FREMDE HEIMAT. Petra E. Jörns. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Petra E. Jörns
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783957658920
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Kommandotafel. Sie musste sich daran festhalten, bevor sie sich hineinfallen ließ. »Rufen Sie Miss Skobzewa, damit Sie Ihren Platz einnehmen kann, Mister McBride!«

      »Ma’m, Sie sollten Doktor Hayes …«

      »Tun Sie, was ich Ihnen sage«, fauchte White.

      Alan presste die Lippen aufeinander, schloss das Schott hinter sich und schritt zu seiner Konsole. Seine Hand ballte sich schon zur Faust, um auf den Schalter der internen Schiffskommunikation zu schlagen, als Nguyens Worte ihn innehalten ließen.

      »Ein Schiff, Ma’m! Es sind die Krail-on.«

      Alan wirbelte herum. »Ma’m?« Bei dem Anblick, der sich ihm bot, blieb Alan das Wort in der Kehle stecken.

      Mit weit aufgerissenen Augen stierte White ihn an. Ihre Hände zuckten, Speichel lief aus ihrem Mund, während ihre Lippen versuchten, Worte zu formen – als riefe sie ihn um Hilfe.

      Der Moment wurde durch Nguyens Aufschrei in Stücke geschlagen. »Sie greifen uns an!«

      Mit einem Schlag kehrte Ruhe in Alan ein. Seine Faust fuhr auf den Schalter der Schiffskommunikation herab. »Arzt und leitender Offizier auf die Brücke! Notfall!«

      Alans Stimme ging im einsetzenden Alarm unter. Der Feindalarm tauchte die Brücke in rotes Licht. Alan glitt hinter seine Tastatur und hämmerte auf sie ein. Die Zahlenkolonnen änderten sich, zirkulierten. Alan gab eine Korrektur ein, noch eine. Die Zahlen beruhigten sich. Die Spuren, der auf sie zukommenden Geschosse im Displayfenster wurden nach und nach durch die Geschossabwehrphalanx eliminiert.

      »Kein Treffer«, keuchte Dean.

      Die Zahlen vergrößerten sich, uferten aus. Der Punkt im Displayfenster näherte sich, trieb einen fächerartigen Mückenschwarm vor sich her. Schweiß stand auf Alans Stirn. Seine Finger gaben Gleichungen ein, änderten Zahlen, jonglierten mit Daten.

      »Mister Nguyen! Status!«, rief er.

      Eine der Mücken kam durch. Ein Beben lief durch den Boden. Das Licht flackerte.

      »Treffer!« Das war Dean.

      Von Nguyen war nichts zu hören.

      Lieber Gott, betete Alan, bitte lass es nicht die Triebwerke sein … Er schob Zahlen von rechts nach links, änderte Bezugswerte.

      »Mister Nguyen«, schrie er. »Status, verflucht!«

      Stattdessen meldete sich erneut Dean. »Treffer, Lagerräume. Scheiße! Die schießen uns in Stücke.«

      Alan hieb auf den Schalter für die interne Kommunikation. »Leitender Offizier auf die Brücke! Commander Delacroix!«

      Die Zahlen auf seinem Monitor fluktuierten.

      Es knackte im Komm. Hayes’ Stimme ertönte. »Krankenstation an Brücke. Miss Kuosmanen ist zu ihnen unterwegs. Ich … Der Commander ist tot.«

      Das konnte nicht wahr sein! Nicht der Commander! Mit zitternden Fingern hämmerte Alan auf die Tasten, beruhigte den Zahlenfluss und betätigte wieder die interne Kommunikation.

      »Lieutenant Mabuto! Melden Sie sich! Notfall!«

      Unruhe entstand in der Zahlenkolonne. Im Displayfenster spuckte der Punkt erneut einen Mückenschwarm aus. Blind tippte Alan eine Zahlenfolge ein. Eine Mücke kam durch. Eine Erschütterung lief durch Alans Pult. Ein weiteres Mal flackerte das Licht.

      »Treffer«, schrie Dean. »Ausfall Hyperantrieb.«

      Vorbei. Damit hatten sie keine Möglichkeit mehr, zu flüchten.

      Die Zahlen vermehrten sich, wurden größer. Der Punkt im Displayfenster wendete und kam auf sie zu.

      »Feuer, Dean!« Alan wusste nicht, ob er die Worte nur gedacht oder tatsächlich ausgesprochen hatte.

      Den Bruchteil einer Sekunde herrschte Stille auf der Brücke.

