Von dem Leben und den Meinungen berühmter Philosophen. Diogenes Laertius. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Diogenes Laertius
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Философия
Год издания: 0
isbn: 9783843800181
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und gesagt, er untersuche, was uns im Hause zum Wohl und was zum Schaden gereiche.

      Er habe es verachtet, wenn er bei seiner Untersuchung oftmals heftiger sprach und man ihm Maulschellen gab und Haare ausraufte und ihn öfters auslachte: das alles soll er geduldig ertragen haben. Als sich jemand wunderte, dass er gelassen bliebe, wie ihn einer mit dem Fuße stieß, sagte er: Sollte ich wohl einen Esel anklagen, der mit dem Fuß nach mir ausschlüge? Das sagt Demetrius.

      7. (22) Ins Ausland zu gehen, wie viele andere, hielt er nicht für nötig, es müsste denn ein Feldzug zu tun sein. Die übrige Zeit blieb er immer an einem Ort und unterredete sich ergiebiger mit denen, die sich mit ihm in Unterredungen einließen, nicht, um sie in ihren Meinungen zu widerlegen, sondern um einen Versuch zu machen, dadurch die Wahrheit zu finden. Man erzählt, Euripides habe ihm eine Schrift Heraklits gegeben und ihn gefragt, was ihm davon dünke? Er habe geantwortet: Was ich verstanden habe, ist vortrefflich, und also glaube ich, wird es auch das sein, was ich nicht verstehe; übrigens ist ein delischer Schwimmer dazu nötig. Er hielt auf Leibesübung und hatte einen gutgehaltenen Körper. Er machte den Feldzug nach Amsipolis mit und rettete Xenophon, da er ihn auffing, wie er im delischen Treffen vom Pferde stürzte. (23) Als alle Athener hier flohen, zog er sich langsam zurück, indem er ganz ruhig öfters umwendete und sich gegen die zu wehren suchte, die etwa auf ihn loskommen möchten. Er war auch mit bei dem Seezuge gegen Potidäa, denn der Krieg machte einen Landzug dahin unmöglich. Hier soll er die ganze Nacht hindurch stets eine Stellung beobachtet, und wie er den Preis der Tapferkeit erhalten, diesen dem Alkibiades abgetreten haben, von dem Aristipp im vierten Buch von den Wolllüsten der Alten sagt, dass er von ihm sehr geliebt worden sei. Der Chier Ion sagt, er sei in der Jugend mit Archelaus nach Samos gereist, und Aristotel schreibt, er sei auch nach Pytho gekommen. Favorin im ersten Buch der Denkwürdigkeiten lässt ihn auch nach dem Isthmus reisen.

      8. (24) Er war fest in seinen Meinungen und für die Volksregierung, welches daraus sichtbar ist, dass er dem Kritias nicht nachgegeben, wie er die Vorführung des reichen Salaminiers Leon verlangte und ihn hinrichten zu lassen. Er allein hat auch durch seine Stimme die zehn Strategen befreit; und ob er gleich aus dem Kerker entfliehen konnte, hat er’s doch nicht gewollt und den ihn Beweinenden Vorwürfe gemacht und in seinen Fesseln noch die schönsten Unterredungen mit ihnen gehalten.

      9. Er war selbstgenügsam und ehrwürdig. Als ihm Alkibiades, nach Pamphilas Erzählung im 7. Buch der Denkwürdigkeiten, einen großen Platz schenkte, um ein Haus darauf zu bauen, soll er gesagt haben: Wenn ich Schuhe nötig hätte, würdest du mir dann auch Leder gegeben haben, um Schuhe daraus zu machen? Und wäre ich nicht lächerlich, wenn ich’s annähme? (25) Oftmals sagte er zu sich selbst beim Anblick der Menge der verkäuflichen Dinge: wieviel Dinge sind doch, die ich nicht nötig habe! Sehr oft pflegte er auch diese Jamben zu wiederholen:

      Die silbernen und purpurnen Geräte sind für die Bühne,

       nicht fürs Leben nützlich.

      Er verachtete auch den Makedonier Archelaus, Skopas Kranonius Sohn, und Euryloch Larisäus Sohn recht sehr, nahm weder Geld von ihnen an, noch ging er zu ihnen und führte eine so wohlgeordnete Lebensart, dass er allein bei den öfteren Seuchen in Athen nicht erkrankte.

      10. (26) Aristotel sagt, dass er zwei Frauen gehabt habe, die erste sei Xanthippe gewesen, mit welcher er den Lamprokles gezeugt, die zweite Myrto, eine Tochter Aristides des Gerechten, die er ohne Aussteuer genommen und mit ihr den Sophroniskus und Menexen gezeugt habe. Andere sagen, Myrto sei seine erste Frau gewesen, und noch andere, er habe beide zugleich gehabt, zu welchen Satyr und der Rhodier Hieronymus gehören. Man sagt nämlich: um bei einem Mangel an Männern doch die Volksmenge zu vermehren, hätten die Athener durch einen Volksschluss festgesetzt, dass ein Mann zwar nur eine Bürgerin zur Frau nehmen, aber doch mit einer zweiten solle Kinder zeugen können: das habe nun auch Sokrates getan.

