Von dem Leben und den Meinungen berühmter Philosophen. Diogenes Laertius. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Diogenes Laertius
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Философия
Год издания: 0
isbn: 9783843800181
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und hat von Staatssachen geschrieben, und der achte ist ein Bildhauer.

       Aristipp

      1. (65) Aristipp war von Abkunft ein Kyrener, der aber, wie Äschines sagt, wegen des Ruhms des Sokrates nach Athen kam.

      2. Er war, wie der Peripatetiker Phanias von Ephes schreibt, von den Sokratikern der erste, der sich für seinen Unterricht in der Weisheit bezahlen ließ und seinem Lehrer das Geld überschickte. Als er ihm aber einst 20 Minen schickte, erhielt er sie wieder zurück, und Sokrates ließ ihm sagen, sein Dämon lasse das nicht zu. Dies nahm er sehr übel. Xenophon war sein Feind, daher hat dieser auch Sokrates seine Unterredung von der Wolllust gegen Aristipp halten lassen. Er war’s aber nicht allein, sondern auch Theodor in der Schrift von den Sekten hat ihn übel mitgenommen, so wie auch Platon in der Unterredung über die Seele, wie wir anderswo gesagt haben.

      3. (66) Er war im Stande, sich nach Ort, Zeit und Gesicht zu richten und jede äußere Gestalt anzunehmen. Daher fand er auch bei Dionys vor allen anderen vorzüglichen Beifall, da er alles, was ihm aufstieß, gut aufnahm. Er genoss die Vergnügungen, die sich ihm darboten und jagte denen nicht mühsam nach, die er nicht vor sich sah. Deswegen nannte ihn Diogenes den königlichen Hund; Timon aber benagt ihn als einen weichlichen Lüstling mit folgenden Worten:

      Gleich dem lügenumfassenden Heuchelgesicht Aristippus.

      Man erzählt, er habe einstmals befohlen, ein Rebhuhn für 50 Drachmen zu kaufen, und als er deswegen getadelt worden, habe er gesagt: Du kauftest es wohl nicht für einen Obol? Da ihm der andere nun sagte: O ja! erwiderte er: Nun, diese 50 Drachmen sind mir ein Obol. (67) Als ihm Dionys drei Lustdirnen vorstellte und eine davon auszuwählen aufforderte, führte er sie alle drei weg und sagte: Auch für Paris war es nicht gut, dass er einer den Vorzug gab. – Er soll sie aber nur ins Vorzimmer geführt und da von sich gelassen haben. So verstand er das Annehmen und Nichtachten. Daher soll Straton, oder nach anderen Platon, zu ihm gesagt haben: Dir allein ist’s gegeben, eine Chlamys und einen Bettelrock zu tragen. – Als Dionys ihn anspuckte, duldete er’s, und sagte, als ihm einer dies vorwarf: Die Fischer lassen sich vom Meer bespritzen, um einen Kobius zu fangen, und ich sollte mich nicht mit Speichel befeuchten lassen, um einen Blennus zu erhaschen?