      Endlich antwortete Dean mit zusammengebissenen Zähnen: »Mit Vergnügen.«

      In den Zahlen entstand Hektik. Schweiß tropfte von Alans Kinn. Seine Finger gaben Daten ein, eine Gleichung. Die Zahlenkolonne fluktuierte rhythmisch, passte sich an, beruhigte sich.

      »Treffer!«, jubelte Dean.

      Wieder pulsten die Zahlen, flauten ab.

      »Treffer!«

      »Sie rufen uns.« Nguyens Stimme war nur ein Krächzen.

      »Mister Nguyen, aktivieren Sie die Übersetzungsdatei!« Weshalb gab er eigentlich die Befehle, wunderte sich Alan. Warum nicht Dean – er war doch der Dienstältere.

      Aber weder Dean noch Nguyen protestierten.

      Auf dem Sichtschirm erschien derweil das Bild des Krail-on, den sie am Tag zuvor getroffen hatten. »Hier spricht Kass-Un Stark von Starks Klinge. Unterwerft Euch! Sonst werden wir Euch vernichten!«

      In diesem Moment stürmten Pola und Yael auf die Brücke und nahmen ihre Plätze ein.

      »Sir?« Nguyens Stimme zitterte.

      Alan begriff erst im zweiten Moment, dass ihm die Frage gegolten hatte. Er strich durch seine Haare und warf einen Blick in die Runde.

      Alle sahen ihn an.

      Erneut betätigte Alan die interne Kommunikation. »Lieutenant Mabuto! Leitender Offizier auf die Brücke! Wir brauchen Sie!«

      Das Schott ging auf. Doch es war nur Jäggi, der sich schnaufend neben Dean auf seinen Platz fallen ließ.

      Bevor sich Alan entscheiden konnte, was er tun sollte, kam Nguyen ihm zuvor. »Eine weitere Nachricht, Sir.«

      »Lassen Sie sie hören!«, antwortete Alan und richtete seine Aufmerksamkeit auf die Kommandotafel hinter ihm.

      Das bekannte Gesicht erschien. Die Augen mit den schlitzförmigen Pupillen funkelten. »Ich warne Euch ein letztes Mal! Unterwerft Euch! Dann erwäge ich, Eure Unverschämtheit zu vergeben. Ich gewähre Euch ein Mikron, um Euch zu entscheiden.«

      Das hieß, zwei Minuten Galgenfrist. Alan hieb auf den Schalter der Schiffskommunikation. Jetzt konnte sie nur noch Racek retten. »Maschinenraum an Brücke. McBride spricht. Wie sieht es bei Ihnen aus, Lieutenant Racek? Können Sie den Hyperantrieb reparieren?«

      Statt der erwarteten Reibeisenstimme von Racek antwortete eine weibliche. »Maschinenraum an Brücke. Hier spricht Petty Officer Apilanez. Mister Racek ist tot. Aber den Hyperantrieb zu reparieren, dürfte kein Problem sein. Ein paar Relais wurden überlastet, aber die können wir austauschen.«

      »Der Chief ist tot?«

      »Ja, Mister Benton war hier, aber er konnte nichts mehr für ihn tun. Bis er bei uns war, war es schon zu spät. Gift, wenn ich mich nicht irre.«

      Der Krail-on, durchzuckte es Alan. Der Mistkerl hatte sie vergiftet, alle drei! Und jetzt kam er, um sie wie eine reife Orange zu pflücken. Eine Welle der Wut durchfegte ihn. Aber nicht mit ihm! Der Bastard sollte sich an der Sydney die Finger verbrennen. Dafür würde er sorgen!

      »Wie lange werden Sie brauchen, Miss Apilanez?«

      Etwas platzte im Maschinenraum. Man hörte Apilanez kauen, ehe sie antwortete: »Anderthalb Stunden. Vielleicht nur eine.«

      »Dann fangen Sie damit an! Und beeilen Sie sich! Unser Leben hängt davon ab. McBride Ende.«

      Alan starrte auf die Kommandotafel und zerrte sein Wissen über die Krail-on in sein Bewusstsein. Zwei Dinge drängten sich nach vorne: Es regierte das Recht des Stärkeren. Meinungsverschiedenheiten wurden mit Duellen entschieden.

      »Die Zeit läuft gleich ab«, erinnerte Dean ihn.

      »Mister Mabuto?«

      Dean schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn gerufen, während du mit Miss Apilanez gesprochen hast. Keine Antwort.«