      11. Er war auch fähig, die über ihn spottenden zu übersehen; (27) und er hielt sich wegen seiner Genüglichkeit für ehrwürdig. Er forderte gar keinen Lohn und sagte, dass Essen und Trinken schmecke ihm dann am angenehmsten, wenn er am wenigsten Zukost gebrauche und am wenigsten einen Trunk erwarte, den er nicht hätte. Dadurch, dass er die kleinsten Bedürfnisse habe, nähere er sich den Göttern. Dies kann man schon aus den Lustspieldichtern abnehmen, die es nicht wissen, dass sie ihn eben durch das loben, was sie an ihm spöttlich tadeln. So sagt Aristophanes:

      O Mensch, du strebst mit Recht nach großer Weisheit,

       Um glücklich in Athen und anderwärts zu leben.

      Ferner:

      Sei eingedenk, und sinne drüber nach,

       Es ist was jämmerliches in dem Sinn.

       Du wirst nie müde, weder wenn du stehst,

       Noch wenn du gehst, auch Winterkälte schmerzt

       Dich eben nicht, du fühlst auch keine Gier

       Nach Speise, du enthältst dich immerfort

       Von Wein und Schmaus und anderm Torenunsinn.

      (28) Ameipsias lässt ihn in einem alten Mantel auftreten und drückt sich so aus:

      Sokrates, bester von wenigen Menschen,

       Albernster unter den meisten, auch du

       Kommst auch zu uns her, kannst was vertragen!

       Woher wollt’st du ein Wams auch nehmen?

       In das Unglück bist du gekommen,

       Weil du die Lederschneider verspottet hast.

      Wenn ihn auch noch so sehr hungerte, so konnte er’s doch nicht von sich erhalten, zu schmeicheln. Dieses Herabsehen, diesen Hochmut wirft ihm auch Aristophanes in folgenden Ausdrücken vor:

      Auf den Straßen schreitest du hoch einher,

       Wirfst nur Seitenblicke hochmütig,

       Barfuß gehst du, duldest viel Böses,

       Und machst immer die heitersten Mienen.

      Doch aber fügte er sich zuweilen auch in die Zeiten und zog ein Staatskleid an, wie zum Beispiel, da er nach Platons Gastmahl zum Agathon ging.

      12. (29) Er verstand beides, das Anmahnen und Abmahnen zu und von einer Sache. So hat er, wie Platon schreibt, den Theätet bei einer Unterredung von der Wissenschaft ganz begeistert entlassen; den Euthyfron aber, der seinem Vater einen Prozess machen wollte wegen der Fremdheit, brachte er durch eine Unterredung über die Kindespflichten davon ab. Auch den Lysis machte er durch sein Zureden sehr wohlgesittet, da er die Kunst verstand, immer die rechten Worte für jede Sache zu finden. Auch seinen Sohn Lamprokles, der gegen seine Mutter aufgebracht war, lenkte er herum, wie Xenophon erzählt. Platons Bruder Glaukon, der sich Staatsgeschäften widmen wollte, aber kein Geschick dazu hatte, brachte er davon ab, wie ebenfalls Xenophon schreibt, den Charmides im Gegenteil beredete er dazu, weil er Geschick dazu hatte. (30) Dem Feldherren Isikrates flößte er Mut ein, indem er ihm zeigte, wie die Hähne des Scherers Midas gegen die des Kallias mit den Flügeln stritten. Und ihn selbst hielt Glaukonides würdig, die Stadt zu schmücken gleich einem Fasan und Pfau. Er sagte auch, es sei etwas auffallendes, dass ein jeder leicht sagen könne, was er hätte, aber keiner angeben könne, welche Freunde er habe, so sorglos betrüge man sich in Ansehung derselben. Als er sah, dass Euklides sehr gern Streitreden hörte, sagte er: Euklides, du kannst die Sophisten wohl nützen, aber gar nicht die Menschen; denn er hielt, wie Platon im Euthydem sagt, ein unanständiges Gerede über solche Dinge für unnütz.

      13. (31) Als ihm Charmides Sklaven schenkte, um damit etwas zu verdienen, nahm er sie nicht an und achtete auch, nach einigen, der Schönheit des Alkibiades nicht.

      14. Er lobte die musse als das Schönste aller Güter, wie Xenophon im Gastmahl sagt. Er sagte, es gebe nur ein Gut, das Wissen und nur ein Übel, die Unwissenheit. Reichtum und edle Geburt hätten nichts Ehrwürdiges, im Gegenteil vielmehr alles Böse. Als ihm jemand sagte, Antisthenes habe eine Thrakerin zur Mutter, antwortete er, glaubst