Mörderisches Sachsen. Eveline Schulze. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Eveline Schulze
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783360501752
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Was hat Ihr Cousin mit dieser Frau zu tun, die Sie doch gar nicht kannten?

      Antwort: Es mag eigenartig klingen, aber …

      Frage: Wie heißt denn Ihr Cousin?

      Antwort: Der heißt wie ich.

      Frage: Morche. Und sein Vorname?

      Antwort: Auch Karl.

      Frage: Wo hat der denn gewohnt, Ihr Cousin?

      Antwort: In Friedland, in den Sudeten.

      Frage: Hat er noch Angehörige?

      Antwort: Nein, der lebt nicht mehr.

      Frage: Ich meine seine Verwandten. Seine Mutter zum Beispiel.

      Antwort: Seine Mutter ist 1946 in Westdeutschland gestorben.

      Frage: Wer kennt diesen Cousin noch? Haben Sie noch Angehörige?

      Antwort: Bloß meinen Bruder.

      Frage: Wo lebt denn Ihr Bruder?

      Antwort: Auch in Westdeutschland.

      Frage: Wen haben Sie denn noch hier wohnen, bei uns in der Republik?

      Antwort: Meinen Jungen, und hier in Zittau wohnt eine Cousine von mir. Die wohnt in Zittau in der Willi-Gall-Straße. Sie hat auch erst in der Äußeren Oybiner Straße gewohnt.

      Frage: Wie heißt sie denn?

      Antwort: Rosl Hübner.

      Frage: Frau Hübner müsste ja Ihren Cousin, der im Krieg geblieben ist, auch kennen.

      Antwort: Den hat sie gekannt.

      Frage: Sie sagten vorhin, Sie hätten sich das schon früher einmal vorgenommen. Was ist darunter genau zu verstehen?

      Antwort: Vielleicht schon einige Wochen vorher.

      Frage: Hatten Sie einen bestimmten Plan?

      Antwort: Nein, keinen bestimmten Plan. Bloß vielleicht hat das mitgespielt an diesem Abend, weil bei meiner Schlechtigkeit und bei der Tat, die ich begangen habe, das Wetter günstig war, und so konnte das dann den nächsten Tag oder die nächsten Tage oder in den nächsten Wochen nach der Tat im Jahre 1949 … konnte das nicht gleich aufgeklärt werden.

      Frage: Das verstehe ich nicht: Es konnte nicht gleich aufgeklärt werden. Was hat das denn mit dem Wetter zu tun?

      Antwort: Mit den Fußspuren und so.

      Frage: Sie haben also geglaubt, da hinterlassen Sie keine Spuren, wenn schlechtes Wetter ist? Hat es denn so kräftig geregnet?

      Antwort: Es hat ganz schön geregnet.

      Frage: Was haben Sie an diesem Tag angehabt?

      Antwort: Das weiß ich nicht mehr so genau.

      Frage: Sie haben also dieses Eisen gefunden. Warum haben Sie es mitgenommen?

      Antwort: Ich hatte mir vorgenommen, so etwas zu tun.

      Frage: Haben Sie das Eisen wirklich dort gefunden?

      Antwort: Das war so am Zaun, und da habe ich es weggenommen.

      Frage: Sie sind also der Frau hinterhergegangen. Sie sagen selbst, Sie wären ziemlich dicht hinter der Frau gelaufen, und es sei sehr wenig Betrieb auf der Straße gewesen.

      Antwort: Es war sehr wenig Betrieb auf der Straße. Man kann sagen: Es war sonst niemand zu sehen. Vielleicht so im Volkshaus, da sind Leute gewesen, aber draußen ist niemand zu sehen gewesen.

      Frage: Wie ist die Geschichte dann weitergegangen? Sie sind also der Frau gefolgt. Sie liefen also vom Volkshaus aus auf welcher Seite? Links oder rechts?

