Und erfreuete solche oft;
Denn die Onkels starben unverhofft.
6.
Manchen fast verzweifelnden Ehegatten,
Welche, leider! böse Weiber hatten
Und den Tod derselben gerne sahn,
Kündigte sie nahe Erlösung an.
7.
Manchem Stutzer, der kräftig gerochen
Nach Jasmin und Pomade, hat sie versprochen,
Trotz aller seiner Lächerlichkeit,
Dennoch dummer Schönen Gewogenheit.
8.
Ihre Rede wußte sie stets also zu fügen,
Daß sie immer gereichten zum Vergnügen;
Doch half eine kluge Zweideutigkeit
Ihr manchmal aus der Verlegenheit.
9.
Jedem verkündigte sie eine besondere gute Märe,
Tapfern Soldaten Pulver, Kugeln und Ehre,
Armen Schluckern einen Haufen Geld,
Alten Matronen das Himmelszelt.
10.
Sie verstund noch viel mehr andere Künste;
Aber ihre große und seltene Verdienste
Machten sie nicht von Häschern frei,
Denn sie stahl ein wenig nebenbei.
11.
Kurz! man fand nirgends ihresgleichen,
Endors Hexe hätte ihr müssen weichen,
Wenigstens in Lügen und Chiromantie
War keine Zigeunerin klüger als sie.
12.
Als Frau Jobs ihre Ankunft vernommen,
Ist sie zu ihr hinaus gekommen,
Und hielte wol an des Hauses Thür
Folgende kurze Rede an ihr:
13.
„Meine geliebte Frau Urgalinde,
Kommen Sie doch einmal zu meinem Kinde,
Um ihm zu sagen gutes Glück
Von seinem zukünftigen Geschick.
14.
Sie werden hoffentlich die Güte haben;
Und mir es sagen, was von dem Knaben
Hieronimus eigentlich zu machen ist
Ohne Trug und arge List.“
15.
„Madame“, antwortete sie, „das soll geschehen,
Lasse sie mich nur seine Hände sehen;
Dann sag’ ich als eine aufrichtige Frau
Ihm sein künftiges Schicksal genau.“
16.
Man ließ also den Hieronimus holen,
Und Frau Urgalinde hat ihm befohlen,
Seine rechte Hand zu reichen dar,
Welche etwas beschmutzet war.
17.
Die Zigeunerin mit forschendem Blicke
Erkundete nun alle und jede Stücke,
Maß die Flächen und Linien auch,
Alles nach Chiromanten Gebrauch.
18.
Darauf ward sie einen Augenblick stille,
Endlich gleich einer Delphischen Sibylle
Murmelte sie etwas zwischen dem Zahn
Und hub folgende Prophezeiung an:
19.
„Ich sehe, mein lieber Hieronimus, ich sehe,
Nach der Kunst, die ich gründlich verstehe,
Dein ganzes künftiges Schicksal. Mein Sohn!
Deines Halses gewaltiger Ton
20.
Wird manchen frechen Bösewicht schrecken,
Manchen schlafenden Sünder wirst du aufwecken,
Dermaßen, daß die ganze Stadt
An deiner Rede Erbauung hat.
21.
Fromme und Böse wirst du bewahren,
Sie warnen für Leibes- und Seelen-Gefahren
Und über Jung und Alt, Groß und Klein
Ein munterer getreuer Hüter sein.
22.
Jedermann wird deine weisen Lehren
In dieser Stadt dereinst öffentlich hören,
Und wenn dann dein geöffneter Mund spricht,
So antwortet dir Keiner nicht.
23.
Ich darf es für dieses Mal nicht wagen,
Dir ein mehrers von deinem Geschicke zu sagen,
Es ist auch dieses dermalen genug,
Nun gehe hin, mein Sohn, und sei klug.“
24.
Hier endigte sich Urgalindinens Rede;
Sowol Mutter als Vater waren beede,
Ob dem, was itzo geprophezeit,
Sehr zufrieden und höchlich erfreut.
25.
Denn in ihren Gedanken war er
Ganz gewiß ein künftiger Pfarrherr,
Wenn anders die Weissagung träfe ein;
Denn wie könnte es deutlicher sein?
26.
Urgalindine ist drauf weggegangen,
Nachdem sie einen stattlichen Lohn empfangen.
Man saget, als sie linksum gemacht,
Habe sie über Eltern und Sohn gelacht.
27.
Nunmehr wurde dem Rector zum Possen
Sowol vom Herrn Jobs als Frau Jobs beschlossen,
Daß der geliebte Hieronimus
Werden sollte ein Theologus.
28.
Es wird also nach Akademien
Im folgenden Kapitel Hieronimus ziehen,
Wenn wir vorhero haben gesehn,
Was noch bei seinem Abschied geschehn.