Von dem Leben und den Meinungen berühmter Philosophen. Diogenes Laertius. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Diogenes Laertius
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Философия
Год издания: 0
isbn: 9783843800181
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Periander, Kypsels Sohn, war ein Korinthier aus dem heraklidische Hause. Er heiratete Lyside, die er selbst Melissa nannte, eine Tochter des epidaurischen Gewaltherrschers Prokles und der Eristheneia, die eine Tochter Aristokrats und Schwester Aristodems war, die fast ganz Arkadien beherrschten, wie Heraklides von Pontus in seiner Schrift über die Herrschaft schreibt. Er zeugte mit ihr zwei Söhne, Kypsel und Lykophron, wovon der jüngere verständig, der ältere aber unklug war. Nach Verlauf einiger Zeit warf er seine Frau mit einer Fußbank, oder stieß sie mit dem Fuße, da sie schwanger war, wovon sie sterben musste, wozu er sich durch die Lästerungen seiner Kebsweiber verleiten lassen, die er nachher verbrannte. Seinen Sohn Lykophron aber, der seine Mutter so sehr bejammerte, schickte er fort nach Kerkyra.

      2. (95) Wie er aber in hohem Alter war, ließ er ihn wieder zurückrufen, damit er die Herrschaft übernähme; aber die Kerkyrer fingen ihn auf und töteten ihn. Aufgebracht hierüber schickte er ihre Söhne zu Alyates, um sie verschneiden zu lassen. Aber das Schiff landete zu Samos, wo sie bei der Hera um Schutz flehten und von den Samiern gerettet wurden. Er starb nun aus Kummer, da er schon an 80 Jahre alt war. Sosikrat aber sagt, er sei noch 41 Tage vor Krösus vor der 49. Olympiade gestorben. Herodot schreibt im 1. Buch von ihm, er sei ein Gastfreund des milesischen Gewaltherrschers Trasibuls gewesen. (96) Aristipp schreibt im 1. Buch von den Ergötzlichkeiten der Alten von ihm: seine Mutter Krateia habe sich in ihn verliebt und heimlichen Umgang mit ihm gehabt, der auch ihm sehr gefallen habe: aber wie dieses ausgekommen, sei ihm die Entdeckung verdrießlich gewesen und er habe sich nun gegen alle hart betragen. Euphor erzählt, er habe gelobt, wenn er im Vierspann zu Olympia siegte, eine goldene Statue aufzustellen. Nach erlangtem Sieg habe es ihm an Gold gefehlt und da er bei einem ländlichen Fest alle Weiber im Schmuck gesehen, habe er ihnen allen Schmuck abgenommen und nun die Statue übersandt.

      3. Einige sagen auch, er habe gewollt, dass sein Grab nicht bekannt werden solle und daher folgendes veranstaltet: Zwei Jünglingen, denen er einen gewissen Weg angewiesen, habe er befohlen, des nachts auszugehen und den zu töten und zu begraben, der ihnen begegnen würde; und wiederum vier anderen, auf diese loszugehen, sie zu töten und zu begraben; und abermals habe er noch mehr andere wider diese ausgeschickt. Er selbst sei den ersteren entgegengekommen und niedergemacht worden. Die Korinther aber haben auf ein Ehrengrab desselben folgende Inschrift gesetzt:

      (97) Periander, den ersten an Schätzen und Weisheit, erzeugte und begrub Korinth hier am Busen der See.

      Die unsrige ist diese:

      Trauere nicht, wenn nicht alles dir glücket, sondern genieße,

       Was dir schenket ein Gott, stets mit fröhlichem Sinn.

       Periander erblasste, der Weise, darüber sich kümmernd,

       Dass ihm, was er gewünscht zu vollenden, misslang.

      4. Von ihm ist auch der Spruch: Man muss nichts des Geldes wegen tun, sondern nur wahren Gewinn für Gewinn halten. Er hat auch an 2000 Verse Vorschriften geschrieben. Auch sagte er: wer sicher herrschen wolle, der müsse die gute Gesinnung der Beherrschten, nicht Waffen zu seinen Leibwächtern machen. Als man ihn fragte: warum er Herrscher sein wolle? antwortete er: weil es gleich gefährlich ist, freiwillig abzudanken, als der Herrschaft beraubt zu werden. Folgendes hat er auch gesagt: Ruhe ist rühmlich; Mutwillen ist gefährlich; Gewinn ist schändlich, Volksherrschaft ist besser als Gewaltherrschaft; Wolllüste sind vergänglich, Ehre ist unsterblich; im Glück sei mäßig, im Unglück klug. (98) Betrage dich gegen glückliche und unglückliche Freunde immer als derselbe; was du versprichst, das erfülle; plaudere keine Geheimnisse aus; strafe nicht bloß, die schon gesündigt haben, sondern auch, die es erst tun wollen.

      5. Er war der erste, der eine Leibwache hatte und die Regierung zu einer Gewaltherrschaft machte, auch nicht jedem, der es wollte, in der Stadt zu leben erlaubte, wie Euphor und Aristotel schreiben.

