Von dem Leben und den Meinungen berühmter Philosophen. Diogenes Laertius. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Diogenes Laertius
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Философия
Год издания: 0
isbn: 9783843800181
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gedichtet, und zu dieser seiner Behauptung soll sein Freund Metrodor der Lampsaker noch mehr hinzugesetzt haben, der den Dichter auch zuerst in Rücksicht auf Physik studiert haben soll.

      8. Anaxagoras hat auch zuerst ein geschriebenes Buch herausgegeben. Silen erzählt im ersten Buch seiner Geschichte, dass unter dem Archon Dimyl ein Stein vom Himmel gefallen; (12) und dass Anaxagoras gesagt habe, der ganze Himmel sei aus Steinen zusammengesetzt, die durch die Schnelligkeit der Bewegungen zusammengehalten würden und wenn diese nachließe, herunterfallen müssten.

      9. Von seinem Rechtshandel gehen verschiedene Sagen. Sotion sagt nämlich in seiner Folge der Philosophen, Kleon habe ihn der Unehrfurcht gegen die Götter angeklagt, weil er gesagt habe, die Sonne sei ein Klumpen glühendes Eisen; sein Schüler Perikles habe ihn zwar verteidigt, aber er sei zu einer Strafe von fünf Talenten und zur Landesflucht verurteilt worden. Satyr aber schreibt in den Lebensbeschreibungen, dass Thukydides ihn gerichtlich belangt habe, der ein Gegner des Perikles in Staatssachen war; die Klage habe auch nicht allein seine Unehrfurcht gegen die Götter, sondern zugleich seine medischen Gesinnungen betroffen, und er sei in seiner Abwesenheit zum Tod verurteilt worden.

      (13) Als ihm nun zugleich die Verurteilung und der Tod seiner Söhne berichtet worden, soll er, die Verurteilung betreffend, gesagt haben: über sie und über mich hat die Natur selbst schon abgeurteilt; in Rücksicht seiner Söhne aber: ich wusste, dass sie als Sterbliche gezeugt waren. Einige schrieben dies Solon, andere wieder Xenophon zu. Von ihm erzählt der Phalerier Demetrius in seinem Buch vom Alter, dass er seine Söhne mit eigenen Händen begraben habe. Hermipp hat in den Lebensbeschreibungen, dass man ihn lebenslang eingekerkert habe. Nun sei Perikles gekommen und habe gefragt, ob sie seinem Leben Vorwürfe zu machen hätten? Und da sie geantwortet, gar keine; so habe er gesagt: ich bin des Mannes Zögling, lasst euch also nicht durch Verleumdungen hinreißen, den Mann zu töten, sondern folgt mir und lasst ihn los! Worauf er losgelassen worden, er habe aber diese Beschimpfung nicht ertragen können und sich selbst einen Ausweg eröffnet. (14) Hieronymus aber erzählt im zweiten Buch seiner zerstreuten Denkwürdigkeiten, dass ihn Perikles ganz beschmutzt und abgezehrt von einer Krankheit vors Gericht geführt habe, und dass er mehr aus Mitleid, denn aus Rechtsgründen freigesprochen worden. Dies mag genug sein von seinem Rechtshandel. Man hält ihn für den Feind Demokrits, weil er mit ihm nicht zu einer Unterredung kommen konnte.

      10. Zuletzt begab er sich nach Lampsakus, wo er starb, und als ihn die Stadtobrigkeit fragen ließ, was sie für ihn noch tun könnten sagte er, sie möchten alle Jahre in seinem Sterbemonat die Kinder zusammen spielen lassen. Dieser Gebrauch wird noch jetzt beobachtet. (15) Nach seinem Tod begruben ihn die Lampsaker sehr ehrenvoll, und setzten ihm die Grabschrift:

      Anaxagoras ruht hier, der am weitesten eindrang

       In die wahre Natur dieser himmlischen Welt.

      Die unsrige auf ihn ist diese:

      Anaxagoras ward darob zum Tod verdammet,

       Dass er die Sonne genannt einen glühenden Ball.

       Ihn befreite sein Freund Perikles, er selber, der Weise,

       Ging den sanftesten Gang aus dem Leben hinaus.

      11. Es sind noch 3 andere Anaxagoras gewesen, bei deren keinem sich alles fand; der eine war ein Redekünstler aus Isokrats Schule; der andere ein von Antigon erwähnter Bildhauer; der dritte ein Sprachlehrer, aus Zenodots Schule.

       Archelaus

      1. (16) Archelaus, ein Athener oder Milesier, Apollodors oder nach einigen Mysons Sohn, Anaxagoras Schüler, war Sokrates’ Lehrer.

