Im Auge des Falken. J.L. Langley. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: J.L. Langley
Издательство: Bookwire
Серия: Regelence
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958235908
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»Wären die Herren so freundlich, mir zu erklären, was Sie mit meinem Sohn vorhatten, oder soll ich raten?«, fragte eine tiefe, ruhige Stimme.

       Cony? Aiden erstarrte und drehte sich um. Sein Sire war hier? Er strich sich die schwarzen Haarsträhnen aus den Augen und sah zu seinem Retter auf.

       Da stand sein Sire, die Spitze seines Schwertes unter dem Kinn des bärtigen Mannes, die langen Beine kampfbereit in den Boden gestemmt. Cony musterte Aiden und ein Ausdruck der Erleichterung huschte über sein Gesicht, bevor sein finsterer Blick sich wieder auf die drei Männer richtete.

       »Aiden, hol deine Sachen.« Cony nickte in Richtung des Zeichenpads.

       Aiden rannte an den Männern vorbei, die wie Krebse zur Seite robbten, um sich aus Conys Angriffslinie zu bringen. Er schnappte sich sein Pad und eilte zurück zu seinem Sire.

       Cony versetzte dem Blonden mit der flachen Seite seines Schwerts einen Schlag gegen die Schläfe und richtete die Spitze dann auf die beiden anderen. Er stampfte mit dem Fuß auf und brüllte: »Ab!«

       Hastig gehorchten die Männer und machten, dass sie den Hügel hinunter zurück zu den Docks kamen. Kopfschüttelnd überwachte Cony ihren Abgang.

       »Wenn eine Verhaftung und Verurteilung deinem Ruf nicht so sehr schaden würde, hätte ich sie unter Arrest stellen lassen.« Er senkte die Schwertklinge und wandte sich Aiden zu. »Was zur Hölle hast du dir dabei gedacht?«

       »Ich –«

       »In den Gleiter, Aiden.« Cony packte Aiden im Nacken und schob ihn unsanft in Richtung des Fahrzeugs. Da stand tatsächlich ein zweiter Gleiter neben dem, den Aiden genommen hatte. Was wohl auch der Grund war, warum Aiden Raleighs Ankunft nicht bemerkt hatte, da die Gleiter unglaublich leise waren.

       Nachdem er einen nach Hause geschickt hatte, bedeutete Cony Aiden, in den zweiten Gleiter zu steigen. Aiden kletterte ins Innere und erst jetzt wurde ihm richtig bewusst, was da eben passiert war. Er wäre wirklich in Schwierigkeiten gewesen, wenn Cony nicht gekommen wäre.

       Cony stieg in den Gleiter und gab den Befehl zur Rückkehr in die Residenz, bevor er sein Schwert wieder in die Scheide steckte. Dann ließ er es auf die Bank ihnen gegenüber fallen, setzte sich neben Aiden und streckte die Beine aus. Ein paar Minuten saß er bewegungslos da.

       Aiden biss sich auf die Unterlippe und beobachtete seinen Sire. Die vertraute Umgebung des Gleiters wirkte äußerst beruhigend auf ihn. Wenn er jetzt nur noch das flattrige Gefühl in seinem Magen stoppen könnte...

       Conys Kiefermuskeln spannten sich an und er schloss die Augen. Ein tiefes Seufzen kam über seine Lippen. Er rieb sich mit den Händen übers Gesicht, beugte sich vor und stützte sich mit den Ellenbogen auf seinen Knien ab. Dann drehte er den Kopf und sah Aiden direkt an. Er holte tief Luft und ließ den Atem dann langsam entweichen.

       »Du hättest entführt, vergewaltigt oder gar ermordet werden können, Aiden.« Cony starrte ihn einen Moment lang an, fuhr ihm dann durch die Haare und zog ihn in eine feste Umarmung. »Was soll ich nur mit dir machen? Mit euch allen... du und deine Brüder werden mich ganz sicher eines Tages noch ins Grab bringen.«

       Aiden lehnte sich in die Wärme seines Sires und schickte ein stilles Dankgebet in Richtung der Sterne, dass er noch am Leben war. Sein Puls beruhigte sich langsam wieder und das zittrige Gefühl ließ nach. Er hatte die Konsequenzen nicht bedacht. Er hatte einfach nur rausgewollt. Niemand hatte ihn mit zu den Docks genommen, also war er eben alleine gegangen.

       Er löste sich aus den Armen seines Sires und zuckte die Schultern im Versuch, möglichst normal zu wirken und Cony nicht wissen zu lassen, wie nah ihm der Zwischenfall tatsächlich ging.

