FREMDE HEIMAT. Petra E. Jörns. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Petra E. Jörns
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783957658920
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hebt White aus dem Stuhl und legt sie dort neben die Tür!«

      »Was hast du vor?«, fragte Dean.

      »Ihnen die Antwort geben, die sie verdienen.« Der Herzschlag dröhnte in Alans Ohren. Wie durch eine Milchglasscheibe beobachtete er Dean und Nguyen, die die Leiche von Lieutenant Commander White aus dem Sessel hoben und zur Tür trugen. Als sie sie abgelegt hatten, trat er neben sie und beugte sich über sie. Immer noch war in ihren Augen das Entsetzen zu lesen. Dieses Ende hatte er ihr nicht gewünscht.

      Sie hatte nicht geschrien, erinnerte er sich. Bei Gott, er wollte nicht wissen, was sie gefühlt hatte. Seine Finger strichen über ihre Stirn, glitten über ihre Augen und schlossen sacht ihre Lider.

      »Die Zeit ist um.«

      Alan nickte Dean und Nguyen zu. »Mister Nguyen, ich werde ihnen antworten. Grenzen Sie den Aufnahmebereich so ein, dass er nur mich sehen kann.«

      »Ja, Sir.«

      Einen Moment zögerte Alan, dann zog er die Uniformjacke aus und legte sie über Whites Gesicht, bevor er sich in den Kommandostuhl setzte.

      »Sind Sie bereit?«

      Alan nickte und wandte er sich der Stelle zu, wo er das Aufnahmegerät wusste. Er straffte sich und versuchte, all den Zorn und die Wut hinunterzuschlucken, die in ihm wühlten. »Hier spricht Kass-Un McBride von der Sydney. Ich lehne Ihr Angebot ab.«

      Dean stieß einen leisen Pfiff aus.

      »Sie antworten uns.« Nguyens Stimme zitterte.

      »Ich höre.«

      Das Bild des Krail-on erschien auf dem Monitor. Seine Stimme grollte durch die Brücke. »Unterwerft Euch! Das ist mein letztes Wort.«

      »Wir unterwerfen uns nicht.«

      Die gelben Augen des Krail-on glühten. Er drehte sich vom Aufnahmegerät fort, sodass seine Zöpfe flogen, und sprach leise mit einer Person außerhalb des Aufnahmebereichs. Sorai-an, vermutete Alan.

      »Kommt auf mein Schiff, damit wir über weitere Optionen reden können!«, forderte er.

      Alan hob die Augenbrauen. »Danke, dass Sie mir dabei geholfen haben, das Kommando zu übernehmen. Aber so einfach wie meine Vorgänger mache ich es Ihnen nicht. Wenn ich komme, dann nur, um Sie zu töten.«

      Der Krail-on hieb mit der Faust gegen eine Konsole und zischte ein Wort, das das Band nicht übersetzte.

      »Ich warte auf Ihre Antwort.«

      »Ich nehme Eure Herausforderung an«, keuchte der Krail-on. »Ich erwarte Euch mit Euren Sekundanten auf meinem Schiff.«

      »Dann in zwei Standards.«

      »In einem.« Damit erlosch das Bild und gab die Sicht auf die leere Kommandotafel frei.

      Nach einem tiefen Atemzug rief Alan den Maschinenraum. »Brücke an Maschinenraum. McBride spricht. Miss Apilanez, Sie haben eine Stunde, um den Hyperantrieb wieder in Gang zu bringen.«

      »Verstanden. Ich werde mein Bestes tun, Mister McBride.«

      Das hoffte Alan auch.

      Das Schott zischte, und Mabuto stand in der offenen Tür. »Bericht.« Er sprach zu Dean, der der Dienstälteste auf der Brücke war.

      Hinter Mabuto tauchte Kuosmanen, eine der beiden Krankenpfleger auf, und beugte sich über Whites Leiche.

      »Sie ist tot«, flüsterte sie und sah zu Mabuto hoch, der immer noch Dean anstarrte.

