FREMDE HEIMAT. Petra E. Jörns. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Petra E. Jörns
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783957658920
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      »Ich grüße Euch, Kass-Un Stark!«

      Alan glaubte, Spott in den gelben Augen Starks zu lesen. »Ich grüße Euch … Kass-Un McBride. Eure Verspätung ließ mich schon in dem Irrglauben, Ihr hättet den Mut verloren.«

      Alan ignorierte die Anspielung. »Es ist Zeit, über den Preis zu sprechen.«

      Die Augen des Krail-on verfinsterten sich. Seine Hand zuckte zu seinem Gürtel. Einen Moment lang zögerte er, bevor seine Haltung sich wieder entspannte. »Meinen Preis kennt Ihr. Es ist der Übliche: Euer Name, Euer Schiff und Euer Herd gehen in meinen Besitz über. Ich bin nicht bereit, darüber zu verhandeln.«

      Alan neigte den Kopf. »Das war nicht meine Absicht. Mein Preis soll ein anderer sein: Freie Durchquerung des gesamten Krail-on-Raums für mich, mein Schiff und meine Angehörigen. Nicht mehr und nicht weniger. Akzeptiert Ihr das?«

      Der Krail-on blickte kurz zu Sorai-an. Als diese den Kopf nach hinten warf, verdüsterte sich Starks Blick. »Ich akzeptiere.«

      »Das freut mich.«

      Unverhofft schlich sich ein Lächeln auf Alans Gesicht. Stark hatte sich eben verraten. Diese Sorai-an war hier diejenige, die das Sagen hatte. Oder eine andere Person, die über ihr stand. Blieb nur zu hoffen, dass die Krail-on tatsächlich so ehrenhaft waren, wie Bolden das behauptete. Dann hatten sie vielleicht eine Chance.

      »Folgt mir!«

      Als Alan, Dean und Benton Starks Aufforderung folgen wollten, mischte sich Sorai-an ein. Sie zeigte auf Bentons Tasche und schnitt mit der Hand durch die Luft.

      »Was ist?«, fragte Alan.

      »Die Tasche bleibt hier«, schnappte Stark.

      Alan gab Benton einen Wink und der Pfleger verstaute die Tasche im Shuttle direkt neben der Eingangstür. Dean sah Alan zweifelnd an, aber Alan schüttelte den Kopf. Diese Kröte war er zu schlucken gewillt.

      Stark ging voraus, Sorai-an an seiner linken Seite. Zwei der vier Krail-on folgten ihm dichtauf, während die anderen beiden warteten, bis Alan, Dean und Benton sich Stark anschlossen und die Nachhut bildeten. Die Marschordnung erweckte in Alan das Gefühl, ein Gefangener zu sein. Er presste die Lippen aufeinander, und einem Impuls folgend überholte er die beiden vorausgehenden Krail-on und schritt an Starks rechter Seite.

      Die gelben Augen zuckten in Alans Richtung und verengten sich zu Schlitzen, bevor Stark den Kopf wieder abwandte. Keiner der Krail-on protestierte. Alan wusste nicht, wie Dean und Benton auf seine Herausforderung reagiert hatten. Doch er wagte nicht, sich umzusehen, aus Angst, sich eine Blöße zu geben. So hoffte er einfach, dass sie das Richtige getan hatten. Das Schweigen der Krail-on schien dies zu bestätigen.

      Durch dunkle, nackte Gänge, an deren Wänden eine Wellenlinie entlang lief, erreichten sie bald eine zweiflügelige Tür, auf der ein mannshoher Kreis abgebildet war.

      Davor stellte sich Sorai-an ihnen in den Weg. Die Krail-as legte die Handflächen aneinander und neigte den Kopf. »Seid Ihr bereit, Euch den Regeln zu unterwerfen?«

      »Ich bin es«, antwortete Stark.

      Alan befeuchtete seine Lippen. »Ich bin es.«

      Sorai-an verneigte sich vor ihnen und trat beiseite. Sie packte die Türgriffe, lehnte sich mit ihrem ganzen Gewicht zurück, um die Türflügel zu öffnen, und machte ihnen so den Blick frei auf eine Halle, deren Wände von Krail-on gesäumt waren.

      Alan stockte der Atem. Er hatte nicht geahnt, dass es so viele Zuschauer geben würde. Aus dieser Menge zu fliehen, falls Mabuto ihnen das Zeichen geben sollte, war unmöglich. Er war gefangen. Der Blick Starks brachte ihn wieder zur Besinnung. Um Haltung bemüht, folgte er dem Krail-on in die Mitte der Halle, wo ein etwa zehn Schritte durchmessender Kreis aus einem goldglänzenden Metall in den Boden eingelassen war. So wie Bolden es beschrieben hatte.

