FREMDE HEIMAT. Petra E. Jörns. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Petra E. Jörns
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783957658920
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Simulationen sind noch nicht beendet, aber es würde helfen – gesetzt den Fall …« Sie verstummte.

      »Kann man es im Voraus verabreichen«, fragte Mabuto.

      »Nein, Sir.« Hayes seufzte. »Das wäre tödlich. Man kann es erst einsetzen, wenn sich Symptome zeigen, wie Ausfall von Sinnesorganen und fortschreitende Lähmungen. Aber dann sollte es rasch verabreicht werden, ehe der Exitus durch Atemlähmung und Herzstillstand einsetzt. Die Dosierung wäre eigentlich abhängig von der Menge des Gifts, das verabreicht wurde. Ich würde daher in kleinen Dosen vorgehen, bis sich eine … chrm … Besserung zeigt.«

      »Sie meinen also, es würde helfen?« Alan war flau.

      Hayes nickte. »Ja. Davon bin ich überzeugt.«

      »Gut, dann weisen Sie Mister Benton ein. Er soll Mister McBride begleiten.« Mabuto nickte Hayes zu. »Ich werde noch einen Crewman dazu beordern. Mister McBride?«

      Mabuto wollte aufstehen, doch Dean kam ihm zuvor. »Sir, mit Verlaub. Ich möchte Mister McBride begleiten.«

      Fassungslos sah Alan ihn an. »Nein.« Mit allem hatte er gerechnet, aber nicht damit.

      »Sir, mit Verlaub.« Dean war die Ruhe selbst. »Aber ich kenne Doktor Boldens Berichte. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass die Krail-on die Begleiter von Mister McBride nicht auf die Sydney zurückkehren lassen. Das Gesetz der Ehre würde es ihnen verbieten, so zu handeln.«

      Dean hatte tatsächlich die Berichte gelesen, begriff Alan.

      Mabutos Blick wanderte von Dean zu Alan und wieder zu Dean.

      »Sir, er ist mein Freund«, setzte Dean hinzu.

      Alans Knie zitterten, als er aufstand, um Dean in die Augen sehen zu können. »Dean, ich bitte dich«, flüsterte er. Er wollte nicht, dass Dean auch starb. Hilfe suchend irrte Alans Blick zu Mabuto. »Sir!«

      Mabutos Hände begannen, sich zu Fäusten zu schließen. Er presste die Lippen aufeinander und hob den Kopf. »Wenn das wirklich Mister Fiorentinos Wunsch ist, werde ich mich dem nicht entgegenstellen.«

      »Danke, Sir«, lächelte Dean.

      Alan hatte das Gefühl, jemand würde ihm den Boden unter den Füßen wegziehen. »Sir, das ergibt keinen Sinn.« Im nächsten Moment begriff er, dass er das Falsche gesagt hatte.

      Mabutos dunkle Augen fixierten ihn. »Wenn Mister Fiorentino es wünscht, kann er Sie begleiten.«

      Alan zog die Ausgehuniform aus dem Spind in seinem Quartier. Eine Weile betrachtete er die weiße Jacke mit den goldenen Knöpfen und den Rangabzeichen eines Junior Lieutenants. Eine Auszeichnung heftete an der linken Seite. Die Tapferkeitsmedaille in einfacher Ausfertigung für seinen Einsatz auf dem Mars, als er sich freiwillig dafür gemeldet hatte, die Crewmen von der Oberfläche zu evakuieren, bevor der Sandsturm sie erreichen konnte. Der Sandsturm hatte sie trotzdem eingeholt. Dass sie es heil an Bord des Schulungsschiffes geschafft hatten, hatten sie nur Alans Flugkünsten zu verdanken.

      Damals war Dean auch dabei gewesen.

      Als er Schritte hörte, die sich ihm von hinten näherten, wusste er sofort, wer es war. »Du solltest nicht mitgehen, Dean«, sagte er.

      »Darfst nur du auf diesem Schiff den Helden spielen?«

      »Verflucht!« Alan wirbelte zu ihm herum. »Ich tue das, um euer … um dein Leben zu schützen und nicht, um danach als Held dazustehen.«

      »Ich weiß, Alan. Und ich gehe mit, um dein Leben zu schützen. Falls ich es kann. Akzeptiere es oder lass es bleiben! Du kannst meine Meinung nicht ändern.«

      Abrupt kehrte Alan ihm wieder den Rücken zu. »Mister Mabuto dürfte nicht zulassen, dass du das tust. Es ist … unvernünftig.«

      »Genauso unvernünftig ist es, dich gehen zu lassen.«

      »Ich hab’s dir doch erklärt.« Schwer stützte sich Alan auf das Bett. »Wir haben keine andere Wahl. Ich muss gehen.«

      »Ich auch.«

      »Dean, wir haben schon drei Offiziere verloren. Wenn ich … Mit mir wären es vier. Wer soll denn dieses gottverdammte Schiff noch fliegen, wenn du auch dabei draufgehst?« Langsam drehte er sich wieder zu Dean um.

