Im Auge des Falken. J.L. Langley. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: J.L. Langley
Издательство: Bookwire
Серия: Regelence
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958235908
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war aber nicht einfach darzustellen. Zeichne, was du siehst, Aiden, nicht was du zu sehen glaubst.

      Das Problem lag darin, dass er nicht sicher war, was er da sah, weil sich das Wasser permanent in Bewegung befand, an den schwebenden Maschinen hochschwappte und dann wieder in den Ozean zurückfloss.

      Er hatte keinerlei Schwierigkeiten mit Porträts, Landschaften, Stillleben und sogar Architektur, aber die Darstellungen mechanischer Details wollten einfach nicht so wie er. Er schloss die Augen, versuchte, sich das Bild im Kopf vorzustellen. Er konnte es praktisch vor sich sehen. Nun musste er es nur noch aufs Pad bringen.

      »Hey, du da. Was machst'n hier, Kleiner?«

      Erschrocken öffnete Aiden die Augen. Drei Männer kraxelten die kleine Anhöhe zu ihm hinauf. Sie sahen nicht gerade vertrauenerweckend aus. Einer war groß, mit kurzen, blonden Haaren und breiten Schultern, der zweite klein und dick und der dritte irgendwas dazwischen. Ihre lockeren Uniformröcke und eng sitzenden Hosen wiesen sie als Besatzungsmitglieder eines Raumschiffes aus.

      Aidens Magen sackte in seine Kniekehlen. Er konnte sich nicht vorstellen, was die Männer von ihm wollten. Vielleicht war es seine hyperaktive Künstler-Fantasie, aber das Wort Pirat setzte sich in seinem Kopf fest und wollte nicht mehr verschwinden. Natürlich war das absolut lächerlich, Piraten würden sich nicht in einem Hafen unter gewöhnliche Raumfahrer mischen. Oder?

       Aiden ließ seinen Stift fallen und stemmte sich in eine sitzende Position hoch. Die Männer blieben stehen und starrten auf ihn hinunter. Den großen hätte man fast als attraktiv bezeichnen können, wäre da nicht sein griesgrämiger Gesichtsausdruck gewesen. Der mittlere wirkte geradezu furchteinflößend mit seinem kahlen, knubbeligen Schädel, den kleinen Schweinsäuglein und seiner Hakennase.

       Der kleinste – mit fettigen, braunen Haaren und einem zotteligen Bart – starrte Aiden unverwandt an. »Ich hab gefragt, was du hier wills', Junge!«

       »Ich...« Aiden erhob sich hastig. Sein Bauchgefühl sagte ihm, dass diese Männer etwas im Schilde führten. Der finstere Ausdruck auf ihren Gesichtern verhieß nichts Gutes. Er mochte nicht viel für die Regeln der feinen Gesellschaft übrighaben, aber Aiden wollte ganz sicher auch nicht ermordet oder entführt werden, weil er sie missachtet hatte.

       Er würde diese Kerle nicht wissen lassen, dass er alleine war. Wenn sie dachten, dass er eine Begleitung hatte... Er räusperte sich und deutete mit dem Kopf in Richtung des Gleiters, der ihn hergebracht hatte.

       »Meine Anstandsbegleitung hat mich hergebracht, damit ich die Raumschiffe zeichnen kann. Nicht, dass es Sie etwas anginge...«

       Die Augenbrauen des Blonden zogen sich zusammen, als er das Zeichenpad entdeckte. Er beugte sich hinunter, hob das Gerät vom Boden auf und klickte sich mit den Tasten durch die Seiten.

       »He, geben Sie das wieder her!« Aiden griff nach seinem Pad, aber der Mistkerl hielt es außerhalb seiner Reichweite.

       »Schaut im Gleiter nach. Ich wett', der feine, kleine Lord hier is' mutterseelenallein.« Der Blonde musterte Aiden und ein gemeines Lächeln erschien auf seinen Lippen. »Sieh ma' einer an, bist ja echt ein Hübscher. Ich denk, wir nehm' dich ma' mit.«

       Aidens Herz schlug ihm bis zum Hals. Er hatte nur zwei Möglichkeiten: bleiben und kämpfen oder versuchen, an den Kerlen vorbeizukommen und wegzulaufen.

       Er war nie wirklich schlecht in Selbstverteidigung und Waffentraining gewesen, aber es waren auch definitiv nicht seine Stärken. Er war eher der Stratege, jemand, der lieber seinen Verstand als die Fäuste benutzte.

       Der entscheidende Faktor in diesem Fall war jedoch das Gewicht. Die drei Männer waren um einiges größer als er selbst. Was hoffentlich auch bedeutete, dass er schneller war als sie. Aiden war kein Dummkopf, er wusste, dass sie klar im Vorteil waren.