      Antwort: Auf derselben Seite, wo das Volkshaus ist, wo jetzt die PGH Bild und Ton ist, und beim Hirsch vorbei, wo jetzt die Textilverkaufstelle ist. Da ist die Frau über die Straße der Roten Armee gegangen. Damals ist das noch etwas anders gewesen, da ist später viel gebaut worden, an der Weberkreuzung. Vor einigen Jahren ist an der Weberkreuzung so eine Insel gebaut worden, aber verkehrsmäßig wird das nicht richtig genützt. Der Ring ist Einbahnstraße, und wenn man die Äußere Weberstraße mit dem Auto fährt, da müssen die Autos halten, weil die Autos am Grünen Ring, also die von der Straße der Roten Armee runter kommen und in die Innere Weberstraße einbiegen wollen bzw. nach der Dr.-Brinitzer-Straße fahren wollen, dann müssen die Autos warten auf der Äußeren Weberstraße. Damals, 1949, da ist die Straße gleich gewesen, da war das noch nicht so gebaut, da waren noch keine Ampeln, und da konnte man und da war bloß … kam man so beim Hirsch vorbei auf dem Bürgersteig … und dann runter auf die Straße, und die Straße war glatt. Jetzt ist sie ein bissel anders gebaut.

      Frage: Waren damals schon die Ketten dort?

      Antwort: Sie meinen die Schutzketten? Ich glaube, da waren schon welche. Aber nicht so lange, weil das … was weiß ich … weil jetzt alles anders gebaut ist.

      Frage: Die Frau ging also hinüber zur Weberkirche?

      Antwort: Die Frau ist über die Straße gegangen und wollte in die Stadtmitte, in Richtung Handelshof.

      Frage: Der Handelshof ist aber doch ganz hinten. Was kommt denn da zunächst erst mal, wo die Straße hochläuft?

      Antwort: Hinter der Weberkirche kommt erst das jetzige Fischgeschäft. Also früher war dort auch schon ein Fischgeschäft … Die wollte auf derselben Seite laufen. Aber bei der Weberkirche habe ich zugeschlagen.

      Frage: Wo denn da bei der Weberkirche?

      Antwort: Bei der Frau?

      Frage: Die Frau war doch immer vor Ihnen gewesen. Sie sagten vorhin: etwa vier Meter.

      Antwort: Bei der Weberkirche. Da habe ich sie eingeholt.

      Frage: Haben Sie mit der Frau gesprochen? Das muss sie doch bemerkt haben?

      Antwort: Nein. Sie hat sich vielleicht darauf konzentriert, den Bauchladen im Handelshof abzugeben.

      Frage: Wie lief die Frau? Langsam oder schnell?

      Antwort: So mittelmäßig. Nicht schnell und nicht langsam. So mittleres Tempo.

      Frage: Sie konnten das Tempo mithalten?

      Antwort: Ich konnte das Tempo mithalten. Damals habe ich noch nicht geraucht. Damals kriegte ich noch besser Luft beim Laufen.

      Frage: Sie sind also der Frau nachgelaufen und kamen dann zur Weberkirche.

      Antwort: Bei der Weberkirche kommt man wieder auf den Bürgersteig, den Fußweg, und wenn man über die Straße der Roten Armee läuft, da geht es zum Haupteingang hoch, also ich weiß nicht, wie das früher war. Links geht es zum Friedhof, so in den Garten rein bei der Weberkirche. Und wenn man so über die Straße der Roten Armee kommt und man will zur Weberkirche, da geht’s die Stufen hoch, und da ist der Haupteingang, und an dem Fußweg hier vorbei, da ist dann, wenn man schon ein Stück rum ist, da ist so eine kleine Tür … Da habe ich zugeschlagen. Da sind so Bäume in der Nähe, und es war finster, nicht so eine gute Straßenbeleuchtung wie heute, und das Wetter, das trübe Wetter, und es war finster.

      Frage: Zeigen Sie bitte, wie Sie zugeschlagen haben.

      Antwort: Ich habe mit links zugeschlagen, weil ich Linkshänder bin. Wenn ich Holz hacke – bloß mit links. Oder wenn ich einen Ball werfe. Mit links kann ich weiter werfen als mit rechts. Mit rechts bin ich ungeschickt. Da kann ich weiter werfen, und wenn ich Holz hacke, bin ich mit links kräftiger.

      Frage: Versuchen Sie mal mit diesem Bleistift zu demonstrieren, wie Sie zugeschlagen haben.

      Antwort: Nur mit der einen Hand. Nur mit der linken Hand.

      Frage: Wo haben Sie die Frau getroffen?

      Antwort: Auf den Kopf.

      Frage: Wo genau auf dem Kopf?

      Antwort: Hier oben so.

      Frage: Sie zeigen auf den Hinterkopf. Oder war es die Wirbelgegend, etwa