Im Auge des Falken. J.L. Langley. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: J.L. Langley
Издательство: Bookwire
Серия: Regelence
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958235908
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um seine Kniehosen ein bisschen lockerer zu machen.

      Kurz darauf riss er eine Hand nach oben und zerrte an seiner Halsbinde, gefolgt von dramatischen Lauten des Erstickens. Mit viel Aufwand glitt der Junge schließlich auf den polierten Holzfußboden und starrte finster zu Nate hoch.

      Nate hob nur eine Augenbraue.

      »Bring mich am besten gleich um.« Die Nervensäge ließ ihre Arme neben sich auf den Boden fallen. Sein Gesicht verzog sich und er schloss wimmernd die Augen.

      Nates Mundwinkel zuckten. Der Junge hatte wirklich einen Sinn für Dramatik – er war eine ziemliche Dramaqueen.

      »Was ist denn aus Ich bin Trouble, der Superspion! geworden?«

       Die hellen Augenbrauen zogen sich zusammen und ein blaugrünes Auge öffnete sich. »Das war, bevor ich gezwungen wurde, dieses Zeug anzuziehen. Das ist Kometenscheiße, Hawk!« Trouble stemmte sich mit einem Seufzen vom Boden hoch und hievte sich wieder auf die Sitzbank. »Die Hosen sind so eng, dass mir meine Eier praktisch unterm Kinn hängen. Oder vielmehr: Da wären sie, wenn die Schlinge um meinen Hals es nicht verhindern würde.« Er zog erneut an dem gestärkten, weißen Stoffstück, das kunstvoll an seinem Kragen befestigt war. »Ich verstehe nicht, warum ich auch dieses affige Kostüm anziehen muss. Ich soll doch ein Diener sein.«

       »Du bist ein Kammerdiener. Wie soll es glaubhaft sein, dass du für die Ordnung meiner Kleidung sorgst, wenn du dich nicht einmal selbst richtig anziehen kannst?«

       »Ich hab deine Kleidung nicht ausgesucht, sondern umgekehrt.« Er deutete auf seine Halsbinde, der Nate einen komplizierten Knoten verpasst hatte. »Warum kann ich nicht der Earl sein und du mein Kammerdiener?«

       »Weil sich ein Earl nicht am Boden wälzt und darüber beklagt, dass ihm unaussprechliche Teile seiner Anatomie unterm Kinn hängen.«

       Troubles Augen wurden groß. »Scheiße, Hawk, du klingst, als hättest du 'nen Stock im Arsch.«

       Nate drehte sich wieder zum Fenster und studierte die grünen Hügel und Bäume, um sein Grinsen vor Trouble zu verbergen. »Adelige sprechen auch Gegenstände im Hinterteil anderer Menschen nicht an.«

       »Wo wir gerade bei Ärschen sind –«

       »Trouble...«, brummte er warnend. Er hatte keine Ahnung, was die Nervensäge hatte sagen wollen, aber es war garantiert nichts, was der Kleine laut aussprechen sollte. Zumindest nichts Anständiges, aber er musste sich in seine Rolle einfinden. Natürlich war das ganz allein Nates Schuld, weil der Junge sein halbes Leben in der Gesellschaft von Raumfahrern verbracht hatte.

       »Waahaas? Ich meine doch nur... Das ist eine schwule Gesellschaft, oder? Heißt das also, ich kann mir einen Freund suchen?«

       Nate stöhnte laut auf. »Nein, kannst du nicht. Das hier ist Arbeit. Dein Job ist es, Informationen zu sammeln.« Der Gedanke, dass sein Sohn dabei möglichen Gefahren ausgesetzt war, gefiel ihm nicht. Und es erinnerte ihn daran, dass die Nervensäge bei seiner letzten Eskapade beinahe erschossen worden wäre.

       Ein Grinsen schlich sich auf das jungenhafte Gesicht. »Was ist, wenn ich dem Feind... nahekommen muss, um Informationen zu bekommen?«

       »Warum habe ich nur das Gefühl, dass du dich exakt in einer solchen Situation wiederfinden wirst?«

       Die Nervensäge zuckte die Schultern und wand sich noch ein bisschen, während er an seiner Weste zupfte.

       »Denk dran: Du bist der Bedienstete eines Earls. Wir sind nicht zum Spaß hier.«

       Das rote Lämpchen über der Tür begann zu blinken und zeigte damit eine eingehende Nachricht an. Nate warf noch einen Blick aus dem Fenster und erkannte, dass sie auf ein großes, verziertes Eisentor zuhielten. Er sah Trouble bedeutungsvoll an und hielt sich einen Finger an die Lippen, bevor er den Knopf des Intercoms drückte.

