Im Auge des Falken. J.L. Langley. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: J.L. Langley
Издательство: Bookwire
Серия: Regelence
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958235908
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       Natürlich war auch eine Eizelle mit im Spiel, aber in den meisten Fällen wurde die DNA der Spenderin vollständig entfernt, da sie unnötig war, solange das gezeugte Kind nicht zu besagter Frau gehörte.

       »Warum sollte jemand ein Kind, das sie sich haben machen lassen, aussetzen? Hätten sie sie nicht einfach so erstellen lassen können, wie sie wollten?«

       Steven schüttelte den Kopf. »Ich nehme an, dass sie auf natürlichem Weg empfangen wurde. Aber davon abgesehen erlauben unsere Gesetze keine Eingriffe in die spätere Entwicklung des Babys, abgesehen von ein paar Kleinigkeiten. Bei gleichgeschlechtlichen Paaren darf entschieden werden, ob sie ein männliches oder ein weibliches Kind haben wollen. Aber abgesehen davon und der Veranlagung zur Homosexualität verbietet unsere Gesetzgebung strengstens eine genetische Beeinflussung.«

       Interessant. Nate nippte erneut an seinem Scotch. Die meisten Planeten, auf denen es diese Art von künstlicher Befruchtung gab, setzten auf ein Alles-oder-nichts-Prinzip. Sie eliminierten sämtliche unerwünschten Charakterzüge und Krankheiten und erlaubten keine natürliche Empfängnis.

       »Natürliche Schwangerschaften sind erlaubt?«

       »Oh, ja. Tatsächlich liegt die Rate normal geborener Kind zu künstlich erschaffenen bei achtzig zu eins außerhalb der Aristokratie. Das Verfahren ist sehr teuer. Wir sind eine patriarchale Gesellschaft, daher liegt die Quote im Adel bei annähernd 100 Prozent. Gelegentlich wird ein Lord ohne die sichere Bevorzugung von Männern geboren und...« Raleigh zuckte die Schultern. »Das ist jedoch wirklich selten.«

       Das gefiel Nate. Und es ergab Sinn. Wenn jeder perfekt gewesen und steinalt geworden wäre, wäre die Population explodiert. Und nicht nur das... wie langweilig wäre es, wenn jeder Einzelne makellos gewesen wäre? Und gleichgeschlechtliche Paare waren nicht nur akzeptiert, in der Adelsschicht waren sie auch noch die Norm. Zu dumm, dass sein eigener Heimatplanet keine ähnlichen Werte besaß. Wenn dem so gewesen wäre, hätte er sich nie zu diesem Duell gezwungen gesehen... Ein Duell, das ihn seine Familie gekostet hatte.

       Nate schüttelte die Gedanken ab. Das war irrelevant. Er war hier, um die Hintergründe einer Straftat aufzudecken.

       »Du hast gesagt, dass eure Kinder Jeffers abgeschaltet haben?«

       Seufzend nahm Raleigh den Untersetzer seines Glases in die Hand und spielte damit herum. »Ja. Und ich weiß, was du jetzt denkst, Nate, aber sie haben damit nichts zu tun. Sie wissen nicht einmal von meiner Verbindung zur IN, geschweige denn von dem Waffenlager, das wir für sie unterhalten.«

       Er glaubte Raleigh, aber irgendwas passte hier nicht zusammen. Nate musste es komplett verstehen, um die Prinzen von seiner Liste der Verdächtigen zu streichen. »Ich sehe keinen Grund, daran zu zweifeln. Du sagst, dass sie nichts damit zu tun haben, gut. Aber warum sollten sie den Computer abschalten?«

       »Sie wollten für eine Weile die Freiheit außerhalb des Schlosses genießen«, antwortete Steven.

       »Was meinst du damit? Sie scheinen mir auch so ziemlich viele Freiheiten zu genießen.« Verdammt. Das hätte er auch anders formulieren können, aber zurücknehmen würde er es auch nicht – immerhin war es nur die Wahrheit.

       Steven lachte verhalten. »Ja, das tun sie, mehr als die meisten anderen jungen Lords, würde ich sagen. Wir verbieten ihnen selten etwas, solange es vernünftig ist und sie eine entsprechende Begleitung mitnehmen. Aber das ist die Krux an der Sache: Sie wollen keine Aufsicht von einem Anstandswauwau.«

       »Warum überhaupt eine Begleitung? Sie sind doch alle erwachsen, oder nicht?«

       Steven starrte Nate an, als hätte dieser den Verstand verloren. Raleigh warf den Untersetzer zurück auf den Schreibtisch und erhob sich. Er ging zu Steven und begann, seine Schultern zu massieren.

       »Auf Nates Heimatplaneten ist es die Unschuld junger Damen, die als schützenswert gilt, nicht die der Herren.«

       Steven nickte und ließ den Kopf ein wenig nach vorne sinken. »Ich verstehe.«

       Es beeindruckte Nate, dass Raleigh sich die Mühe gemacht hatte, seine Wurzeln zu recherchieren.