      2. Er hat zuerst die physische Philosophie aus Ionien nach Athen gebracht, weshalb er der Physiker genannt wurde, weil mit ihm die physische Philosophie aufhörte, da Sokrates die ethische einführte. Doch scheint auch er die ethische schon mit berührt zu haben, denn er philosophierte auch über Gesetze, über Anständigkeit und Gerechtigkeit. Von ihm nahm Sokrates dies an und erweiterte es so, dass er für den Erfinder gehalten worden ist.

      3. Er nahm zwei Ursachen der Erzeugung an, Wärme und Kälte, und ließ die lebendigen Wesen aus Schlamm entstehen. Gerechtigkeit und Schändlichkeit, sagte er, bestimme nicht die Natur, sondern das Gesetz. Seine Gründe waren diese: (17) Wenn das Wässerige durch die Wärme flüssig gemacht wird, erzeugt es, insoweit es feurigen Wesens ist, Erde, insoweit es aber herumfließt, Luft; daher wird jene von der Luft, diese aber von der Umgebung des Feuers beschränkt. Die Tiere, sagte er, entstehen aus erwärmter Erde, und der Schlamm gebe ihnen eine der Milch sehr nahekommende Nahrung. Auf solche Art wären auch die Menschen entstanden. Er behauptete zuerst, dass die Stimme durch einen Stoß der Luft entstehe, dass das Meer in den Höhlungen der Erde zusammengehalten werde; dass die Sonne das größte der Gestirne, das All aber unbegrenzt sei.

      4. Es sind noch drei andere Archelaus gewesen, ein Erdbeschreiber der von Alexander durchzogenen Länder; ein anderer, der die Naturerzeugnisse jedes Ortes beschrieben, und ein dritter, der über die Redekunst geschrieben habe.

       Sokrates

      1. (18) Sokrates war ein Sohn des Steinmetzes Sophroniskus und der Hebamme Phänarete, wie Platon im Theatet schreibt. Als Athener gehörte er zum alopekischen Demus.

      2. Man glaubte, dass er dem Euripides an seinen Dichterwerken helfe, daher sagt Mnesitoch:

      Zum neuen Drama des Euripides,

       Die Phryger, trug auch Sokrates sein Früchtchen.

      Und wiederum:

      Euripides, der Sokratesklammerer.

      Und Kallias in den Gefesselten:

      Ja, du hochmutest jetzt, und prahlst so groß!

       Das kann ich auch. Mir hilft ja Sokrates.

      Aristophanes in den Wolken:

      Euripides, der Trauerspiele dichtet,

       Die voll Geschwätz, das ist, voll hoher Weisheit sind.

      3. (19) Er hat, wie einige sagen, den Anaxagoras gehört, auch den Damon, wie Alexander in den Folgen sagt. Nach dessen Verurteilung hörte er den Physiker Archelaus, mit dem er, wie Aristoxen sagt, in Liebesverbindung gestanden haben soll.

      4. Duris schreibt, er habe auch Sklavendienste getan und Steine gemetzt; und die bekleideten Charitinnen auf der Burg sollen, nach einiger Behauptung, seine Arbeit sein. Daher sagt auch Timon in den Sillen:

      Und von ihnen wich ab der Sprecher des Rechtes, der Steinmetz,

       Der Hellenenweissager, der feine Denker und Lehrer,

       Jener Spöttler, Rhetorenverachter, der überverfeinte Attiker, der Ironiker. –

      5. Er besaß auch eine Stärke in der Rhetorik, wie Idomeneus schreibt, aber die Dreißiger untersagten ihm, wie Xenophon berichtet, die Redekust zu lehren. (20) Aristophanes lässt ihn in der Komödie als einen auftreten, der eine schlechte Sache als eine gute vorzustellen weiß. Er war nämlich der erste, wie Favorin in den vermischten Geschichten erzählt, der zugleich mit seinem Schüler Äschines die Kunst des Vortrags lehrte. Eben das sagt auch Idomeneus, in seinem Buch von den Sokratikern. Er hielt auch zuerst Vorträge über das menschliche Leben und war der erste der Philosophen, der zum Tode verdammt und hingerichtet worden. Aristoxen, Spinthars Sohn, sagt auch, dass er Wucher getrieben habe, und das auf Zinsen gegebene Geld mit den Zinsen wieder einzuziehen gewohnt gewesen sei, nach deren Verzehrung er solches wiederum ausgetan habe. Der Byzanter Demetrius schreibt, Kriton habe ihn aus der Werkstatt herausgeholt und ihn unterrichtet, weil er sich in die Anmut seines Geistes verliebt hatte.

      6. (21) Nachdem er aber erkannt, dass die