       »Guten Nachmittag, Lord Deverell«, begrüßte ihn ein tiefer Bariton, während die Torflügel aufschwangen und ihnen Einlass gewährten. »Ich bin Jeffers, der Butler des Anwesens. Willkommen in Townsend Castle. Mein Stellvertreter Thomas wird Euch in Empfang nehmen.«

       »Danke, Jeffers. Würden Sie bitte jemanden schicken, der meinem Kammerdiener mit dem Gepäck hilft?«

       Trouble verdrehte die Augen.

       »Sehr wohl, Milord.«

       »Danke.« Nate sah seinen Sohn finster an. Es war Zeit, die Sache ernst zu nehmen. Je schneller sie herausfanden, wer diese beschissenen Waffen gestohlen hatte und wie, desto schneller konnten sie zurück zur Lady Anna und mit dieser Farce aufhören. Das Intercom schaltete sich aus.

       Offensichtlich hatte die Nervensäge beschlossen, sich zu benehmen und die Rolle zu spielen, die ihm zugedacht war. Er zog zwar noch immer eine Grimasse, die seinen Hals ziemlich seltsam aussehen ließ und die wohl die Halsbinde kompensieren sollte, aber er saß aufrechter und riss sich zusammen.

       »Denk dran, dass du durch den Dienstboteneingang hineingehst, wenn wir ausgestiegen sind, und dass du dich nur unten oder in meinen Räumen aufhältst. Wahrscheinlich schläfst du in einem kleinen Zimmer, das mit meinem verbunden ist. Versuch, dich anständig zu verhalten, fluch nicht, halt dich gerade und erreg um Himmels willen kein Aufsehen.«

       »Ja, ja, ja, ich hab schon verstanden, dass ich –«

       »Ahem«, räusperte sich Nate.

       »Ich meine, sehr wohl, Milord.« Trouble seufzte. »Ich hatte Benimmunterricht und falls ich mehr Anleitung brauche, habe ich ein Referenzbuch auf meinem Reader im Koffer.«

       Nickend griff Nate nach seinem Kastorhut, der neben ihm auf dem Sitz lag. »Gut. Sieh zu, dass in unseren Räumen alles ausgepackt wird, während ich unsere Gastgeber kennenlerne.«

       Der Gleiter hielt an, die Tür öffnete sich und die Trittstufen klappten aus dem Fahrzeug nach unten aus. Nate setzte seinen Hut auf, bevor er den Gleiter verließ. Vier Dienstboten erwarteten ihn am Fuß der Treppe, den Uniformen nach zu urteilen ein höherer und drei niedere Lakaien.

       Ein hochgewachsener, grauhaariger Mann trat vor und verbeugte sich. »Seid gegrüßt, Lord Deverell. Ich bin Thomas, der stellvertretende Butler. Willkommen in Townsend Castle.«

       »Thomas.« Nate neigte den Kopf leicht. »Mein Kammerdiener wird Hilfe mit dem Gepäck benötigen.«

       »Sehr wohl, Milord.« Thomas schnipste mit den Fingern und die drei jüngeren Männer eilten zum Gleiter, wo sie begannen, das Gepäck aus dem Transportfach unter der Passagierkabine auszuladen.

       »Wenn Ihr mir folgen würdet, Milord, bringe ich Euch direkt zu Eurem Treffen. Es sei denn, Ihr möchtet Euch erst erfrischen?«

       »Nein, danke, Thomas. Ich würde gerne direkt mit Ihren Majestäten sprechen.«

       »Sehr wohl, Milord.«

       Trouble stieg aus dem Gleiter und sprach mit einem der Lakaien. Nate schickte noch ein Stoßgebet zu den Sternen, dass der Junge keinen Ärger machte, und stieg dann die breiten Betonstufen zur Eingangstür des Anwesens hinauf. Die Residenz im gotischen Stil war ein wundervolles Bauwerk, an dessen grauer Steinfassade sich Efeu emporrankte. Es erinnerte ihn ein wenig an Hutchins Hall, einen Landsitz in der Nähe seines ehemaligen Zuhauses, Hawthorne. Allerdings war Townsend Castle deutlich größer als Hutchins Hall.

       Das riesige, hölzerne Portal schwang auf und gab den Blick auf eine großzügige marmorne Eingangshalle frei. Sie zeugte von Geschmack und Reichtum, war jedoch unverkennbar maskulin gestaltet. Das Foyer wurde von einem Kristalllüster beleuchtet, dessen helles Licht sich in dem glänzenden, jadefarbenen Marmor widerspiegelte. Man hatte das Gefühl, ein Museum zu betreten, so sauber und prunkvoll sah es aus. Es war eine ganze Weile her, dass er sich in solchen Räumlichkeiten aufgehalten hatte.

       »Darf ich Euren Hut und die Handschuhe entgegennehmen, Sir?«

       Nate streifte sich die Handschuhe ab und reichte sie zusammen mit seinem Hut an Thomas weiter. Er war sich der klackernden Geräusche seiner Stiefel auf dem Naturstein nur zu bewusst,