Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme. Jodocus Temme. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jodocus Temme
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027238149
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ihm. Furchtbare Rache schwur Wolff Lutz für solche Unbilden, um sein Herz und die beleidigten Götter zu versöhnen.

      So kam er zum Stübelhagen. Die wilde, unwegsame, verborgene Gegend gefiel ihm. Hierher kam der Kaiser Karl nicht, hier konnte er sicher hausen, und hier, sein Herz lachte in furchtbarer Freude auf, und hier konnte er schon gleich einen Anfang seiner Rache machen. Denn wohin das verderbliche Heer gedrungen war, dahin waren fromme Geistliche gekommen, und hatten die segensreiche Religion des Erlösers gepredigt, und viele Freunde und Anhänger gefunden, die jetzt still und friedlich lebten und dem wahren Gotte dienten Lutzens Augen leuchteten in wilder Freude auf, als er die vielen Kapellen sah, die in den Thälern umher sich erhoben. Hier war Arbeit für seine Rache.

      Schnell war sein Plan gefaßt, hier zu bleiben. Am östlichen Abhange des Stübelhagens sah er die rothe Burg, auf der ein christlich gewordener Edler des Landes wohnte. Sie war stark und fest, aber für Wolff Lutz nicht. Zwei Tage hielt er mit seiner Schaar sich verborgen; in der dritten Nacht stürmte er mit rasender Wuth die Burg, die nach einem dreistündigen Kampfe sein wurde. Zum ersten Male frohlockte er wieder laut auf, als er in dem Burghofe stand und rund um ihn her die Leichen der erschlagenen Christen lagen. So will ich Euch ferner rächen, Ihr Götter! rief er. Nur Euerm Dienste soll mein Leben geweiht seyn!

      Er riß seinen Sohn an seine Seite, und ließ ihn in diesem feyerlichen Augenblicke Treue den Göttern schwören. Der hohe, kräftige Jüngling schwur mit leuchtenden Augen, mit aufflammender Leidenschaft. Denn auch er fühlte tief die Unbilden, die ihm und den Seinigen von den Christen waren zugefügt worden.

      Da trat, wie kaum der Schwur beendigt war, mit der anbrechenden Morgenröthe ein riesiges Weib in den Kreis. Ein weites, lang bis über die Knöchel herabhängendes Gewand von weißer Farbe, umfloß ihre starken Glieder; greise Haare wallten in langen, dicken Locken von ihrem Haupte; ihr Gesicht war hager und voll tiefer Furchen, aber ihr Auge blitzte von einem höheren überirdischen Feuer. Niemand hatte sie ankommen sehen, sie stand plötzlich neben den blutigen Leichen, unter den mit Blut bedeckten Kriegern. Einen stolzen Blick warf sie auf die Knechte, die scheu vor ihr zurücktraten. Dann wandte sie sich zu Wolff Lutz und seinem Sohne Hermann.

      Die Götter sind euch gnädig! sprach sie mit tiefer feyerlicher Stimme. Sie haben Freude an euch; aber bleibt treu eurem Schwure, die Götter sind furchtbar!

      Sie wickelte sich dichter in ihr weites Gewand, und wollte sich wieder entfernen. Aber Wolff Lutz hielt sie; Hohe Drude! rief er, von wannen kommst du? Welcher Gott hat dich, uns gnädig, in unsere Mitte geführt?

      Kein einzelner Gott! erwiederte das Weib. Die Götter alle beschützen mich; denn wer sie ehrt, den lieben sie. Sie alle haben mich bewahrt und mich vor den Augen der Christen verborgen, in deren Mitte ich lebte. Dort unten ist mein Thurm, tief in jenem westlichen Thale. Aber suche mich nicht, denn die Götter wohnen mit mir, und sie zürnen, wenn ein Sterblicher sie stört.

      Sie nahm ihr Gewand auf und entfernte sich langsam und schweigend, bis sie hinter der Mauer der Burg schnell verschwand.

      Die Götter sind uns gnädig! rief jauchzend Wolff Lutz, und er schwur von neuem, und auch sein Sohn schwur es, sie zu rächen für alle Verhöhnungen, die sie von den Franken erlitten, und ihnen alle Christen zu opfern, die nur je ihnen begegnen würden.

      Sie hielten Wort. Furchtbar wüthete Wolff Lutz mit seinen Gehülfen unter den friedlichen Christen der benachbarten Thäler, freudig half sein muthiger Sohn. Wie eine Schaar hungriger Wölfe, welche plötzlich in eine fruchtbare mit Heerden bedeckte Gegend gedrungen ist, unerwartet, mit lautem Geheul und wüthender Mordlust aus ihren nächtlichen Schlumpfwinkeln hervorstürzt, unter die friedlichen Thiere sich wirft, und würgt und mordet und zerstört, so überfiel Lutz mit den Seinigen die frommen Christen der Umgegend, zerstörte ihre Wohnungen, verbrannte ihre Capellen, und schleppte Männer, Weiber und Kinder auf seine Burg, wo er in entsetzlicher Lust sie mordete und seinen Göttern schlachtete. Wenige Monden waren erst verflossen, als kein Christ mehr in der ganzen Umgegend zu finden war, alle waren gemordet und geschlachtet, oder sie hatten, jedoch nur wenige, eilends ihre Heimath verlassen, und waren vor den Verfolgungen des unbändigen Räubers Lutz, fernern bewohnteren Gegenden, besonders dem Rheine, zugeflüchtet.