      »Es war die Entscheidung des neuen Kommandanten. Du kannst nichts dagegen machen.«

      Alan biss sich auf die Unterlippe. Hatte Mabuto etwa zugestimmt, weil er ihm zeigen wollte, wer das Kommando hat? Aber das war doch Irrsinn! Nein, sicherlich bildete er sich das nur ein, weil er Angst um Dean hatte.

      »Heh! Wir hören uns an wie in einem schlechten Film. Lass uns damit aufhören!« Mit einer Grimasse bot Dean Alan die Handfläche an.

      Nach kurzem Zögern schlug Alan ein und bot Dean die seine. »Ich will mich mit dir nicht streiten. Nicht heute.«

      »Ich auch nicht.« Klatschend schlug Dean ein.

      Gleichzeitig boxten sie die Fäuste aneinander. Mit einem Grinsen packte Dean Alan an den Schultern und zerzauste mit der Faust seine Haare.

      Alan wehrte sich nicht.

      Mabuto erwartete sie im Hangar mit Doktor Hayes und Benton. Der hünenhafte Pfleger trug eine Tasche über der Schulter.

      Mit einem traurigen Lächeln gab Hayes Alan die Hand. »Viel Glück«, flüsterte sie.

      »Ich lasse Sie informieren, sobald Miss Apilanez die Reparatur beendet hat. Falls Sie einen Weg sehen, das Duell noch zu umgehen, dann tun Sie es. Schießen Sie sich notfalls den Weg frei.« Mabuto legte die Finger an die Stirn zum Gruß. »Wir sind in Gedanken bei Ihnen.«

      Alan nickte nur. Er fühlte sich wie in einem Traum. Dass er tatsächlich auf dem Weg war, um ein Duell auf Leben und Tod auszufechten, kam ihm völlig surreal vor. Er fühlte sich, als befände er sich hinter Glas. Als beobachte er jemand anderen auf seinem Weg zum Shuttle. Doch er ahnte, dass hinter den Mauern aus Glas die Angst lauerte und er wagte nicht, sich ihr zu stellen.

      Als er hinter den Kontrollen des Shuttles Platz nahm, kehrte ein Stück Gelassenheit zurück. Die Vertrautheit der Umgebung half ihm, nicht im letzten Augenblick einen Rückzieher zu machen.

      »Systeme gecheckt«, sagte Dean.

      Plötzlich war Alan froh, dass Dean bei ihm war. Seine Finger zitterten, als er sie auf die Kontrollen legte. Unter dem Gefühl der Schalter und Tasten unter seinen Fingerkuppen entspannte er sich. Die Angst hinter den Glasmauern schwand. Mit einem tiefen Atemzug öffnete Alan einen Kanal zur Brücke. »Shuttle eins an Brücke. Erbitte Starterlaubnis.«

      »Starterlaubnis erteilt.« Es war Yaels Stimme. »Viel Glück, Sir«, setzte sie hinzu.

      In diesem Moment begriff Alan, was er auf sich genommen hatte. Und aus dem Dunkel der Angst formte sich eine Idee, wie er ihren Weg durch den Krail-on-Raum sichern könnte. Es war einen Versuch wert.

      Nach kurzer Zeit landete das Shuttle in der fremden Hangarhalle. Im roten Zwielicht konnte Alan am gegenüberliegenden Ende der Halle fünf Krail-on und die Frau in Weiß ausmachen, die sie erwarteten. Der mittlere der Männer trug eine Schärpe über der Jacke. Gold glitzerte in seinen dunklen Haaren. Stark.

      Bevor die Angst ihn überwältigen konnte, stand Alan auf und stellte den Translator an, der mit einer Spange über seinem rechten Ohr befestigt war. Dean und Benton folgten seinem Beispiel. Als Alan die Tür öffnete und hinaustrat, registrierte er mit Erleichterung, dass die Schwerkraft auf dem Krail-on-Schiff in etwa dem der Sydney entsprach. Mit Dean zu seiner Rechten und Benton zur Linken marschierte er auf die Krail-on zu. Wenige Schritte vor ihnen blieben sie stehen.

      Die Krail-on musterten sie. Alan hatte sich zwar schon daran gewöhnt, dass viele Männer auf der Sydney größer waren als er. Doch selbst Benton wurde von dreien der Krail-on überragt und wirkte trotz der Muskelpakete, die seinen Körper überzogen,