Im Auge des Falken. J.L. Langley. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: J.L. Langley
Издательство: Bookwire
Серия: Regelence
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958235908
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ihm ein Gedanke. Er schnüffelte und zog an Kindros' Ärmel, bis sie sich umdrehte. Er musterte ihre Kehrseite, auf der sich ein feuchter Fleck ausgebreitet hatte. »Haben Sie den Urin auf Ihrer Hose schon bemerkt?«

       Sie schnitt eine Grimasse. »Igitt... Sie Mistkerl! Das ist allein Ihre Schuld!«

       Nate lachte leise. »Ich bin vielleicht ein Mistkerl, aber immerhin kein herzloser. Sie haben meine Erlaubnis, Ihre Uniform zu wechseln, bevor Sie sich wieder zum Dienst melden.« Seine Laune hatte sich im Vergleich zum Beginn des Zwischenfalls deutlich gehoben.

       Er sah wieder zu Trouble. Der Fünfzehnjährige lag mit offenem Mund auf der Seite. Vor dem scharfen Kontrast des pflaumenfarbenen Teppichbodens sah er so klein und blass aus. Seine blonden Locken wirkten beinahe weiß. Gedämpftes Stöhnen hinter Nate ließ ihn sich umdrehen.

       Die Sicherheitsleute zogen Jansen auf die Füße. Der Mann war immer noch ziemlich weggetreten. Der größere der beiden Besatzungsmitglieder bückte sich und hievte sich den Gefangenen über eine Schulter, bevor er den Korridor hinunter verschwand. Der zweite nickte Nate respektvoll zu, ehe er seinem Kameraden folgte.

       »Arschloch«, zischte Kindros.

       »Es war nicht seine Schuld, dass Sie ihn haben entkommen lassen.«

       Sie zuckte zusammen. »Autsch, immer nur schön Salz in die Wunde reiben.«

       »Das ist mein Job. Und nur fürs Protokoll, Lieutenant Kindros: Wer einen Gefangenen entkommen lässt, kommt normalerweise vor ein Kriegsgericht. Ich lasse Sie davonkommen. Nachdem Sie die Geisel waren, sollte Ihnen das Warnung genug gewesen sein. Ihr Arsch ist heute auf Grundeis gelaufen. Sorgen Sie dafür, dass es nicht wieder vorkommt.«

       »Ja, Sir. Vielen Dank.«

       Er neigte den Kopf in Kindros' Richtung. »Lassen Sie Ihren Kopf anschauen.«

       »Ja, Sir.« Sie schlurfte davon.

       Ein schmatzendes Geräusch lenkte Nates Aufmerksamkeit wieder auf Trouble. Der Junge blinzelte und machte leichte Kaubewegungen, bevor er sich auf die andere Seite rollte und sich eine Hand als Kissenersatz unter die Wange schob.

       »Können wir uns auch um Lieutenant Taylors Arsch kümmern? Seit er an Bord ist, versuche ich, ihn unter der Dusche zu erwischen.«

       Nate stupste Troubles Oberschenkel mit dem Fuß an. »Du steckst verdammt tief in Schwierigkeiten. Und wo du es gerade ansprichst, das ist ein Thema, über das ich schon eine ganze Weile mit dir –«

       Trouble griff sich ans Bein und stöhnte laut auf. »Oh, die Schmerzen! Ich glaube, mein Bein ist gebrochen. Ich werde sterben! Ich habe vielleicht sogar eine schwere Gehirnerschütterung und –«

       Nate starrte seinen Sohn, der sich auf dem Boden wand, finster an. Jetzt, wo die Gefahr vorüber war, bekam er ein flaues Gefühl in der Magengegend. Seine Nervensäge hätte getötet werden können.

       Trouble hielt lange genug inne, um zu Nate hochzuschielen. Sofort stöhnte er lauter und begann, sich wieder herumzurollen. »Oh, ich sterbe...«

       Nate hob den kleinen Simulanten auf die Arme und marschierte in Richtung ihrer Kabine. »Schmerzen oder nicht, du bekommst deine Strafe für die Befehlsmissachtung.«

       Plötzlich wurde das engelhafte Gesicht ernst und alle vorgetäuschte Pein verschwand. »Das hätte ich beinahe vergessen! Der Admiral ist am Televid. Er muss dich sofort sprechen!«

      ***

       Seine Kopfschmerzen kamen mit voller Intensität zurück. Nate löste seine Finger von seiner Nasenwurzel und strich sich über den Bart nach hinten bis zum Nacken. Er sah wieder auf den Monitor auf seinem Schreibtisch.

