendwo sonst in Europa. Die Einkünfte aus der Krondomäne stiegen weiter an und erzeugten ab 1615 regelmäßig einen Überschuss von mehr als 200 000 Reichstalern im Jahr. Obgleich er enorme Summen in die Kriegsrüstung investierte, konnte Christian IV. Barreserven in Höhe von mindestens einer Million Reichstalern horten, was ihn zur drittreichsten Einzelperson in Europa machte, nach Herzog Maximilian von Bayern, dessen Vermögen dem Vernehmen nach zehn Millionen Gulden betrug, und Christians eigener Mutter, Sophie von Mecklenburg, die bei ihrem Tod 1631 den Erben 2,8 Millionen Reichstaler hinterließ. Die dänische Krone war somit in der – für eine frühneuzeitliche Monarchie – ungewöhnlichen Position, als Gläubiger auftreten zu können und nicht als Schuldner. Der König investierte 432 000 Reichstaler in seine eigene Ostindienkompanie, die in Tranquebar an der Koromandelküste, im Südosten des Indischen Subkontinents, eine kleine Kolonie errichtete. Außerdem subventionierte Christian die dänische Walfangflotte, damit diese ihre niederländischen und britischen Konkurrenten aus dem Wettbewerb drängen konnte, förderte den Islandhandel und ließ in Kopenhagen eine Seidenmanufaktur einrichten. Dazu kamen noch etliche weitere Unternehmungen, die sowohl das Ansehen Dänemarks in der Welt mehren als auch den realwirtschaftlichen Aufschwung stärken sollten. Um 1605 war Christian zum Bankier und Geldgeber des dänischen Adels geworden und gewährte diesem weitere Kredite, als die Gutswirtschaft 1618–23 zeitweilig in die Krise geriet. Auf politischer Ebene zahlte sich dieses Vorgehen aus, weil es die Adligen davon abhielt, allzu laute Kritik an den Entscheidungen ihres Königs zu äußern. Internationale Kredite ergänzten derweil die bereits erwähnten Zollermäßigungen und gewannen Christian zahlreiche Verbündete im Ausland. Allerdings war dieser Reichtum trügerisch. Er verschaffte der dänischen Krone zwar die Mittel (und auch das Selbstvertrauen), sich in internationale Abenteuer zu stürzen. Zugleich verschleierte er aber, wie instabil das fiskalische Fundament der dänischen Großmachtpolitik tatsächlich war. Die Einnahmen aus Zöllen und Getreideexporten brachen ein, wenn ein begonnener Krieg nicht sofort zum Erfolg führte – insbesondere da Schweden, der häufigste Kriegsgegner, bestens positioniert war, um beide Geldquellen zum Versiegen zu bringen. Und wenn dann die Reserven erst einmal aufgebraucht waren, stand dem dänischen König nur noch seine relativ unflexible Binnenwirtschaft zur Verfügung, der es noch dazu an dem Steuersystem mangelte, das sie überhaupt erst profitabel gemacht hätte.
Den Löwenanteil der dänischen Kroneinkünfte verschlang das Militär. Seine großen Geldreserven verliehen dem König von Dänemark ein formidables Erstschlagpotenzial, mit dem er binnen vergleichsweise kurzer Zeit einen großen Krieg beginnen konnte. Als Dänemark 1563 in seinen ersten Krieg gegen Schweden zog, befanden sich in dem dänischen Heer von 28 000 Mann nicht weniger als 24 000 deutsche Söldner.137 Christian IV. verschob nach 1596 den Schwerpunkt in der dänischen Rüstungspolitik, indem er sich auf den Ausbau der permanenten Verteidigungsfähigkeit seines Landes konzentrierte. Die Barreserven der dänischen Krone blieben dennoch von entscheidender Bedeutung, wenn es darum ging, bei Bedarf schnell Kampftruppen zu mobilisieren. Zwischen 1596 und 1621 floss mindestens eine Million Reichstaler in die Modernisierung und den Ausbau der dänischen Festungen. Allein zur Sicherung Schonens sowie der anderen dänischen Provinzen in Süd- und Westschweden wurden acht neue Verteidigungsanlagen errichtet, während zum Schutz Norwegens die Befestigungen bei der Stadt Christiania, dem heutigen Oslo, erweitert wurden. Auf Seeland, der größten dänischen Insel, entstanden zwei weitere Festungen, welche die Hauptstadt