       Er sprintete nach vorne und wich damit dem Dicken aus. Wenn er vor ihnen den Gleiter erreichte, konnte er es schaffen. Er würde die Zeichnungen verlieren, für die er einen Skandal riskiert hatte, aber immerhin würde er mit heiler Haut davonkommen.

       Seine Augen waren auf die offene Tür des schwarzen Metallgefährts geheftet und er schien sich wie durch einen Tunnel darauf zuzubewegen. Alles, was zählte, war, dort hineinzugelangen. Der Gleiter war auf die Stimmen seiner Familie und der Dienerschaft programmiert – niemand sonst konnte ihn benutzen. Es war ein sicherer Hafen.

       Er sprang hinein, ohne die Trittstufen zu benutzen. Doch bevor er seine Füße nachziehen und den Befehl zur Schließung der Tür geben konnte, packte jemand seine Knöchel. Ein irres Lachen hallte im Inneren des Gleiters wider und Aiden wurde grob zurück ins Freie gezerrt.

       Er trat nach seinem Angreifer, während er fieberhaft versuchte, sich irgendwo festzuhalten. Als er nichts erreichte, grub er seine Fingernägel in das polierte Holz des Fußbodens und strampelte heftiger.

       Ein Grunzen war die einzige Reaktion, als sein Fuß sein Ziel fand. Dann schlang sich plötzlich ein Arm um seine Waden und hielt seine Beine so fest, dass er nicht länger um sich treten konnte. Verdammte Scheiße!

       »Komm schon, Süßer, willst nich' mit uns spiel'n? Bist doch eh nich' wie die and'ren feinen Pinkel, sonst wärste nich' allein hergekomm'. Hat dir wohl nieman' gesagt, dass das hier nix für kleine Jungs is'?«

       Der große, blonde Kerl hatte ihn gepackt. Aiden erkannte seine Stimme. Ganz toll. Die anderen Rohlinge waren zwar schwergewichtiger, aber dieser hier sah deutlich stärker aus und hatte vermutlich auch mehr Ausdauer.

       Eine Hand begrapschte seinen Hintern, was Aiden erstarren ließ. Himmel, niemand hatte sich je solche Freiheiten bei ihm erlaubt. Aiden wehrte sich heftiger, ohne Erfolg. Seine Finger glitten quietschend über den Boden, als er in Richtung der Türöffnung gezerrt wurde.

       Flink breitete er die Arme aus, um sich im Türrahmen festzuklemmen. Der Druck auf seine Unterarme war unerträglich, aber er hielt es so lange aus, wie er konnte. Als seine Arme schließlich nachgaben, klammerte er sich mit den Händen am Türrahmen fest.

       »Hab dich, wehren nützt nix. Komm schön da raus un' mach keine Fax'n, sonst tust dir noch was«, knurrte der große Mann.

       Bildete er sich das ein oder klang der Kerl erschöpfter als zuvor? Schweiß rann Aiden in die Augen und über seine Lippen kamen wenig vornehme Laute. Er biss die Zähne so fest aufeinander, dass sein Kiefer schmerzte, aber er würde sich sicher nicht kampflos ergeben.

       »Henri, Russell, helft ma'«, brüllte Aidens Angreifer.

       Ein zweites Paar Arme legte sich um seinen Bauch und Aiden wurde unsanft aus dem Gleiter gezerrt.

       »Arghh!« Seine Finger brannten wie Feuer. Aiden schüttelte die Hände im Versuch, den Schmerz zu lindern. Tat das weh! Glücklicherweise waren wenigstens seine Fingernägel noch dran. Wütend starrte er seinen glatzköpfigen Häscher über die Schulter hinweg an.

       »Lass mich los!« Er ballte die Hand zur Faust und ließ sie nach hinten schnellen, wo er den Mann zielsicher am Ohr traf.

       Dieser brüllte schmerzerfüllt auf, fasste sich an die Seite seines Kopfes und entließ Aiden dabei aus seinem Griff. Aiden drehte sich blitzschnell und schaffte es, sich mit den Händen abzufangen, woraufhin eine neuerliche Schmerzwelle durch seine Handgelenke schoss.

       Aber darauf konnte er jetzt keine Rücksicht nehmen. Sobald er festen Halt auf dem Gras gefunden hatte, zog er seine Knie ruckartig an und nutzte damit das Überraschungsmoment für sich. Der Mann ließ ihn zwar nicht los, aber er geriet aus dem Gleichgewicht und fiel neben Aiden ins Gras.

       Aiden rollte sich auf den Rücken und stemmte sich in eine sitzende Position hoch. Mit den Händen schlug er seinem Angreifer so hart er konnte auf die Ohren. Doch immer noch lockerte sich dessen Griff nicht.

       »Henri!«, bellte er.

       Aiden drehte und wand sich wie ein Besessener und warf sich herum. Er musste sich befreien... jetzt!

       Plötzlich verschwanden die Hände des Mannes und Aiden robbte außer Reichweite. Sein Herz klopfte wie verrückt und seine Lungen