Prophezeiungen der Weisen. Dörthe Haltern. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dörthe Haltern
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844263015
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      "Das heißt nicht, dass ich es nicht könnte, wenn ich es wollte.", stellte sie klar. Auch wenn sie zugeben musste, dass sie sich da nicht so sicher war. Jack schnaubte nur verächtlich, doch sie ignorierte es. "Ich weiß inzwischen vieles, was ich nicht wissen sollte, weil es einfach nicht zu den Erinnerungen meines Lebens gehört. Trotzdem ist es da, wie als wäre ich dabei gewesen. Es passierten viele merkwürdige Dinge in letzter Zeit und heute wundert mich gar nichts mehr. Die einzige Hoffnung für unbeantwortete Fragen eine Lösung zu finden besteht wahrscheinlich nur darin, dass ich mit euch komme. Seid ihr deswegen nicht auch gekommen, Gesh'Nekat?"

      Sie sah dem Mann, der sich als Lord Hares ausgegeben hatte, fest in die Augen, doch bevor dieser ihr antworten konnte, kam ihm Jack zuvor.

      "Ach ja? Da muss ich leider sagen, dass ich da bestimmt nicht ganz glücklich mit wäre.", bemerkte er, doch er wusste jetzt schon, dass diese Entscheidung ganz bestimmt nicht bei ihm lag.

      Im Hintergrund hörte man ein zögerndes Räuspern, bevor Faith erneut etwas sagen konnte. Ein älterer, kleiner Mann trat vorsichtig einen Schritt vor. Sein ergrautes Haar hing ihm wirr um den Kopf herum.

      "Ich möchte ja nicht stören.", mischte sich Arthur MacConnel ein. "Aber ich würde vorschlagen, ihr setzt euer Gespräch später weiter, damit wir hier jetzt ganz schnell verschwinden können. Die Pferde werden langsam ungeduldig. Ich möchte nicht, dass die hier die ganze Umgebung wieder aus den Betten holen."

      "Was ist mit eurer Kutsche?", erinnerte Faith.

      "Oh, die war nur geliehen.", behauptete Jack. "Ihr Besitzer wird sie sich schon abholen kommen, glaube mir."

      "Arthur hat Recht, wir sollten keine Zeit mehr verschwenden.", meinte Nekat, der bisher wortlos auf seinem Platz verharrt hatte. "Wir müssen vorsichtig sein."

      "Ganz wie du meinst, ganz wie du meinst.", bestätigte Arthur. "Nur habe ich ein ziemlich ungutes Gefühl in letzter Zeit und ich frage mich, woher das wohl kommen mag. Ich glaube, ich kann's euch sagen. Mein Magen meldet Alarmzustand. Das tut er immer, wenn irgendetwas in der Luft liegt. Und jetzt braut sich ein ganzes Gewitter über unseren Köpfen zusammen. Ich halte es für gar nicht klug in die Nacht hinein zu fahren, aber ich weiß, was sollen wir sonst tun?"

      "Du sagst es, Arthur."

      Bevor sie den Stall verließen trat Jack noch einmal auf Nekat zu. "Ich will dir ja nicht zu nahe treten, aber ich mag sie jetzt schon nicht. Glaubst du in Caparian City wird es besser?"

      "Lass es gut sein, Jack.", bat Arthur, als Nekat nur wortlos an ihnen vorbei ging. "Wir müssen den Jungen erst einmal finden."

      Das kleine Tal lag abgeschieden weit fort von den übrigen Abenteuern, die noch in diesem jungen Land Zahur geschahen. Trotz seiner Nähe zur mächtigen Hauptstadt Caparian City, die wie aus einem Märchen entsprungen schien so zauberhaft war sie, schien die Zeit still zu stehen und Dinge wie Politik oder andere Probleme hatten keinen Zugang. Dabei war das Tal nicht einmal sehr klein, doch es schien aus unersichtlichen Gründen einfach aus der Geschichte verschwunden zu sein. Es wurde von einem kleinen Gebirge umfasst, das so klein war, dass man es fast noch als eine Hügelkette beschreiben konnte, doch einem ahnungslosen Wanderer bot sich ein überraschender Anblick nachdem er das Hindernis überwunden hatte.

      Drei kleine Dörfer lagen eng beieinander und eine riesige Schutzmauer, so groß, dass sie an Länge selbst die Mauer Caparian Citys übertraf, zog sich um alle drei. Auch wenn sie völlig sinnlos war, denn das Tal war so unbekannt, wie nichts anderes und wenige Feinde würden überhaupt auf die Idee kommen es anzugreifen, so unwichtig erschien es. Nur einige Händler, die ihr Handwerk verstanden und wussten, wo sie nach wertvoller Ware suchen mussten, kannten dieses Tal, das bei ihnen wegen dem hervorragenden Obstanbau bekannt war. Hier gab es die besten Äpfel und Birnen und aus den Trauben der Weinberge wurde der beste Wein gegoren. Nur Getreide war eine Mangelware, denn der Boden war schlecht und diente nur dem Vieh und den Obstplantagen.