       Raleigh schaute zu Nate hinüber. »Hier passen wir auf die jungen Herren des ton auf. Bis ein Lord sein fünfundzwanzigstes Lebensjahr erreicht hat oder vorher heiratet, muss er unberührt bleiben. Im Prinzip ist es wie in der Gesellschaft, nach deren Vorbild unsere erschaffen wurde, im England des neunzehnten Jahrhunderts auf der Erde. Da unsere Gesellschaft allerdings vorwiegend aus Männern besteht, sind es unsere jungen Lords, nicht unsere jungen Ladys.«

       Der Prinzgemahl legte den Kopf schief. »Englor ist exakt nach dem Vorbild Englands geschaffen worden, nicht wahr?«

       »In der Tat.« Nate nippte an seinem Scotch. »Aber ich verstehe dieses Prinzip nicht. In unserer Gesellschaft tut man das, um sicherzugehen, dass der Erbe eines Mannes sein leibliches Kind ist, aber hier... Warum besteht die Notwendigkeit, dass ein junger Lord jungfräulich bleibt?«

       »Eine echte Notwendigkeit besteht nicht, aber so ist es seit alters her«, meinte Steven.

       Raleigh nickte zustimmend. »Militär und Politik waren hier schon immer die treibenden Kräfte, was den Umständen geschuldet ist, wie wir die Unabhängigkeit von unseren Nachbarsystemen erlangt haben. Daraus hat sich ergeben, dass wir inzwischen der regierende Planet im Regelence-System sind.«

       »Unglücklicherweise kümmert sich die IN nur um interplanetare und intergalaktische Angelegenheiten. Wir mussten also sichergehen, dass wir die intelligentesten und stärksten Kämpfer hervorbrachten, um unsere Freiheit innerhalb unseres Systems zu sichern. Sagt dir die irdische Legende der Heiligen Schar von Theben etwas?«

       Nate hatte im Rahmen seines Offizierstrainings alles Mögliche gelernt, aber diesen Teil der Geschichte hatte er aufgrund seiner eigenen sexuellen Orientierung behalten.

       »Legendäre Krieger im antiken Griechenland. Eine Eliteeinheit aus Liebespaaren, die zusammen Seite an Seite kämpften.«

       »Genau. Man ging davon aus, dass Liebespaare besser zusammen kämpften als Krieger ohne diese Verbindung, da sie viel weniger bereit waren, sich während einer Schlacht im Stich zu lassen. Es ist ein Band, das selbst über der Familie oder der Volkszugehörigkeit steht. Unsere Gesellschaft wurde im Prinzip auf dieser Basis gegründet. Junge Männer blieben unberührt und verbanden sich, wenn sie erwachsen wurden, um zusammen in den Kampf zu ziehen. Diese Praxis trug dazu bei, gewisse Familien miteinander zu verbinden.

       Es hat über all die Jahrhunderte exzellent funktioniert und wir haben uns zu dem entwickelt, was wir heute sind. Auch wenn heutzutage nicht mehr alle Männer zum Militärdienst verpflichtet sind und auch die Mehrheit keine arrangierten Heiraten mehr eingeht, haben doch alle Adeligen bis zu ihrer Vermählung jungfräulich zu bleiben.«

       »Das überrascht mich. Niemand hat ein Problem damit?«

       Raleigh zuckte die Schultern. »Wie ich schon sagte: Es ist eben Tradition. Obwohl wir inzwischen die fortschrittlichste Technologie haben und unseren Nachwuchs künstlich mit der DNA zweier männlicher Partner zeugen können, geht es darauf zurück, was die Familien einst damit beabsichtigten: ihre politische Macht zu stärken. Als Jugendlicher habe ich es auch gehasst, aber es ist eben so üblich und mal ganz im Ernst, es hat bis jetzt funktioniert. Unsere Soldaten sind mit die besten in der ganzen Galaxie und unsere Kriminalitätsrate liegt weit unter der anderer Planeten.

       Steven, ich selbst, die Kinder, wir haben zwar Wachleute und einen Sicherheitsdienst für die Residenz, aber wir bewegen uns frei in unserem Volk. Nicht alle Planeten können das von sich behaupten. Ich will damit nicht sagen, dass wir das alles nur aufgrund dieser Tradition haben, aber wenn du einmal anfängst, Dinge zu verändern... Es hat schon seinen Grund, dass Erwachsene den Planeten regieren.«

       Es erschien Nate immer noch unfair, aber immerhin verstand er es jetzt besser.

       »Frauen sind also in Ordnung, aber ich sollte mich tunlichst von Männern unter fünfundzwanzig fernhalten?«

       »Oh. Du bevorzugst Frauen?«, fragte Steven.