Die wichtigsten Werke von Jacob Burckhardt. Jacob Burckhardt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jacob Burckhardt
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9788027213764
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anzutun sucht. In Gegenwart des Iamblichus und mehrerer andern zitiert ein Beschwörer den Apoll; aber Iamblichus beweist, dass die Erscheinung nichts anderes als die Scheingestalt (das είδωλον) eines neulich gefallenen Gladiators sei. Was der eine zustande bringt, erklärt in der Regel der andere für eine Kleinigkeit. Der Philosoph Maximus bringt es im Tempel der Hekate zu Ephesus in Gegenwart vieler so weit, dass das Bild lächelt und die Fackeln in dessen Händen sich von selbst entzünden; der Karier Eusebius aber findet, das sei gar nichts Besonderes. In der spätern Zeit, als das sinkende Heidentum alle seine Kräfte zusammennahm, mussten freilich die Misshelligkeiten etwas zurücktreten; es bildete sich jene grosse konfuse Mischung aus Philosophie, Magie und allen Mysterien, welche der Zeit Julians ihre Physiognomie verleiht. Je mehr sich unter Constantin und seinen Söhnen die Theurgie ins Geheimnis hatte zurückziehen müssen430, um so massloser machte sie sich jetzt für kurze Zeit geltend, nachdem sie den trefflichen, aber zum Unglück bestimmten Fürsten schon vom Jünglingsalter an mit ihrem Wahn umhüllt hatte. Sein Lehrer Aedesius hatte ihm gesagt: »Wenn du einst an den Mysterien teilnimmst, so wirst du dich schämen, überhaupt nur als Mensch geboren zu sein.« Man darf sich billig wundern, dass ein so für die Geisterwelt Eingenommener sich doch zu einem so bedeutenden Regenten und Krieger entwickeln konnte. – In dieser ganz späten Zeit gestaltete sich das zierliche Canopus an der ägyptischen Küste zu einer Art von Unterrichtsanstalt für alle Magie431, zur »Quelle dämonischen Treibens«. Der Zulauf war ausserordentlich, besonders als einer der Söhne der Sosipatra, Antoninus, sich daselbst niederliess, der zwar selber keine Theurgie trieb, aber als Prophet und Ascet ein übermenschliches Ansehen genoss. Wer zu Fuss oder zu Schiff nach Canopus kam, um seine Andacht zu verrichten, sprach nachher in der Regel bei Antoninus vor und hörte seine Weissagungen. »Diese Tempel«, klagte er oft, »werden bald Gräber werden!« – was denn auch eintraf, als sie zu Klöstern umgebaut und mit Reliquien von Märtyrern versehen wurden. –

      Nachdem wir den philosophischen Dämonenglauben und seinen Einfluss auf den heidnischen Monotheismus betrachtet, wird es nötig sein, noch einen Blick auf diejenigen Superstitionen und magischen Begehungen der Übergangszeit zu werfen, welche mehr dem Populäraberglauben angehören. Eine scharfe Trennung ist, wie bemerkt, unmöglich.