      »Lassen Sie sie auf die Krankenstation bringen, Miss Kuosmanen! Doktor Hayes soll sie untersuchen. Ich möchte die Todesursache wissen.« Mabuto wandte sich wieder Dean zu. »Bericht, Mister Fiorentino.«

      Dean warf Alan einen Blick zu, bevor er antwortete. »Die Krail-on haben uns angegriffen, Sir. Wir haben das Feuer auf sie eröffnet und …«

      »Auf wessen Befehl?«

      »Mister McBrides, Sir.«

      Mabutos Blick ruckte auf Alan. »Weiter!«

      »Der Krail-on forderte uns auf, uns zu ergeben, und Mister McBride hat … uns eine Stunde Galgenfrist ausgehandelt, damit wir den Hyperantrieb reparieren können.«

      Alan hatte nie geahnt, wie gut Dean mit Worten umgehen konnte.

      »Ausgehandelt? Auf welche Weise?«

      Dean kratzte sich am Kopf. »Er hat ihn zum Duell gefordert, Sir.«

      »Im Namen des Commanders?«

      »Äh, nein, Sir. Er hat sich selbst als Commander ausgegeben.«

      Mabutos Kiefermuskeln traten hervor. Mit einem Ruck wandte er sich an Alan. »Wie …« Er verstummte. Seine Brust hob und senkte sich. Endlich wies er mit einem Nicken auf das Schott zum Bereitschaftsraum. »Folgen Sie mir, Mister McBride!«

      Er ließ Alan den Vortritt und blieb direkt jenseits des Schotts stehen, das sich hinter ihm mit einem Zischen schloss.

      »Sie haben das Kommando übernommen? Wie kommen Sie dazu?« Mabutos Hände schlossen sich zu Fäusten.

      »Lassen Sie mich erklären … Sir«, bat Alan.

      »Ich höre.« Die Fäuste lockerten sich.

      »Misses White, Mister Racek und der Commander waren tot, Sir. Und Sie haben sich nicht gemeldet …« Im gleichen Augenblick wünschte sich Alan, er könne seine Worte wieder rückgängig machen.

      »Das geht Sie nichts an.«

      »Nein, Sir. Ich wollte damit sagen, das Krail-on-Schiff drohte, uns in Stücke zu schießen. Ich hatte keine andere Wahl. Jemand musste etwas tun.« Schon wieder falsch, begriff Alan.

      »Sie hätten sich nicht als Kommandant des Schiffes ausgeben müssen.«

      »Sir, er hätte mir nicht einmal zugehört, wenn ich das nicht getan hätte.«

      »Und warum haben Sie ihn dann zum Duell gefordert, anstatt ihn um einen Waffenstillstand zu bitten?« Mabutos Fäuste öffneten und schlossen sich wieder.

      Gott im Himmel, wollte Alan ihm entgegen schreien, lesen Sie die Berichte! Weil er diesem Stark-Un dann genauso gut das Schiff hätte ausliefern können. So funktionierte das nicht bei den Krail-on. Das waren keine Menschen. Die richteten sich nicht nach den Bonhaven-Richtlinien.

      »Weil es mir … sinnlos erschien, Sir.«

      Mabuto kehrte ihm den Rücken zu. Es dauerte eine Weile, bis er sich Alan wieder zuwandte. »Und was wollen Sie tun, wenn der Hyperantrieb nicht rechtzeitig repariert werden kann? Haben Sie daran schon gedacht, Mister McBride?«

      Mit einem Schlag wurde Alan eiskalt. Er dachte an seine Mutter. »Uns mehr Zeit erkaufen und das Duell annehmen, Sir. Ich bin bereit, die Konsequenzen meines Handelns zu tragen.«

      Mabuto starrte ihn an. »Lassen Sie mich allein, Mister McBride!«

      »Sir.« Alan deutete einen Gruß an und verließ den Raum.

      Erst als er wieder vor seinem Monitor saß, begriff er, was er gesagt hatte.

      »Was ist los?«, wisperte Dean ihm zu.

      Alan schüttelte den Kopf. »Nichts.«

      Wollte er das wirklich tun? Hinübergehen auf dieses fremde Schiff und sich mit einem Fremdwesen duellieren, von dessen Regeln und Kampfweise er keine Ahnung hatte? Ob ihm seine Erfahrungen in Aikido und Kendo dabei etwas nutzen würden, wusste er nicht. Woher sollte er wissen, wie solch ein Duell überhaupt aussah? Er war noch nie einem Krail-on gegenübergestanden.

      Ein Hoffnungsschimmer durchzuckte ihn. Vielleicht gingen ihre Duelle gar nicht auf Leben und Tod.

      Ohne nachzudenken, lud Alan