Das östliche Preußen entging der Annexion durch Polen nur deshalb, weil der dort residierende Hochmeister des Deutschen Ordens, Albrecht von Brandenburg-Ansbach, zum Luthertum konvertierte, das ihm unterstehende Ordensterritorium als Herzogtum Preußen säkularisierte und 1525 der polnischen Lehnshoheit unterstellte. Albrechts Linie starb 1618 aus, nachdem sich mehrere seiner Nachkommen als geistig und körperlich labil erwiesen hatten, und das Herzogtum Preußen fiel an die Markgrafen und Kurfürsten von Brandenburg aus dem Haus Hohenzollern. Die im Baltikum verbliebenen Deutschordensritter des livländischen Ordenszweiges hatten sich in dem Gebiet nördlich von Semgallen zunächst mehr schlecht als recht allein durchgeschlagen – wie in ihren Anfangszeiten nun wieder als selbstständiger Livländischer Orden. Bereits um die Mitte des 16. Jahrhunderts gerieten sie jedoch zunehmend unter den Druck des russischen Zarenreiches. Sie riefen den römisch-deutschen Kaiser um Hilfe an, doch die Mehrheit der Reichsfürsten äußerte Zweifel daran, dass das Ordensgebiet überhaupt zum Reich gehöre. Also sahen sich die Ordensritter gezwungen, dem preußischen Beispiel zu folgen: Sie konvertierten zum Luthertum und äußerten ihre Bereitschaft, unter die Schutzherrschaft der polnischen Krone zu treten. Allerdings gelang dies nur den Rittern im südlichsten Teil des Ordensgebiets (heute im Westen Lettlands gelegen), das 1561 zum polnisch-litauischen Lehnsherzogtum Kurland wurde.142 Erik XIV. von Schweden witterte seine Chance, den restlichen Teil Livlands unter seine Herrschaft zu bringen, und ließ ein Expeditionsheer an der livländischen Küste landen. Nachdem die Schweden im Juni 1561 Reval (Tallinn) besetzt hatten, standen Schweden und Polen kurz vor einem Krieg.
Am Ende waren es die Dänen, die 1563 zu den Waffen griffen. Sie glaubten, eingreifen zu müssen, bevor ihre schwedischen Rivalen in Livland Fuß fassen konnten. Da das Vorgehen Eriks die Feindseligkeit Polens und Russlands geweckt hatte, sah Dänemark zudem die Chance, sogar Schweden selbst zurückzuerobern. Ein dänisches Heer griff Livland an, während ein zweites die bereits erwähnte, strategisch überaus bedeutsame Festung Älvsborg einnahm, was in Schweden eine Staatskrise auslöste. Herzog Johann von Finnland, der zweite Sohn Gustav Wasas und Halbbruder Eriks XIV., hatte 1562 Katharina Jagiellonica geheiratet, eine Schwester des letzten Jagiellonenkönigs, und verfügte deshalb über enge Kontakte zum polnischen Königshaus. Er verschwor sich mit seinem jüngsten Bruder und dem kleinen Kreis der schwedischen Aristokratie gegen Erik und betrieb erfolgreich dessen Absetzung, indem er den König für wahnsinnig erklären und 1568 wegsperren ließ – unter anderem wegen dessen Heirat mit einem Mädchen aus dem Volk. Johann konnte sein Land aus dem Krieg gegen Dänemark herausziehen und zahlte eine immense Lösegeldsumme für die Festung Älvsborg. Estland jedoch, den nördlichsten Teil des alten Deutschordensstaates, wollte er nicht wieder hergeben, auch wenn ihm dies ein langwieriges Kräftemessen mit Russland eintrug, das noch bis 1595 andauern sollte. Der wahre Nutznießer des dänisch-schwedischen Dreikronenkrieges war allerdings Polen, welches den Rest des livländischen Territoriums annektierte und sich auf diese Weise einen beträchtlichen Teil der südöstlichen Ostseeküste sicherte.