      4. (68) Der kohlwaschende Diogenes verspottete ihn, als er vor ihm vorbeiging und sagte: Wenn du so etwas essen gelernt hättest, so liefst du nicht an die Höfe der Gewaltherrscher. Er antwortete: Und du würdest keinen Kohl waschen, wenn du gelernt hättest, mit Menschen umzugehen. Als man ihn fragte, welches die vorzüglichsten Vorteile wären, die ihm die Philosophie gebracht habe, antwortete er: Dass ich mit allen Menschen umzugehen im Stande bin. Als man ihn tadelte, dass er soviel Aufwand in seiner Lebensart machte, sagte er: Wäre das etwas Böses, so geschähe es nicht an den Festen der Götter. Als man ihn fragte, worin die Philosophen den Vorzug hätten, sagte er: Wir könnten doch in Gesellschaft leben, wenn auch alle Gesetze aufgehoben würden. (69) Als ihn Dionys fragte, warum die Philosophen an die Türen der Reichen kämen, aber die Reichen niemals an die Türen der Philosophen, antwortete er: Die Philosophen wissen, was ihnen fehlt, die Reichen aber nicht. Als ihm Platon seine kostbare Lebensart vorwarf, fragte er ihn: Hältst du Dionys für gut? und als er das bejahte, erwiderte er ihm: Der lebt aber noch viel köstlicher als ich! Man kann beides: gut und köstlich zugleich leben. Als man ihn fragte, worin die Gebildeten von den Ungebildeten verschieden wären, sagte er: Eben darin, worin zugerittene Pferde von ungebändigten verschieden sind. Als er einstmals ins Haus einer Lustdirne ging und ein junger Mensch, der eben bei ihm war, rot wurde, sagte er: Das Hineingehen ist nicht schwer, aber nicht wieder herausgehen können, das ist’s! (70) Als ihm jemand ein Rätsel zur Auflösung vorlegte, sagte er: Tor, warum soll ich das lösen, was gebunden uns Mühe macht? Besser ist’s, ein Bettler sein, als ungebildet, denn jenem fehlt es nur an Geld, diesem aber an Menschheit. Als ihn einer schimpfte, ging er weg, und als ihm der andere nachging und sagte: Was läufst du weg? antwortete er: Du hast die Freiheit zu schmähen und ich, dich nicht anzuhören. Als ihm einer sagte, dass er die Philosophen immer vor den Türen der Reichen sähe, sagte er: Sind die Ärzte nicht auch vor den Türen der Kranken, und deswegen wählt doch keiner, lieber krank als ein Arzt zu sein. (71) Als er auf der Fahrt nach Korinth einen Sturm litt, geriet er in Furcht, worauf einer zu ihm sagte: Wir ungelehrte Leute fürchten uns nicht, und ihr Philosophen wollt zittern? Er antwortete: Es ist nicht einerlei Leben, weswegen ein jeder von uns zittert. Als einer hochmütig darüber war, dass er viele Kenntnisse habe, sagte er: So, wie diejenigen, welche viel essen und sich viel auf Übungsplätzen üben, keine vorzüglichere Gesundheit haben, als die, welche nur das, was erforderlich ist, tun, so sind auch die keine Gelehrten, die viel, sondern die viel Nützliches wissen. Zu einem Redner, der eine Prozesssache für ihn durchgesetzt und gewonnen hatte und ihm nachher sagte: Was hat dir nun Sokrates genützt? sagte er: Dieses, dass das wahr ist, was du von mir gesagt hast. (72) Seiner Tochter Arete gab er den besten Unterricht, da er sie dazu gewöhnte, den Überfluss zu verachten. Als ihn einer fragte, welchen Vorzug sein gebildeter Sohn denn habe, sagte er: Wenn er auch keinen anderen hat, so hat er doch den, dass im Theater nicht ein Stein auf dem anderen sitzt. Als ihm einer seinen Sohn vorstellte, verlangte er 500 Drachmen, da jener antwortete: Für soviel Geld kann ich mir einen Sklaven kaufen, sagte er: Kauf ihn, so hast du zwei. Von seinen Freunden sagte er, nehme er nur deswegen Geld an, damit sie lernen möchten, wozu man das Geld gebrauchen müsse, nicht, um es selbst zu gebrauchen. Als ihm einer den Vorwurf machte, dass er für Geld einen Redner bei einer Prozesssache angenommen habe, antwortete er: Wenn ich ein Gastmahl anstelle, bezahle ich da nicht auch den Koch? (73) Als ihn Dionys einstmals zwang, etwas aus der Philosophie zu sprechen, sagte er: Es ist lächerlich, wenn du von mir forderst, was gesprochen werden soll und mich selbst lehren musst, wann ich sprechen soll. Wie Dionys darüber unwillig wurde und ihm sich unten an zu setzen befahl, sagte er: Du hast diesen Platz zum ehrenvolleren machen wollen. Als einer sich rühmte, dass er schwimmen könne, sagte er: Schämst du dich nicht, damit groß zu tun, was ein Delphin kann? Als man ihn fragte, worin ein weiser Mann von einem nicht weisen verschieden sei, sagte er: Schicke beide nackend zu Unbekannten, so wirst du es erfahren. Als sich einer rühmte, dass er viel trinken könne, ohne betrunken zu werden, sagte er: Das tun Maulesel auch. (74) Als ihm jemand den Vorwurf machte, dass er einer Lustdirne beiwohne, sagte er: Ist ein Unterschied darin, dass man in einem Haus wohnt, in welchem schon viele gewohnt haben, oder worin noch keiner gewohnt hat? Wie jener Nein sagte, fragte er weiter: Ist ein Unterschied darin, dass man in einem Schiffe schifft, worin schon Tausende, oder worin noch keiner geschifft hat? Auf die Antwort Nein sagte er: So ist auch kein Unterschied darin, ob man mit einer Weibsperson lebt, womit schon viele, als womit noch keiner gelebt hat. Als ihm einer den Vorwurf machte, dass er als ein Schüler des Sokrates Geld nehme, sagte er: Das tu ich! Auch Sokrates, wenn man ihm Lebensmittel und Wein schickte, nahm einiges davon an und schickte das übrige zurück, denn er hatte die ersten in Athen zu Schaffnern; ich aber habe nur den für Geld gekauften Eutychydes. – Er hatte auch Umgang mit der Lustdirne Lais, wie Sotion im 2. Buch seiner Folgen sagt. (75) Als man ihn deswegen tadelte, sagte er: Ich halte Lais fest, aber sie mich nicht; denn Vergnügungen haben, ohne sich davon überwältigen zu lassen, ist fürtrefflich, nicht aber, sie gar zu genießen. Als ihm einer seinen köstlichen Tisch vorwarf, sagte er: Du hättest das wohl nicht für 3 Obolen gekauft? und da der andere dies zugestand, erwiderte er: Ich bin also kein solcher Freund des sinnlichen Vergnügens, wie du ein Geldfreund bist. Als ihm Simus, der Schaffner Dionys’, kostbare Zimmer, die mit Marmor gepflastert waren, zeigte, hustete er auf und spie ihm ins Gesicht, und wie dieser aufgebracht darüber wurde, sagte er »Ich sah hier keinen schicklichen Platz dazu. – Simus war nämlich ein Phrygier und ein schlechter Mensch. (76) Als Charondas, oder nach anderen, Phaedon sagte: Wer ist der Salbendufter? antwortete er: Ich, der Unglückliche, und noch unglücklicher als ich ist der Perserkönig. Hüte dich aber, dass der Mensch dadurch nicht so herabgesetzt werde, wie keines der übrigen Tiere. Möchten die verfluchten Unzüchtlinge doch aufs schändlichste umkommen, die unsere schönen Duftsalben in den übelsten Ruf bringen! Als man ihn fragte, wie Sokrates gestorben sei, sagte er: Wie auch ich zu sterben wünschte. Als der Sophist Polyxen einstmals