      »Kass-Un!«, rief einer der umstehenden Krail-on. »Kass-Un!«, antworteten ihm viele Kehlen. »Kass-Un!« Die Stimmen brandeten über Alan zusammen wie eine Woge und nahmen ihm den Atem. Ihm schwindelte.

      Als Stark den Arm in die Höhe reckte, verstummte die Menge wie auf Kommando. »Die Waffen!«, rief er.

      Zwei Krail-on traten aus der Menge und brachten zwei der Waffen, die Alan in Boldens Bericht gesehen hatte. Er hoffte, dass die Balance dem einer Naginata glich. Dann hatte er eine Chance.

      Einer der beiden Krail-on ging zu Starks Begleiter und hielt ihm die Waffe entgegen. Der andere marschierte zu Dean und Benton und tat dort das Gleiche. Alan beobachtete, wie Starks Begleiter die Waffe in die Hand nahm und ihre Balance überprüfte. Dean gab sich Mühe, es ihm gleich zu tun, doch jeder Kämpfer konnte sehen, dass er noch nie eine Waffe in der Hand gehalten hatte. Dann wanderten die Waffen zurück in die Hände der beiden Krail-on und wurden dem jeweils anderen Sekundanten überbracht. So wurden die Waffen ein zweites Mal geprüft. Danach verließen die beiden Waffenüberbringer die Mitte und gesellten sich wieder zu den Zuschauern.

      Mit Blick auf Alan legte Stark die Schärpe ab und zog seine Jacke aus. Der zweite Begleiter nahm seine Kleidung entgegen, während Stark seinen Körper zur Schau stellte. Muskeln wölbten sich unter dichtem, dunklem Haar, das im Zwielicht rötlich schimmerte. Alan glaubte, Spott in Starks Augen zu erkennen, als er seinem Beispiel nicht sofort folgte.

      Ergeben in sein Schicksal gab Alan nach, zog seine Uniformjacke aus und legte sie Benton über den Arm. Der Hüne blickte ihn fragend an. Doch Alan schüttelte den Kopf. Das graue Shirt behielt er an. Egal, was Stark deswegen denken mochte.

      »Seid Ihr bereit?«, fragte Sorai-an, die zwischen die beiden Kontrahenten getreten war.

      »Ich bin es«, antwortete Stark.

      »Ich bin es«, nickte Alan.

      »So soll es sein«, sagte Sorai-an und verbeugte sich.

      »So sei es.«

      Bei Starks Worten verließ Sorai-an den Kreis und gab den Sekundanten das Zeichen, den Kontrahenten die Waffen zu überbringen.

      »Viel Glück«, raunte Dean ihm zu, während er Alan die Waffe in die Hand legte.

      Es war so weit.

      Alan befeuchtete seine Lippen und studierte Starks Stand. Die Waffe lag unerwartet gut in Alans Händen, gab ihm fast das Gefühl, ein Shinai in den Fingern zu halten. Er atmete tief durch und wartete.

      Die Sekunden verstrichen. Je länger, desto besser. Mit all seinen Sinnen beobachtete Alan seinen Gegner, suchte seine Reaktion vorauszuahnen. Starks Angriff kam nicht unerwartet. Ein Zucken der Augen verriet den Krail-on.

      Als Starks Waffe vorzuckte, war Alan schon nicht mehr an der Stelle. Er wirbelte herum und schlug aus der Drehung zu. Den Bruchteil einer Sekunde zu spät. Blut spritzte, nässte den Boden. Stark keuchte auf. Durch die Menge ging ein Raunen. Der Schlag hätte die Entscheidung bringen können.

      Der Kerl würde ihn umbringen, begriff Alan. Wenn er Stark nicht tötete, war er tot. Er konnte es sich nicht leisten zu zögern.

      Mit langen Schritten begann Stark, Alan zu umkreisen. Seine gelben Augen lauerten auf einen Fehler. Behutsam nahm Alan den Kreis auf.

      Endlich griff Stark erneut an. Alan wich aus, ließ den Hieb an seiner Waffe abgleiten und setzte nach. Doch Stark fing Alans Angriff auf, setzte Stärke gegen Geschicklichkeit. Auge in Auge standen sie sich gegenüber. Alan beendete das Kräftemessen, indem er nachgab. Doch die Energie, die dabei frei wurde, war größer, als er geglaubt hatte. Alan verlor das Gleichgewicht, taumelte.

      Im letzten Augenblick fing er sich wieder, sah den Hieb, der ihm galt und wich zurück. Nicht schnell genug, um ihm ganz zu entgehen. Schmerz durchzuckte seine Finger, als der Schaft der Waffe sie traf. Alan keuchte auf. Seine Waffe segelte über den Boden und blieb außerhalb des Kreises liegen.

      Stark warf den Kopf in den Nacken. Ein Schrei stieg aus seiner Kehle, ehe er sich Alan wieder zuwandte und ihn mit der Waffe