Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme. Jodocus Temme. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jodocus Temme
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027238149
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wäre Ihnen genehm? Wir wünschen vorher nach Hofgeismar zurückzukehren um Waffen und anderes zu besorgen.«

      »Können Sie gegen sieben Uhr heute Abend zurück sein?«

      »Früher.«

      »So bitte ich um sieben Uhr.«

      »Einverstanden.«

      »Einen Arzt werde ich mitbringen«, sagte Friedrichs noch.

      Er wollte sich entfernen.

      Aber der Herr von Homberg hatte noch etwas auf dem Herzen.

      »Herr Friedrichs, ich möchte eine Missdeutung unserer Wahl der Waffe beseitigen. Sie wählten den Säbel, weil es dem Herrn Becker nur darauf ankommen konnte, überhaupt durch ein Duell seine Ehre wieder anerkannt zu sehen. War es nicht so?«

      »Es war so, Herr von Homberg.«

      »Der Graf Thalhausen musste steigern, wiederum aus dem Grunde, damit ihm, der einmal das Duell abgelehnt hatte, kein Vorwurf der Feigheit gemacht werden könne.«

      »Ich begreife das«, sagte Friedrichs, »und ich freue mich, in Ihnen einen so wackeren Offizier gefunden zu haben, der kein Bedenken trug, offen eine solche Erklärung abzugeben.«

      Die beiden Herren trennten sich mit einem Händedruck.

      Um sieben Uhr am Abend waren die vier Offiziere auf der einen und der Lieutenant Becker mit seinen drei Begleitern auf der andern Seite in der Nebenschlucht unterhalb der Dahlheimer Mühle eingetroffen.

      Der Arzt war ihnen gefolgt.

      Gisbert von Aschen war mitgekommen, weil er in einem entscheidenden Momente nicht fern von seinen Freunden sein wollte.

      Mahlberg sollte als Zeuge des Kampfes tätig sein. Gisbert konnte auch die Rolle des Zeugen nicht übernehmen, weil er in zweiter Linie sich mit dem Grafen Thalhausen schlagen musste und daher nach den Gesetzen des Duells während des Kampfes selbst sich zu entfernen hatte.

      In der Schlucht war es noch hell. Über eine Senkung des Gebirges sandte die Sonne noch ihre Strahlen hinein.

      Der Arzt hatte sein Verbandszeug auseinandergelegt.

      Die beiden Sekundanten, der Assessor Friedrichs und der Lieutenant von Homberg, waren unter den Bäumen weg in der offenen Mitte der Schlucht zusammengetreten.

      »Die Herren schießen ans Kommando«, sagte Friedrichs.

      »Angenommen!«

      »Entfernung fünfzehn Schritt.«

      »Einverstanden!«

      »Sie, Herr von Homberg, haben das Kommando.«

      »Es ist so.«

      »Nehmen wir die Mensur!«

      Sie steckten einen grünen Zweig in die Erde. Sie maßen, indem sie nebeneinander gingen, von dem Zweige aus fünfzehn Schritt ab. Ein zweiter Zweig wurde in den Boden gesteckt.

      »Sie haben für Waffen gesorgt, Herr von Homberg?«

      »Wir führen zwei Paar Pistolen bei uns.«

      »Laden wir sie.«

      Der Herr von Homberg holte ein Paar Pistolen mit dem Ladezeuge herbei.

      Friedrichs lud eine Kugel in das eine, der Herr von Homberg in das andere Pistol.

      Jeder von ihnen überreichte das von ihm geladene Pistol seinem Duellanten.

      Die beiden Duellanten stellten sich jeder mit seiner Waffe an einen der grünen Baumzweige.

      Die Sekundanten stellten sich ihnen ein paar Schritte davon zur Seite.

      Einige Schritte weiter zurück nahmen die Zeugen ihren Platz, der Hauptmann Mahlberg, der Lieutenant von Klasewitz.

      Gisbert von Aschen hatte sich, als die Waffen geladen wurden, in den Hintergrund der Schlucht zurückgezogen.

      Dem Lieutenant Becker hatte er vorher die Hand gedrückt.

      Die beiden Duellanten waren mit festen Schritten auf ihre Mensur getreten. Sie standen ruhig da.

      Louis Becker hatte in mancher Schlacht dem Tode mit kaltem Blute in das Auge geschaut.

      Der Übermut des Grafen Thalhausen war einem ruhigen Ernst gewichen, der seinen Mut bezeugte und der Hoffnung Raum gab, sein Charakter könne noch in einer seines schönen Mutes würdigen Weise sich befestigen.

      »Fertig!« kommandierte der Herr von Homberg.

      Die Duellanten spannten den Hahn ihrer Waffe.

      »Eins!«

      Die Duellanten erhoben den Arm mit der Waffe.

      »Zwei!«

      Die Duellanten rührten sich nicht.

      »Los!«

      Beide Duellanten drückten in demselben Augenblicke die Pistolen ab.

      Beide Schüsse waren losgegangen.

      Keiner hatte getroffen.

      Die Kugeln waren dicht an dem Gegner vorbeigeflogen.

      »Einen zweiten Gang!« sagte der Herr von Homberg.

      Friedrichs konnte keine Einwendung haben.

      »Laden wir!«

      Sie luden wieder die Pistolen.

      Jeder der Duellanten erhielt wieder seine Waffe.

      »Fertig!« kommandierte der Herr von Homberg.

      Die Duellanten spannten die Hähne.

      »Eins!«

      Die Duellanten erhoben die Arme.

      »Zwei!« wollte der Herr von Homberg kommandieren.

      Er stand mit dem Gesichte nach dem Eingange der Schlucht hingewandt.

      Das Wort, das er rufen wollte, erstarb ihm auf der Zunge.

      Aber ein Fluch der Überraschung entfuhr ihm.

      »Alle Teufel, was ist das?«

      »Vetter Steinau«, sagte der Domherr zu dem General, »der König will Ihnen wohl.«

      »Der König schenkt mir seine Huld und Gnade.«

      »Nun, ein König schuldet einem alten tapferen General manche Verbindlichkeit, manchen Dank.«

      »Vetter Aschen, der König kann keinem seiner Untertanen Dank oder dergleichen schulden. Alles, was ich bin, verdanke ich nur dem König.«

      »Der König würde Ihnen dennoch für eine Bitte ein geneigtes Ohr leihen.«

      »Ich habe den König nie um etwas gebeten. Es war Grundsatz bei mir.«

      »Jeder Grundsatz hat seine Ausnahmen.«

      »Niemals ohne Not, Vetter Aschen.«

      »Zum Beispiel, könnten Sie wohl den König für jemand um ein paar Taler bitten?«

      »Um Geld gar, Vetter?«

      »Für einen armen Teufel. Er ist Schulmeister drüben, schon alt, kränklich, hat einen lahmen Fuß, das ganze Jahr nicht mehr als fünfzehn oder sechzehn Taler Einkommen und die Erlaubnis, bei den Bauern herumzufragen, ob sie ihm gegen das Verhungern ein Stück Brot geben wollen.«

      »Die Gemeinde muss ihm seinen Gehalt erhöhen, Vetter Aschen.«

      »Die Gemeinde ist selbst arm.«

      Der General zuckte die Achseln.

      »Der Mensch heißt Hausmann«, sagte der Domherr.

      »So?« sagte gleichgültig der General.

      Der Name Hausmann mochte ihm zu hundert Malen vorgekommen sein.

      »Er war Soldat, Vetter Steinau.«

      »Man