Im Auge des Falken. J.L. Langley. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: J.L. Langley
Издательство: Bookwire
Серия: Regelence
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958235908
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Hände über seinem Bauch. »Ich möchte, dass du deinen Titel benutzt.«

       »Du willst, dass ich als IN-Offizier undercover gehe?«

       Der ältere Mann schüttelte den Kopf. »Nein, ich will, dass du als Earl gehst. Als Earl of Deverell, Erbe des Duke of Hawthorne.«

       Nates Magen verkrampfte sich, als hätte ihm jemand mit der Faust hineingeschlagen. Er hätte schwören können, dass er hörte, wie sein Blut durch seine Adern rauschte, und sein Mund fühlte sich an, als hätte er einen dieser bitteren Granulat-Riegel gegessen, die Trouble so liebte. Nach außen wirkte er jedoch so gelassen wie zuvor.

       »Ich bin nicht mehr Hawthornes Erbe. Ich bin mir sicher, dass diese Ehre schon lange meinem jüngeren Bruder zuteil geworden ist.«

       »Das spielt keine Rolle, Nate. Niemand wird erfahren, dass du seit beinahe zwanzig Jahren keinen Kontakt mehr zu deiner Familie hast. Ich brauche dich, weil du in einer Regency-Gesellschaft aufgewachsen bist. Du weißt, wie man sich als Lord, als Gentleman verhält.«

       »Ist das ein Befehl oder eine Bitte?« Er dachte einen Moment lang darüber nach. »Nein. Ich werde nicht nach Englor zurückkehren. Du musst dir jemand anderen dafür suchen.«

       »Nein, nein, nicht Englor, aber ein Planet, der ihm sehr ähnlich ist. Er heißt Regelence. Sie sind ähnlich aufgebaut. Ihre Gesellschaft basiert, wie Englors, auf dem irdischen Regency-Zeitalter. Außerdem untersteht er wie Englor der Zuständigkeit der Aries-Flotte.«

       Nate schloss die Augen und ließ seinen Kopf nach hinten gegen die Lehne sinken. Er wollte das nicht. Es würde viel zu viele Erinnerungen zurückbringen. Erinnerungen, die längst tot waren. Oder wenn schon nicht tot, dann doch zumindest in seine Vergangenheit verbannt, wo sie ihn nicht mehr beeinträchtigen konnten.

       »Warum?« Er öffnete die Augen und sein Blick traf Carls.

       »Weil die Waffen, die du auf dem Kreuzer, der dein Schiff angegriffen hat, gefunden hast, von dort gestohlen wurden. Wir müssen herausfinden, wer darin verwickelt ist. Es ist ein seltsamer Zufall, ich weiß, aber das wird es dir umso leichter machen, dich dort einzufügen. Andernfalls müssen wir erst jemanden darauf trainieren und das braucht Zeit. Zeit, die wir nicht haben. Wir können nicht erlauben, dass unsere eigenen Waffen gegen uns benutzt werden, wenn wir den Frieden zwischen den Planetensystemen bewahren wollen, Nate.«

       Mistkerl. Das musste ja sein. Carl wusste verdammt gut, wie Nate zu seiner Arbeit und dem Friedenserhalt durch die IN stand.

       »Ich brauche jemanden, dem ich vertrauen kann, Hawk.«

       »Na schön. Ich bin dabei.«

       Strahlend lächelte Carl ihn an. »Gut. Du wirst dich auf der Basis des Regelence Space Docks melden. Dort wirst du mit einer entsprechenden Garderobe ausgestattet. Nimm Trouble mit, du wirst jemanden brauchen, der sich unter die Dienerschaft mischen kann.«

       »Ja!«, tönte Troubles triumphierender Schrei aus dem Nebenraum.

       Nate unterdrückte nur mit Mühe ein Lachen. Das kleine Mistvieh!

       Der Admiral dagegen lachte laut auf. »Bring ihm bei, als dein Kammerdiener zu fungieren. Du wirst in der königlichen Residenz in Pruluce, dem Regierungsland von Regelence, wohnen.«

       Nates Augenbrauen wanderten beinahe in seinen Haaransatz. Carl hatte nicht untertrieben, als er gesagt hatte, dass er jemanden brauchte, der sich in adeligen Kreisen bewegen konnte.

       »Die königliche Residenz?«

       Carls Mundwinkel zuckten. »Ja, du wirst Gast von König Steven und seinem Ehemann sein. Raleigh arbeitet für die IN. Aber weil er von dem Fall persönlich betroffen ist, kann er nicht offiziell beteiligt sein. Ich bezweifle, dass man dich erkennt, aber wenn doch, ist das auch nicht weiter schlimm. Und wo wir gerade dabei sind: Steven und Raleigh sind die Einzigen, die den wahren Grund deines Aufenthalts kennen. Ganz unter uns, ich kenne beide Männer persönlich. Sie haben mit der Sache sicher nichts zu tun. Du kannst ihnen vollkommen vertrauen. Offiziell wirst du natürlich mir Bericht erstatten. Dein komplettes Briefing erhältst du, wenn –«

       Nate blinzelte und bekam nur noch die Hälfte von dem mit, was der Admiral sagte. Hatte er gerade gesagt – nein, unmöglich.

