4.
Auch lernte er ohne sonderliche Mühe
Lügen, Fluchen und Schwören frühe,
Und hat dadurch in der Nachbarschaft
Bei andern Kindern viel Erbauung geschafft.
5.
Er schluckte und naschte ebenfalls gerne,
Aß Obst, Rosinen und Mandelkerne,
Und kaufte für sein bekommenes Geld
Die leckersten Sachen von der Welt.
6.
Mit seinen Geschwistern konnt’ er sich nicht vertragen,
Aber sein Vater that ihn nie schlagen,
Und seine Mutter, die gute Frau,
Nahm auch selten Alles so genau.
7.
Auch war er viel größer als andre Kinder,
Keiner seinesgleichen sprang und lief geschwinder,
Und kein einziger war so stark als er,
Und wer ihn erzürnte, den nahm er her.
8.
Da es ihm nun nicht fehlte an Kräfte,
So verrichtete er manche Hausgeschäfte,
Holte zuweilen Futter fürs Vieh
Und unterzog sich der Oekonomie.
9.
Oder er ritte die Pferde in die Tränke,
Oder er holte Bier aus der Schenke,
Brachte auch manches frische Ei,
Aus dem Hühner- und Gänsstall herbei.
10.
War auch sonst ein guter dummer Junge,
Hatte dabei eine starke kräftige Lunge,
Und predigte oft auf der Bank aus Scherz.
Dies alles ging seinen Eltern ans Herz.
11.
Denn sie sahen mit innigstem Vergnügen
Solche Talente im Hieronimus liegen,
Und dachten sehr oft in ihrem Sinn,
Da stecket gewiß ein Pfarrer in.
12.
Besonders die Mutter, wenn sie daran dachte,
Was ihr vormals Frau Schnepperle sagte,
Und an ehmals gehabten Traum,
Wußte sich für Freude zu lassen kaum.
13.
Denn Alles schien sich zusammen zu schicken
Und die Sache natürlich auszudrücken;
Und wenn sie dieses erwoge, so war
Der künftige Pfarrer hier offenbar.
14.
Er wurde also und dergestalten
Fleißig zur Schule angehalten,
Welches doch Hieronimo übel gefiel,
Denn er war viel lieber beim Spiel.
15.
Und die Bücher waren ihm zuwider,
Er warf sie oft auf die Erde nieder,
Und bei dem Lumpen A, B, C, D,
That ihm immer der Kopf weh.
16.
Zwar der Präceptor that sich bemühen
Ihn zu allem Guten zu erziehen,
Und er und die Ruthe in Compagnie
Arbeiteten fleißig an seinem Genie.
17.
Dieser Mann hatte vorzügliche Gaben
Zu erziehen muthwillige Knaben,
Und auf ihre Hosen und Rock
Spielte sehr oft sein mächtiger Stock.
18.
Nach vielem Bemühen und sauerm Schweiße
Gelang’s des Mannes herkul’schem Fleiße,
Und Hieronimus buchstabirte bald,
Als er ohngefähr war zehn Jahr alt.
19.
Wie alt er aber eigentlich gewesen,
Als er fertig das Deutsche konnte lesen,
Das weiß ich eigentlich in der That
Nicht so genau und accurat.
20.
Da er nun zu größern Jahren gekommen,
Ward er aus der Deutschen Schule genommen,
Und, um zu lernen das Latein,
Geschickt in die Lateinische Schule hinein.
21.
Wie es ihm nun daselbst ergangen,
Und was er Gutes sonst angefangen,
Dieses stell’ ich dem Leser hier
In dem folgenden Kapitel für.
Siebentes Kapitel.
Wie der Knabe Hieronimus in die Lateinische Schule kam, und wie er da nicht viel lernte.
1.
Hieronimus, um weiter zu studiren,
Fing nun an Mensa zu decliniren,
Trieb auch sonst jedes nöthige Stück
Aus der lateinischen Grammatik.
2.
Lernte danebst manche Vocabel auswendig,
Indeß ging doch Alles sehr elendig;
Denn das verwünschte Lauselatein
Wollte nicht in seinen Kopf hinein.
3.
Beim Conjugiren und beim Syntaxis,
Und bei der lateinischen Praxis
Da war vollends der Henker los,
Und er bekam manchen Rippenstoß.
4.
Denn der Rector, als ein Hypochondriacus,
Schonte gar nicht den Hieronimus,
Und prügelte oft, als wäre er toll,
Dem armen Knaben das Leder voll.
5.
Bei dieser peinlichen Lehrmethode
Grämte sich der Junge fast zu Tode,
Und wünschte oftmal in seinem Sinn
Den mürr’schen Rector zum Henker hin.
6.