      Sie hielten Wort. Furchtbar wüthete Wolff Lutz mit seinen Gehülfen unter den friedlichen Christen der benachbarten Thäler, freudig half sein muthiger Sohn. Wie eine Schaar hungriger Wölfe, welche plötzlich in eine fruchtbare mit Heerden bedeckte Gegend gedrungen ist, unerwartet, mit lautem Geheul und wüthender Mordlust aus ihren nächtlichen Schlumpfwinkeln hervorstürzt, unter die friedlichen Thiere sich wirft, und würgt und mordet und zerstört, so überfiel Lutz mit den Seinigen die frommen Christen der Umgegend, zerstörte ihre Wohnungen, verbrannte ihre Capellen, und schleppte Männer, Weiber und Kinder auf seine Burg, wo er in entsetzlicher Lust sie mordete und seinen Göttern schlachtete. Wenige Monden waren erst verflossen, als kein Christ mehr in der ganzen Umgegend zu finden war, alle waren gemordet und geschlachtet, oder sie hatten, jedoch nur wenige, eilends ihre Heimath verlassen, und waren vor den Verfolgungen des unbändigen Räubers Lutz, fernern bewohnteren Gegenden, besonders dem Rheine, zugeflüchtet.

      Nur eine einzige Christenfamilie war verschont worden. Fast die ganze Gegend war von Lutz schon gesäubert; da traf er eines Tages, als er von einem weiteren Streifzuge zurückkehrte, und einsam mit seinem Sohne, getrennt von den übrigen Gefährten, durch die Berge seiner Burg zueilte, nicht gar weit von dieser, in einer engen, verborgenen Schlucht, auf eine Höhle, deren Eingang kaum bemerkbar war. Aber Lutzens scharfes Auge gewahrte sie, und glänzte in der Freude eines Jägers, der auf unverhoffte Beute stößt. Schnell eilte er mit seinem Sohne darauf zu, und seine Hoffnung hatte ihn nicht betrogen. Es waren Menschen in der Höhle. Ein greiser Mönch, ein ältlicher Mann und ein blühendes junges Mädchen knieten vor einem Lager von Fellen, auf dem eine blasse, kranke Frau, mit gefalteten Händen und schon halb erloschenen Augen lag. Alle schienen in stiller Andacht zu beten. Entsetzt flogen sie in die Höhe, als die Heiden, die ihnen nur allzubekannt seyn mochten, mit lauter Freude in die Höhle stürzten, und liefen zu einem Cruzifixe, das auf einem Altare in der Ecke der Höhle stand, und vor dem eine sparsame Lampe brannte. Nur die Kranke fiel ohnmächtig auf das Lager zurück. Frohlockend verfolgte Lutz und sein Sohn die Fliehenden, mit gezückten Schwertern wollten sie über die Unglücklichen herfallen und sie schlachten zum Opfer für ihre Götter, zur Sühne ihrer Rache. Aber eine wunderbare Gewalt schien plötzlich ihre Kräfte gelähmt zu haben, als sie in die Nähe des Altars kamen. Schweigend und starr blieben sie hier stehen, und sahen die Betenden an, die händeringend zu dem Cruzifixe emporfleheten.

      Vater! sprach plötzlich der Jüngling Hermann, Schone ihrer, die Götter haben der Opfer und wir der Rache genug. Laß uns den Unglücklichen das Leben schenken.

      Da wendete sich das Mädchen vor dem Altare um und schaute mit durchdringendem aber dankendem Blicke den Jüngling an, der die menschlichen Worte gesprochen hatte. Der Himmel segne dich! rief sie mit sanfter, weicher Stimme.

      Ein unnennbares Sehnen, eine unerklärliche Verwirrung erfaßte den Jüngling. Komm, Vater! rief er dringender; die Götter sagen es mir, daß sie den Tod dieser nicht wollen!

      Er faßte die Hände des Vaters, der ebenfalls in wunderbarer Verwirrung zu seyn schien, und zog ihn fast ohne Widerstand aus der Höhle.

      Die Unglücklichen gehörten zu den edelsten Bewohnern der Gegend; sie hatten flüchten wollen, als Lutz seine Christenverfolgungen begann, aber die Krankheit der Frau, die langsam dem Tode entgegenzehrte, hatte sie verhindert eine weite Reise zu machen; Gatte und Tochter sahen sich daher gezwungen, in der Nähe ein verborgenes Unterkommen für sich und die Kranke zu suchen. Der fromme Mönch des Thales, Johannes Baptista mit Namen, hatte sich an sie angeschlossen, und wollte sein Schicksal nicht von dem ihrigen trennen. In dieser Höhle hatten sie einen sichern Zufluchtsort zu finden geglaubt.

      Schweigend kehrten Wolff und Hermann Lutz zu der Burg zurück. Erst hier kam ein anderer Geist wieder über den Vater; er machte sich Vorwürfe, daß er die Christen verschont habe, er wollte umkehren, um sie desto fürchterlicher zu opfern; allein in dem Jünglinge war der Geist der Milde geblieben, und glücklich gelang es ihm, auch den Vater zu besänftigen.

      Wolff Lutz ging seinen