       »Moment mal. Hast du gerade Ehemann gesagt? Der Ehepartner des Königs ist ein Mann?« Eine Gesellschaft wie die, in der Nate aufgewachsen war, tolerierte keine gleichgeschlechtlichen Beziehungen.

       Der Admiral lachte. »Habe ich vergessen, zu erwähnen, dass Regelence eine extrem patriarchal strukturierte Gesellschaft ist? Kurz gesagt: Die Aristokratie geht sicher, dass ihre Nachkommen, insbesondere ihre Erben, männlich sind und genetisch verändert werden, sodass sie eine Vorliebe für ihr eigenes Geschlecht haben.«

      ***

       Planet Regelence, Regierungsland Pruluce,

      Taverne Lazy Dog in Classige

      Ralph Benson lehnte sich mit angehaltenem Atem gegen die Wand. Als er dem anderen Kammerdiener hierher gefolgt war, hatte er keine Ahnung gehabt, was auf ihn zukommen würde. Er war mit anderen Bediensteten der Residenz hergekommen, um gemütlich ein Bier zu trinken, nachdem sich die königliche Familie zur Nachtruhe begeben hatte. Er hätte nie erwartet, dass diese Information ihm hier in die Hände fallen würde.

      Er nahm einen Schluck von seinem Ale und nickte der Bedienung zu, immer noch auf das konzentriert, was der Kammerdiener sagte.

      »Ich denke, ich habe den richtigen Mann gefunden, um an die Klon-Technologie heranzukommen, wenn der erst einmal in die Familie eingeheiratet hat. Sobald er seinen Ehemann von sich abhängig gemacht hat, kommen wir an den Vater ran.« Der Kammerdiener verstummte plötzlich und Ralph nahm an, dass er der Person am anderen Ende seines Televids lauschte. »Nein, die Königin-Schlampe weiß nichts davon. Sie weiß nur, dass sie das Geld bekommt, wenn sie ihm die Baupläne besorgt.« Wieder machte der Mann eine Pause. »Azrael hat keine Ahnung, dass ich hier bin, aber ich glaube, er verdächtigt uns. Und denk dran: Wir haben immer noch ihr Kind, das wir benutzen können, wenn –«

      Ralph bewegte sich von der Wand weg. Er hatte genug gehört. Er hatte das meiste nicht verstanden, aber er wusste jetzt genug, um davon auszugehen, dass ihre Königin in die Sache verwickelt war, und deswegen war er hier. Er musste Colonel Hollister irgendwie eine Nachricht zukommen lassen.

       Kapitel 3

      Planet Regelence, Regierungsland Pruluce, außerhalb von Classige

      Nate sah aus dem Fenster auf die vorbeiziehende Landschaft und fühlte sich dabei in seine Vergangenheit zurückversetzt. Das alles schien so surreal, die Kleidung, der Gleiter, alles. Es rief in ihm die widersprüchlichsten Gefühle hervor.

      Er musste feststellen, dass er ganz automatisch aufrechter saß als sonst. Ob es nun an dem Auftrag oder an dem unterdrückten Lord in ihm lag, konnte er nicht sagen. Tatsache war, dass er früher nicht gerade ein Vorzeige-Adeliger gewesen war, er sich nun aber trotzdem daran erinnern musste, dass er hier nur eine Rolle spielte. Je schneller er herausfand, wer für den Waffendiebstahl verantwortlich war, desto besser.

      Ein Knurren in Verbindung mit dem Rascheln von Kleidung lenkte seine Aufmerksamkeit wieder ins Innere des Gleiters. Er unterdrückte ein Lächeln, weil er wusste, dass Trouble das nur als Bestätigung aufgefasst hätte. Der Junge war nur am Zupfen und Schimpfen, seit sie sich vor drei Stunden im Raumhafen umgezogen hatten.

      Nate wusste verdammt gut, dass die Nervensäge auf sein Mitleid spekulierte, aber das konnte er vergessen. Wenn er selbst Weste und Krawattentuch tragen musste, dann Trouble ebenfalls. Der Kleine sollte dankbar sein, dass auf Regelence ein gemäßigtes Klima herrschte. Auf Englor hatte es so unerträglich heiße Tage gegeben, dass man sich ausschließlich in klimatisierten Gebäuden hatte aufhalten können.

      Trouble gab jammernde Stöhner und Grunzer von sich und schien zu versuchen, sich durch windende Bewegungen durch die Lederpolsterung zu arbeiten.

      »Hör auf damit.«

      Trouble