Obwohl Johann III. 1569 als schwedischer König anerkannt worden war, musste er seine Macht mit einem Reichsrat teilen, den der schwedische Hochadel dominierte. Die Beziehungen zwischen dem Monarchen und seinen Räten verschlechterten sich zusehends, als seine polnischen Ambitionen Johann zu einer Rücknahme der – in Schweden ohnehin nur zögerlich erfolgten – Reformation und zu einer Förderung des Katholizismus animierten. Sein Sohn Sigismund wurde, genau wie viele Schweden seiner Generation, katholisch erzogen; man bereitete ihn darauf vor, einst die Nachfolge der 1572 ausgestorbenen polnischen Jagiellonendynastie anzutreten. Diese Vorbereitungen zeitigten den gewünschten Erfolg, als der polnische Adel den schwedischen Prinzen 1587 als Sigismund III. zu seinem König machte. In Schweden allerdings wurde die Situation nach dem Tod Johanns 1592 nicht gerade einfacher, denn dessen Erbe Sigismund befand sich ja in Polen. Das eigentliche Regierungsgeschäft übernahm Gustav Wasas dritter Sohn Karl, den sein Bruder Johann zum Herzog von Södermanland erhoben hatte, um etwaigen Thronansprüchen gleich das Wasser abzugraben. Karl, in vielerlei Hinsicht der unattraktivste der drei Wasa-Brüder, schmiedete ein Komplott gegen seinen Neffen, dem er die Krone neidete, und erklärte das Luthertum 1593 offiziell zur schwedischen Staatsreligion. Als Sigismund endlich nach Schweden kam, sah er sich vor vollendete Tatsachen gestellt und wurde gedrängt, diese zu sanktionieren; bei seiner Rückkehr nach Polen, die bald erforderlich wurde, musste er überdies die schwedischen Regierungsgeschäfte in den Händen Karls zurücklassen. Die Herausbildung zweier verfeindeter Lager um den Onkel und seinen Neffen wurde durch religiöse, regionalpolitische und persönliche Faktoren begünstigt. Als Sigismund 1598 an der Spitze eines vergleichsweise kleinen polnischen Heeres nach Schweden zurückkehrte, spitzte sich die Lage endgültig zu. Im Zeichen des Luthertums scharte Karl Bürger und Bauern um sich und trieb seinen Neffen und dessen katholische Soldaten im Frühjahr 1600 aus dem Land. In diesem Zusammenhang kam es auch zum berüchtigten „Blutbad von Linköping“, bei dem fünf oppositionelle Mitglieder des Reichsrates enthauptet wurden. Die überlebenden Räte erkannten ihn 1604 als ihren König Karl IX. an. Der Krieg im weiteren Sinne war damit jedoch noch nicht zu Ende, und nach der Schlacht von Kirchholm gelang es den Polen 1605, die Schweden aus Livland zu vertreiben; selbst danach schwelte der Konflikt noch bis 1611 weiter. Die Wasa-Dynastie war nun auf Dauer in zwei verfeindete Zweige gespalten, einen katholisch-polnischen und einen lutherisch-schwedischen, und die erbitterte Feindschaft zwischen den beiden Ländern sollte bis in das 18. Jahrhundert hinein Bestand haben.
Der Bürgerkrieg ließ Schweden isoliert zurück. Die protestantischen Fürsten Europas orientierten sich lieber an Dänemark, weil sie Karl IX. als einen Usurpator und Thronräuber betrachteten – trotz seiner hervorragenden Referenzen als Verteidiger des Luthertums. Außerdem hatte Karl sich bei dem Versuch übernommen, den Handel im östlichen Ostseeraum ebenfalls unter seine Kontrolle zu bringen. Die schwedische Eroberung Estlands – und insbesondere des Hafens von Narva 1581 – hatte dem Moskauer Staat seinen einzigen direkten Zugang zur Ostsee genommen und zwang Zar Iwan IV. („den Schrecklichen“), den russischen Handel vermehrt über das Nordmeer abzuwickeln, wozu 1583 die Hafenstadt Archangelsk gegründet wurde. Karl bemühte sich daraufhin, diesen Handel zu unterbinden, indem er Lappland und die nördliche Spitze Norwegens, die Finnmark, für die schwedische Krone beanspruchte. Diese Gegenden waren zwar weitgehend unbewohnt, hatten jedoch große strategische Bedeutung, wenn Schweden wie geplant Zölle auf den Handel über das Weiße Meer erheben wollte.
Diese Bestrebungen lösten 1611 einen erneuten Krieg zwischen Dänemark und Schweden aus (den Kalmarkrieg), der im Grunde aber nur eine Wiederholung des ersten Konflikts darstellte. Wieder demonstrierte Dänemark seine militärische Überlegenheit, indem es die Festung Älvsborg und andere strategische Punkte besetzte, aber diese Überlegenheit war schon nicht mehr ganz so souverän wie beim ersten Mal, und so schlossen beide Kriegsparteien 1613 erleichtert den Frieden von Knäred. Schweden verzichtete auf seine Ansprüche in Nordnorwegen und auf die vor der estnischen Küste gelegene Insel Ösel (Saaremaa) und musste für Älvsborg wieder einmal tief in die Tasche greifen: 1616–19 wurde eine ganze Million Reichstaler als Lösegeld fällig.143
Ein König und sein Kanzler Schweden akzeptierte diese Bedingungen, weil durch den Tod Karls IX. im Oktober 1611 die Regierungsverantwortung auf dessen 17-jährigen Sohn Gustav II. Adolf übergegangen war, der jedoch nach schwedischem