       »Nur, damit ich das richtig verstehe: Du wusstest, dass sie Waffen hatten, und hast mich trotzdem da reingeschickt, ohne mir etwas davon zu sagen?«

       Admiral Jenkins wedelte aufgeregt mit seinen dicklichen Händen, während er heftig den Kopf schüttelte. »Nein, nein, nein. Ich wusste, dass wir Waffen vermissten. Ich wusste aber nicht, wohin sie verschwunden waren, bis ich den Bericht deines Schiffs bekommen habe, in dem stand, dass du sie gefunden hast.« Er streckte sich, gähnte und starrte Nate dann an, als er fertig war. Der Kerl redete um den heißen Brei herum.

       Nate stemmte sich aus seinem Sessel hoch und umrundete seinen Schreibtisch. Wenn er noch länger sitzen blieb, würde er einschlafen. Hätte er einen anderen der IN-Admirale vor sich gehabt, wäre er nie auf die Idee gekommen, das Protokoll derartig zu verletzen, aber das hier war Carl, mit dem er seit fast zwanzig Jahren befreundet war, seit Nate in die Navy eingetreten war.

       Nachdem er den Bildschirm zu sich umgedreht hatte, begann Nate, im Raum auf und ab zu gehen.

       »Carl, ich hatte einen beschissenen Tag. Du schickst mich zu einem angeblich unbewaffneten Hinterhofplaneten, um dem Widerstand Versorgungsgüter zu bringen, und mein Schiff wird beschossen. Nachdem meine Mannschaft die Angreifer gefangen nimmt, müssen wir feststellen, dass sie ein Lager mit Stufe-3-IN-Waffen besitzen. Der Anführer der Gruppe nimmt meinen Ersten Offizier als Geisel, schießt auf zwei meiner Besatzungsmitglieder und stanzt dabei Brandlöcher in meine Schotts, bevor ich ihn wieder festnehmen kann.

       Wir haben keine Informationen über die Waffen aus den Leuten rausbekommen und jetzt erzählst du mir, dass du von deren Diebstahl gewusst hast, aber nicht, wer dafür verantwortlich ist.«

       Nate blieb vor dem Monitor stehen und sah seinen kommandierenden Offizier mit zusammengezogenen Brauen an. »Ich bringe die Häftlinge ins Hauptquartier. Was soll ich denn machen? Das letzte Mal, als ich nachgesehen habe, war die Folter von Gefangenen noch gegen die Spielregeln der IN.«

       Der Admiral grinste und um seine blauen Augen bildeten sich Lachfältchen, die ihn deutlich jünger als seine 62 Jahre aussehen ließen. Es war ein Grinsen, das Nate nur zu gut kannte und das seinen Kopfschmerzen prompt einen Schub gab. Das Lächeln seines Freunds verhieß nichts Gutes. Der alte Knabe plante etwas, das Nate nicht gefallen würde.

       »Du hast also zugehört, Nate.«

       Nate schnaubte. »Natürlich habe ich zugehört. Was führst du im Schilde, Carl?«

       Carl lachte leise.

       Fuck.

      »Was hältst du von ein bisschen Undercover-Arbeit?«

      Nate konnte gerade noch verhindern, dass ihm die Kinnlade runterklappte. Spionieren? Carl wollte, dass Nate irgendwo spionieren ging? Nate hätte nicht einmal unauffällig unter Leute gehen können, wenn sein Leben davon abhinge. Mal ganz von seinem Ruf als berüchtigter Captain Hawk abgesehen. Er war fast zwei Meter groß und wog 120 Kilo – unauffällig war nicht gerade seine Stärke.

       »Oh, wie cool! Kann ich mitkommen?« Troubles platinblonde Locken umrahmten sein grinsendes Gesicht, das in der Luke aufgetaucht war.

       Nate schloss die Augen und zählte bis zehn. Wie oft musste er der Nervensäge noch sagen, dass er nicht lauschen sollte? Hatte er dem Jungen nicht gerade erst eine Standpauke über das Nichtbefolgen von Befehlen gehalten?

       »Hallo, Trouble«, begrüßte ihn der Admiral fröhlich.

       Nate öffnete die Augen und warf seinem Sohn einen finsteren Blick zu. »Raus!« Er deutete mit dem Finger auf die andere Seite der Luke.

       Trouble winkte nur in Richtung des Televids. »Hallo zurück, Admiral Carl. Wie geht's Betty und Ihrem Sohn?«

       »Trouble...«, presste Nate zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

       »Tschüss, Admiral Carl, ich muss los.« Jeremy machte, dass er davonkam. Schlauer Junge.

       »Carl, ich bin Captain eines Zerstörers, kein Spion. Wie bei allen Sternen kommst du darauf, ausgerechnet mir einen Undercover-Auftrag geben zu wollen?«

       »Du solltest dich vielleicht setzen, Nate.«

       Toll, ganz toll, wirklich. Es schien, als würde es immer besser und besser werden. Nate ging zu seinem Sessel zurück und drehte