      6. Er blühte um die 38. Olympiade und herrschte als Gewaltfürst 40 Jahre. Sotion aber und Heraklides, nebst Pamphilas im 5. Buch der Denkwürdigkeiten, schreiben, dass zwei Periander gewesen, einer, der Gewaltfürst und einer der Weise von Amprakia. (99) Eben das sagt auch der Kyziker Neanth mit dem Zusatz, dass sie Geschwisterkinder gewesen. Aristotel indes nennt den Korinther den Weisen, welchem Platon widerspricht. Sein Spruch ist: Übung erfordert alles. Er wollte auch die Landenge durchgraben.

      7. Folgende Briefe schreibt man ihm zu:

      Periander an die Weisen.

      Viel Dank dem pythischen Apoll, dass ihr dort zusammengekommen seid, und mein Brief wird euch auch nach Korinth bringen! Ich werde euch, wie ihr selbst wisst, aufs leutseligste empfangen. Wie ich erfahren, seid ihr im vorigen Jahr bei dem lydischen König in Sardes gewesen, und also wird es euch auch nicht zuwider sein, zu mir, dem Fürsten von Korinth, zu kommen. Die Korinther werden es auch mit Vergnügen sehen, wenn ihr in das Haus Perianders kommt.

      8. (100) Periander an Prokles.

      Das Unglück meiner Frau war nicht mein Wille. Also handelst du ungerecht, wenn du vorsätzlich den Sohn von mir abwendig machst. Mache daher, dass der Sohn mit seinem Trotz aufhört, oder ich werde mich rächen. Ich habe auch schon Vergeltung geübt und deine Tochter, sie selbst und aller Korintherinnen Kleider verbrannt.

      9. Trasibul schrieb ihm folgenden Brief:

      Trasibul an Periander.

      Deinem Abgeordneten habe ich nichts geantwortet. Ich habe ihn aber in die Saatfelder geführt und vor seinen Augen die hervorragenden Ähren mit dem Stock abgeschlagen. Wenn du ihn fragst, so wird er dir berichten, was er von mir gehört und gesehen hat. Du musst aber so verfahren, wenn du deine Obergewalt befestigen willst; die größten der Bürger musst du aus dem Weg räumen, es mag sich einer als deinen Feind zeigen oder nicht: einem Gewaltherrscher sind auch selbst seine Freunde verdächtig.

       Anacharsis der Skythe

      1. (101) Anacharsis der Skythe war ein Sohn Gnurs und ein Bruder des skythischen Königs Kalvids, seine Mutter aber war eine Griechin.

      2. Daher sprach er beide Sprachen. Er schrieb ein Gedicht von 800 Versen über die Gewohnheiten und Gebräuche der Skythen und Griechen, sowohl das häusliche Leben, als den Krieg betreffend. Er gab auch durch Freimütigkeit im Reden Gelegenheit zu dem Sprichwort: das ist skythisch gesprochen.

      3. Sosikrat sagt von ihm, dass er um die 47. Olympiade, als Eukrates Archon war, nach Athen gekommen; Hermipp schreibt, als er in Solons Haus gekommen, habe er einem der Bedienten gesagt, er möchte den Anacharsis anmelden, der Solon zu sehen und wo möglich dessen Gastfreund zu werden wünsche. (102) Wie der Bediente ihn angemeldet, habe ihm Solon zurücksagen lassen: Gastfreundschaften würden nur im eigenen Vaterlande gemacht. Anacharsis sei hierauf hineingegangen und habe gesagt, jetzt sei er in seinem Vaterland und also käme es ihm zu, Gastfreundschaft zu machen. Solon habe seine Gewandtheit bewundert und, indem er ihn anstaunte, ihn zu seinem größten Freund gemacht.

      4. Als er nach einiger Zeit nach Skythien zurückgekommen war und damit umging, die herkömmlichen Gebräuche seines Vaterlands abzuschaffen, da er ganz zu einem Griechen geworden war, erschoss ihn sein Bruder mit einem Pfeil auf der Jagd. Sterbend sagte er: durch Weisheit habe ich mich aus Griechenland gerettet, und durch Neid komme ich in meinem Vaterland um! Einige aber sagen, er sei niedergemacht worden, da er nach griechischer Weise Opfer feierte. Unser Epigramm auf ihn ist folgendes:

      (103) Da der Skyth’ Anacharsis, der vielgereiste, zurückkam, Lehrend sein wilderes Volk leben nach griechischem Brauch, und sein unvollendetes Wort im Munde ihm schwebte, Riss ein fliegendes Rohr ihn zum Olympus empor.

      5. Er sagte, der Weinstock trage drei Trauben – eine Traube des Vergnügens, eine der Trunkenheit und eine der Traurigkeit. Ferner sagte er: es sei ihm auffallend, dass bei den Griechen die Künstler sich im Wettstreit einließen und die Entscheidung solchen zukäme,