       »Du solltest Colton und Tarren vielleicht einsperren und den Schlüssel wegwerfen. Rexley ist zu verantwortungsbewusst, um ein Problem zu sein, und Payton braucht nur eine Herausforderung. Er ist schlauer, als gut für ihn ist. Und ich? Schick mich auf eine Kunstschule? Lass mich bei einem Meister in die Lehre gehen?«

       Cony starrte ihn an und blinzelte zweimal, bevor er in schallendes Gelächter ausbrach. Stöhnend massierte er sich die Nasenwurzel und ließ sich mit geschlossenen Augen gegen die burgunderroten Lederpolster zurücksacken.

       Aiden versuchte, sich keine Gedanken um die plötzliche Stille zu machen. Entweder würde Cony ihn bestrafen oder nicht. Das Wichtigste war, dass er immer noch da war, um bestraft zu werden.

       Den Rest des Heimwegs verbrachten sie schweigend. Aiden klickte sich durch die schönen Skizzen, die er geschaffen hatte, und Raleigh starrte aus dem Fenster. Schließlich hielt der Gleiter vor der großen Eingangstür der Residenz.

       Das Zeichenpad fest unter einen Arm geklemmt, erhob sich Aiden. Cony hielt ihn jedoch am Arm fest, bevor er das Fahrzeug verlassen konnte.

       »Ich verstehe dich ja, Aiden. Wirklich. Ich war auch mal jung.«

       In Ermangelung einer passenderen Reaktion nickte Aiden nur. Er bezweifelte nicht, dass sein Sire seine Worte ehrlich meinte. Aber das änderte nichts an der Tatsache, dass Aiden fest entschlossen war, Künstler zu werden, und er einfach mehr verschiedene Motive brauchte, um sein Ziel zu erreichen.

       Raleigh lachte leise und knuffte ihn gegen die Schulter.

       »Hör auf, dir Sorgen zu machen, Junge. Ich werde dich schon nicht übers Knie legen. Aber du kannst dir sicher sein, dass wir diesen Zwischenfall mit deinem Vater erörtern werden.«

       Eine Standpauke. Aiden stöhnte, schaffte es aber immerhin, nicht die Augen zu verdrehen. Er war so froh, überlebt zu haben, dass er sich beinahe auf die Predigt freute.

       »Er wartet in seinem Arbeitszimmer.« Cony schob sich an ihm vorbei und verließ den Gleiter.

       Ganz toll. Aiden stieg aus dem Fahrzeug und folgte seinem Sire. Noch bevor er die Tür erreichte, schwang sie bereits auf. An sich war das nichts Ungewöhnliches, Jeffers war inzwischen vermutlich wieder online. Allerdings war es nicht Jeffers, der sie in Empfang nahm, sondern Thomas, ihr menschlicher Butler.

       Sein Gesicht war gerötet und sein ergrautes Haar zerzaust. Seine burgunderfarbene Uniform wirkte unordentlich und das war mehr als ungewöhnlich. Normalerweise war Thomas genauso steif wie Jeffers. Offensichtlich hatte es ihn aus der Fassung gebracht, dass Jeffers abgeschaltet gewesen war.

       Der Mann atmete tief durch und machte ihnen dann Platz. »Jeffers startet soeben neu. Ich wurde beauftragt, Euch mitzuteilen, dass seine Majestät Euch beide in seinem Arbeitszimmer erwartet.« Thomas streckte eine Hand aus. »Darf ich Euer Zeichenpad in Verwahrung nehmen, Milord? Ihr werdet es in Euren Räumen wiederfinden.«

       Aiden nickte und reichte das Gerät an Thomas weiter. »Danke, Thomas.«

       Der Mann verbeugte sich.

       Ein flaues Gefühl machte sich in Aidens Magen breit, als er seinem Sire den Korridor entlang folgte. Sein Vater erwartete sie hinter seinem Schreibtisch sitzend. Er hatte die Hände auf der riesigen, hölzernen Tischplatte gefaltet und sah ihnen mit zusammengezogenen Brauen entgegen. Sein Blick suchte zuerst Cony, dann Aiden. Die Anspannung wich sichtlich aus seinen Schultern.

       »Setz dich, Aiden.« Er wandte sich wieder Cony zu. »Nun?«

       Aiden nahm auf dem kleinen Sofa Platz, das im rechten Winkel zu dem riesigen Schreibtisch stand.

       »Er war am Hafen, wie Muffin gesagt hat.« Cony setzte sich so auf eine Ecke des Tisches, dass er sowohl seinen Ehemann als auch seinen Sohn ansehen konnte.

       Aidens Vater gab ein unwilliges Geräusch von sich und vergrub das Gesicht in den Händen. »Aiden!«

       Cony runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. »Das war nicht das Schlimmste, Steven.« Er sah Aiden an. »Erzähl ihm, was passiert ist.«

       Der Kopf seines Vaters schoss hoch und er sah mit aufgerissenen Augen erst Cony, dann Aiden an. Aiden wappnete sich innerlich für das Unausweichliche, als er seinem Vater von den drei Männern erzählte. Nachdem er geendet hatte, ließ er sich ins Sofa zurücksinken und wartete auf den Ausbruch. Der kam