FREMDE HEIMAT. Petra E. Jörns. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Petra E. Jörns
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783957658920
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Nein. Bleiben Sie hier. Es … tut mir leid, aber … Gott, ich bin so müde. Ich weiß einfach nicht weiter.«

      »Vielleicht sollten Sie mal ’ne Pause machen, Ma’m.«

      Ein Stuhl quietschte, als die Person darauf sich erhob.

      »Sie haben recht«, sagte Hayes. Es klang, als würde sie die Worte zwischen ihren Zähnen hervorquetschen.

      Der Zweifel wurde zu einem unüberwindbaren Berg. Hitze wallte in Alan auf.

      Gott, er war dieses Versteckspiel leid. Zumal Mabuto ganz offensichtlich mehr wusste als er. Es war ihm egal, was sie ihm verschwieg, ob er künftig ein Krüppel sein würde oder morgen sterben musste. Er wollte nur wissen, um was es ging, damit er sich der Sache stellen konnte.

      Als Hayes den Vorhang beiseitezog, zuckte Alan zusammen.

      »Ich werde jetzt den Tubus entfernen. Sind Sie bereit?«, fragte sie.

      Er nickte, zu überrascht, um Freude empfinden zu können.

      Hayes legte ihm eine Hand auf die Stirn und die andere um den Schlauch. »Auf mein Kommando ausatmen. Jetzt!« Bevor sie ›jetzt‹ sagte, zog sie, sodass Alan nicht dazu kam, zurückzuschrecken.

      Der Schlauch kratzte in seinem Hals. Er musste husten und beugte sich nach vorne.

      Hayes legte den Arm um seine Schultern und fixierte einen Schlauch unter Alans Nase. »Ruhig atmen«, mahnte sie mit Blick auf die Kontrollen.

      Alan gehorchte und ließ sich gegen sie sinken, bis das Gefühl der Schwäche schwand. Als sie sich räusperte, rückte er von ihr ab.

      »Spucken Sie’s aus.«

      Hayes blinzelte.

      »Wie lange noch?«

      Sie schwieg und stand langsam auf. »Maximal drei bis vier Wochen. Wenn es schlecht läuft, nur ein paar Tage.«

      Die Worte boxten Alan die Luft aus den Lungen. »Sie haben mich angelogen.«

      »Nein … ja … Herrgott!« Hayes strich sich die Haare aus der Stirn. »Ich wollte eine Simulation abwarten, um sicherzugehen …«

      »Sind Sie nun sicher?«

      »Ja, nein. Gott, machen Sie es mir doch nicht so schwer …«

      »Okay, ich höre. Erklären Sie es mir!«

      Mit gerunzelter Stirn stopfte sie die Hände in die Taschen ihres Kittels. »Das Gegengift, das Mister Benton Ihnen gegeben hat, hat zwar das Krail-on-Gift inaktiviert, indem es sich mit ihm verbunden hat. Doch meine Simulationen haben mir gezeigt, dass die Verbindung nicht dauerhaft ist. Die beiden Moleküle werden sich wieder voneinander lösen. In Folge davon wird es zu fortschreitenden Lähmungen und Muskelkrämpfen kommen, die zum Exitus führen.«

      Um Haltung bemüht biss Alan die Zähne zusammen. »Sie könnten mir mehr von dem Gegengift geben …«

      Hayes schüttelte den Kopf. »Nein. Das Gegengift ist ein inaktivierter Abkömmling des Tetanustoxins, das bei der Ablösung von dem Krail-on-Gift wieder aktiviert wird. Gebe ich Ihnen mehr davon, kann ich zwar das Krail-on-Gift wieder inaktivieren, aber dafür wird sich immer mehr von dem Tetanustoxin in ihrem Körper anreichern. Und wenn ich versuche, dessen Abbau über Proteasen zu provozieren, dann wird das Krail-on-Gift wieder frei. Das Problem ist nicht lösbar.«

      »Schön. Das war also die gute Variante. Und was geschieht mit mir, wenn es schlecht läuft.«

      Hayes rieb sich die Stirn. »Es tut mir leid. Ich …«

      »Erklären Sie mir die andere Variante!« Bevor ihm der Kragen platzte.

