Wie Hieronimus von seinen Eltern und Geschwistern Abschied nahm und nach der Universität verreiste.
1.
Ehe man den Hieronimus ließ gehen,
Wurde er erst im Ueberfluß versehen
Mit Kleidern, Wäsche, Büchern und Geld
Und was man sonst zum Studiren nöthig hält.
2.
Es ward gefolglich auf diese Weise
Alles bereitet zur nahen Abreise;
Aber beim Abschied ging’s bitter und schwer
Auf einer und der andern Seite her.
3.
Der gute alte Jobs, der dicke Senater,
Weinte laut, wie im Mai ein Kater,
Und reichte schluchzend den Abschiedskuß
Seinem theuern Sohne Hieronimus.
4.
Gab ihm auch den väterlichen Segen:
„Fahre wohl auf allen deinen Wegen
Und studire fleißig, mein Sohn,
Damit wir haben Freude davon!
5.
Wenn dir etwa künftig etwas fehlet
Und vielleicht ein Geldmangel quälet:
So schreibe nur immer kühnlich mir;
Was du verlangst, das schicke ich dir.“
6.
Hieronimus wurde, wie sich’s gebühret,
Ob des Vaters Rede höchlich gerühret,
Und versprach öfters zu schreiben hin,
Wenn ihm der Beutel würde dünn.
7.
Mit der Mutter ging es noch schlimmer,
Sie erhob ein jämmerliches Gewimmer,
Und durchdrungen vom herbesten Schmerz
Drückte sie den lieben Sohn lange ans Herz.
8.
Endlich trat sie auf einige Augenblicke
Mit Hieronimus ein wenig beiseite zurücke,
Und reichte ihm noch ein Päcklein dar,
Worinnen verschiedenes Geld war.
9.
Dieser fromme, mütterliche Segen
That den Hieronimus inniglich sehr bewegen,
Und er steckte, unter lautem Gewein,
Das erhaltene Päcklein ein.
10.
Nun kamen seine Geschwister an die Reihe,
Denen er, unter erbärmlichem Geschreie,
Allen nach einander die Hand gab
Und nunmehr reisete Hieronimus ab.
11.
Der lieben Eltern Trauern und Klage
Währte noch nachher verschiedene Tage
Und dem guten Vater schmeckte schier
Weder Wein, Zeitung, Tabak noch Bier.
12.
Bei der Mutter war die Betrübniß am größten,
Und man vermochte fast nicht sie zu trösten,
Doch bei den Schwestern und Brüdern war,
Wie ich vernommen, weniger Gefahr.
Eilftes Kapitel.
Wie Hieronimus zu Pferde bis zur Poststation kam, und wie er im Wirthshause einen vornehmen Herrn fand, Herr von Hogier genannt, welcher ihm heilsame Lehren gab und ein Spitzbube war.
1.
Hieronimus also nunmehro wegreitet,
Seines Vaters Hausknecht ihn begleitet
Bis zu dem nächsten Städtelein,
Da steigt er dann i’n Postwagen ein.
2.
Ob nun gleich der Abschied nahe gegangen,
So truge derselbe doch großes Verlangen
Nach der geliebten Universität,
Wo es täglich so lustig ergeht.
3.
Kaum hatte er nun Schildburg verlassen
Und er sich befand auf der Landstraßen,
Als er Vater, Mutter, Geschwister vergaß,
Und sich höchlich ergötzte, daß
4.
Er nunmehr, als ein freier Studente,
Baß sich täglich vergnügen könnte,
Und des mürrschen Rectors Prügel und Lehr’,
Dem Himmel sei Dank! entloffen wär’.
5.
Vorzüglich freuete er sich nicht wenig
Und dünkte sich reicher als ein König,
Wenn ihm das Geld im Sinne kam,
Das er von Hause mitte nahm.
6.
Vor Allem vergnügte ihn besonder
Das liebe Päcklein, welches er von der
Hochbetrübten Frau Mutter empfing,
Als es ans bittere Scheiden ging.
7.
Da es ihm nun an Zeitvertreib fehlte,
Zog er das Päcklein hervor und zählte
Das Geld, welches drin enthalten war,
Und fand mit innigster Freude baar
8.
Mehr als dreißig verschiedene Stücke,
Alle von Silber, groß, schwer und dicke,
Gulden und Thaler mannichfalt
Meistens von Gepräge rar und alt.
9.
Seine Mutter hatte sie nach und nach ersparet,
Und zum Nothpfennige aufbewahret,
Denn sie war eine weidliche Frau
Klug und sparsam, oder vielmehr genau.
10.
Zuweilen mußte ihm auch imgleichen
Der Knecht, sein Begleiter, etwas reichen
Zum Zeitvertreib von den Victualien,
Womit