      Die Leute lebten ein glückliches und ruhiges Leben und waren zufrieden mit dem, was sie hatten. Nur die Jüngeren zog es hinaus in die weite Welt und selten kamen sie wieder. Doch das störte kaum, denn es blieben auch genug, um die wirtschaftlichen Betriebe aufrecht zu erhalten. Es störte sie ebenso wenig, dass sie so selten Besuch erhielten, wie der Umstand, dass fast niemand sie kannte.

      Sie fühlten sich sicher. Doch sie waren ihrer Sicherheit betrogen. Es gab viel mehr, die von diesem Tal und was es beherbergte wussten. Mächte, die stärker waren als selbst die mächtigsten Könige der Menschen, die dieses Land bevölkerten, denn in dem Tal gab es noch Etwas, was seine Einwohner bisher aber als völlig unwichtig betrachtet hatten. Ein Stück abseits von dem westlichsten Dorf stand auf dem einzigen Hügel innerhalb des Tales eine zerstörte Burgruine. Einst musste sie prächtig und groß gewesen sein, doch jetzt war sie zerfallen und hässlich. Der südliche Teil fehlte, als wäre er von einem Blitz abgetrennt worden. Das Gestein war von einem solch finsteren Schwarz, dass man nicht glaubte, dies wäre nur von einem Feuer herbeigeführt. Die Ruine war ein schändlicher Fleck inmitten der Schönheit des Tales. Als wäre ein Maler auf seinem noch nicht vollendeten Kunstwerk mit einem Pinsel ausgerutscht und hätte nichts mehr retten können. Die Menschen mieden diese Burg so gut es ging. Sie hatten vielleicht ein wenig Furcht vor ihr, doch dies würden sie niemals zugeben, denn sie betrachteten es als albern Angst vor einer zerstörten Burg zu haben. Sie hatten keine Ahnung, was diese Burg einmal war und wozu sie erbaut wurde. Sie wussten nur ihren alten Namen, den sie für sie beibehielten: Moragán.

      Ebenfalls hatten sie keine Ahnung davon, wie viele Augen beunruhigt immer wieder zu dieser Burg herüber wanderten und dies war vielleicht ihr Glück, denn sonst hätten sie allen Grund gehabt sich zu fürchten.

      In diesem Tal lebte auch David Summers, der für die Geschichte des Landes Zahur wichtiger geworden war, als er selbst wusste. David war jung. Einundzwanzig Jahre zählte sein bisheriges Leben, aber seine Eltern mussten mit Missmut erkennen, dass sich ihr Sohn noch wesentlich jünger benahm und mit Erschrecken mussten sie feststellen, einen der abenteuerlichsten Jungen des Dorfes großgezogen zu haben. Ihre Angst lag darin, dass er ihr einziger Sohn war und sie fürchteten, er könne ebenfalls gehen. Weit fort, da er es in der Enge dieses noch so großen Tales nicht aushalten würde. Dann würde es niemanden mehr geben, der den Stolz der Familie, den mühsam aufgebauten Gutshof, übernehmen würde.

      Davids bester Freund war Pitch, dessen eigentlicher Name Peter MacCourtey lautete. Mit ihm zusammen geriet er immer mehr in die Missgunst der ansässigen Bevölkerung, denn die Streiche und Unternehmungen der Jungen, gingen meistens auf ihre Kosten. Nicht selten mussten die besorgten Eltern sich Beschwerden anhören, dass ihre Jungen sich doch nun endlich wie ausgewachsene Männer benehmen sollten und die Eltern gaben dies an ihre Söhne weiter, doch diese kümmerten sich nicht darum. Zumindest David kümmerte sich nicht darum und stiftete Pitch zu neuen Taten an. Das Problem von Pitch war, dass er schon immer der Langsamste und Ungeschickteste war und so war immer er es, den man erwischte, aber zu seinem Glück konnte er sich auch immer wieder darauf verlassen, von David wieder herausgehauen zu werden.

      Davids größtes Geheimnis, welches er sicherlich mit nie jemandem teilen würde, auch nicht mit seinem besten Freund Pitch - erst Recht nicht mit ihm, denn er würde es nicht lange für sich behalten - waren zwei seiner anderen Freunde. Sie waren nicht so wie Pitch. Sie hatten wirklich nicht viel gemeinsam und der größte Unterschied zwischen ihnen war die Größe. Davids zwei Freunde waren nämlich nicht sehr viel größer als eine Flasche Wein, auch wenn sie keine Probleme damit hätten eine solche auszuleeren, denn sie waren Kobolde und so war es auch verständlich, weshalb David sie als eines seiner Geheimnisse hütete. Für die meisten anderen Lebewesen dieser Welt, waren Kobolde sehr lästig. Nicht mehr als Ungeziefer, das sich wie Ratten in die Häuser ahnungsloser Menschen schlich und sich als eine Art Untermieter einen warmen Platz suchte. Vor allem waren sie keine angenehmen Gäste. Nicht selten fand ein verzweifelter Hausherr seine Wohnstätte und vor allem die Vorratskammer verwüstet vor. Doch David kümmerte dies kaum. Er selbst besorgte sich Leckereien häufiger als er durfte und dass nicht immer bei sich zu Hause. Mit zwei Freunden, denen es fast überall gelang unbemerkt einzudringen waren diese Aktionen nicht mehr allzu schwer.

      Ihre Namen waren Tarry