      Hayes ließ den Kopf hängen. »Meine Simulationen haben mir gezeigt, dass der Gift-Gegengift-Komplex nicht abgebaut werden kann und sich stattdessen in der Niere anreichert. In siebzig Prozent der Fälle kam es zu einer immunologischen Reaktion des Körpers, die zu einem Nierenversagen führte. In einem Drittel der Fälle kam es zusätzlich zu einem Leberversagen. Ich habe verschiedene Behandlungsmethoden getestet, aber keine hatte Erfolg. In den Simulationen zumindest. Es tut mir wirklich leid, aber …«

      »Warum haben Sie Mister Benton dann das Gegengift gegeben?«

      »Meine Simulation war erst abgeschlossen, als Sie mit Mister Benton zurückkehrten. Ich verspreche Ihnen, dass ich alles tun werde, was ich kann, um Sie zu retten.«

      Alan erstarrte. Hierbleiben? Das Piepen des Herzmonitors beschleunigte sich. »Und wenn ich nicht gerettet werden will? Was, wenn es mir lieber ist, schnell zu sterben, anstatt zu Tode zu siechen? Ich habe Besseres zu tun, als hier auf mein Ende zu warten.«

      Mit einem Kopfschütteln stemmte Hayes die Fäuste in die Hüften. »Sie schütten das Kind mit dem Bade aus, Mister McBride. Nur weil Sie Krankenhausaufenthalte nicht mögen, heißt das noch lange nicht, dass ich Ihnen nicht helfen kann.«

      »Sie verstehen nicht«, fauchte er. »Ich muss endlich mit der Krail-on-Frau reden, die sich an Bord befindet. Sie hat etwas vor, sonst wäre sie nicht hier. Rufen Sie Mister Mabuto! Ich muss mit ihm sprechen. Und erzählen Sie mir nicht, dass er nicht weiß, wie es um mich steht! « Mit einem Ächzen stemmte er sich in die Höhe.

      Hayes packte ihn an den Schultern. »Legen Sie sich sofort wieder hin! Sie brauchen Ruhe.«

      Das Piepen steigerte sich zu einem Crescendo.

      »Verdammt! Hören Sie auf, mich zu bemuttern. Ich muss mit Mister Mabuto sprechen. Wenn Sie ihn nicht holen, dann werde ich es eben selber tun.« Er schwang die Beine über den Rand des Bettes und wurde dabei an die Schläuche erinnert, die ihn festhielten.

      Hayes versuchte, nach seinen Händen zu greifen. »Könnten Sie mal Ihr verdammtes Machogehabe vergessen und sich wie ein vernünftiger Mensch benehmen?«

      »Verdammt! Machen Sie sie weg!«

      Zornig fegte er Hayes Hände beiseite, griff nach der Kanüle und riss sie aus seinem Arm. Blut rötete das Laken. Die Nasensonde und der Sender des Herzmonitors folgten. Das Piepen verwandelte sich in einen Pfeifton.

      Als er nach dem Blasenkatheter greifen wollte, hielt Hayes ihn zurück. »Mister McBride, kommen Sie zur Vernunft. Ich will Ihnen doch nur helfen.«

      »Indem Sie mich anlügen?«

      »Sie hirnamputierter Macho! Hören Sie mir doch zu!« Hayes schüttelte ihn.

      Er riss sich los, warf sich gegen sie, rutschte dabei von der Bettkante und fand sich plötzlich auf dem Boden wieder. Mit der Kraft der Verzweiflung versuchte er, auf die Füße zu kommen, während Hayes ihn unter den Achseln packte, um ihm dabei zu helfen.

      »Benton«, schrie sie. »Mister Benton!«

      Schritte näherten sich.

      Alan stieß Hayes von sich, verlor den Halt und stürzte auf die Knie. Plötzlich wurde er von hinten gepackt und festgehalten.

      »Lassen Sie mich los!«, schrie Alan.

      Mit roten Flecken im Gesicht sprang Hayes auf und eilte zu einem der Wandschränke. Es klirrte, als sie zwei der Flaschen umwarf. Sie ergriff eine, zog eine Spritze auf und kam damit auf Alan zu.

      Außer sich vor Zorn versuchte Alan, sich aus Bentons Griff zu winden, aber Benton verdrehte Alans Arm auf den Rücken, dass dieser vor Schmerz aufkeuchte. Alan versuchte, einen Kopfstoß anzubringen. Da legte Benton den Arm um Alans Hals und bog seinen Kopf nach hinten. Den Moment nutzte Hayes, um ihm die Injektion in den Hals zu jagen.

      »Nein«, keuchte Alan.

      Aus der Wut wurde Ohnmacht. Erstarrt lag er in Bentons Griff und wartete auf die schwarze Woge, die auf ihn zurollte.

      Hayes ging neben ihm in die Hocke und sah ihn an. »Es tut mir leid«, sagte sie.

      Alan starrte sie an, kämpfte gegen die Schwere seiner Lider. Die Angst, auf