Prophezeiungen der Weisen. Dörthe Haltern. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dörthe Haltern
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844263015
Скачать книгу
euch die besten Grüße von Professor Fester zukommen lassen."

      Bates holte tief Luft. Er hatte einen adeligen Großherrn aus der Hauptstadt vor sich, der auch noch an der wohl berühmtesten Universität des Landes arbeitete. Das war mehr als ein gutes Zeichen. Wenn er dies den anderen benachbarten Lords erzählen würde, würden diese vor Neid erblassen.

      "Jetzt, wo Ihr es sagt, meine ich mich auch daran zu erinnern, Euren Namen bereits schon einmal gehört zu haben. Es erfüllt mich mit Stolz Euch in meinem Haus bewirten lassen zu können."

      Der Hund hob leicht den Kopf, was Bates ein wenig irritierte, doch er ignorierte dies und lächelte ein zuversichtliches Lächeln. Es musste dem Lord hier gefallen, dann würde er auch mit Sicherheit einige gute Worte über das Gut verlieren. Vor allem, wenn er den Direktor der Universität Professor Fester kannte, musste er sich in hohen Kreisen bewegen.

      Lord Hares ging an ihm vorbei und folgte dem Diener die Treppe hinauf. Bates rieb sich erfreut die Hände, als dieser ihn nicht mehr sehen konnte. Sein Herz machte einige Freudensprünge, bevor er sich in seinen Speisesaal begab und darauf achtete, dass alles glatt verlief.

      Währenddessen zeigte Pépé dem Besucher seinen Raum, fragte nach seinen Wünschen und ließ ihn ohne Aufträge zurück. Kaum war er allein, ließ sich Hares erschöpft auf das breite, warme Bett fallen und atmete tief durch. Mit einem leisen Stöhnen rieb er sich die Schläfen, um zu versuchen den leichten Kopfschmerz wieder zu verdrängen, der sich breit zu machen drohte.

      "Wie lange soll ich das bloß durchhalten?", murmelte er.

      "Wenn wir Pech haben bis morgen früh.", antwortete ihm ohne Zögern Jack Bradley, der ihm gerade noch als Wolf, den zum Glück alle für einen ungewöhnlichen Hund hielten, in das kleine aber gemütliche Zimmer gefolgt war. Als Animorph besaß er schon seit seinem zwölften Sommer die Fähigkeit zwischen der Gestalt eines Wolfes und eines Menschen beliebig oft und lange zu wechseln.

      "Jetzt, wo Ihr es sagt, meine ich mich auch daran zu erinnern, Euren Namen bereits schon einmal gehört zu haben. Was anderes konnte er sich nicht einfallen lassen, oder?"

      "Vielleicht hat er das wirklich schon einmal.", meinte Hares. "Dieser Mann kennt so viele Leute, die kann er gar nicht mehr alle zuordnen. Außerdem läuft bis jetzt alles zufriedenstellend, also lass ihn reden, was er will."

      "Fragt sich nur, wie lange ich es hier aushalten soll.", überlegte Jack. "So wunderbar ist diese Bruchbude nun auch wieder nicht."

      "Jack.", stöhnte Hares und stand auf, um das kleine Fenster zu öffnen und ein wenig frische Luft herein zu lassen. Das Fenster zeigte genau zum Hof hinaus und das, was Hares zu sehen bekam, ließ ihn erstarren.

      "Was ist los?", fragte Jack, dem das plötzlich sonderbare Verhalten nicht entgangen war. Er stellte sich neben ihn und versuchte auch einen Blick auf das Geschehen im Hof zu ergattern. Eine junge Frau, fast noch ein Mädchen, war soeben mit einem prächtigen fuchsfarbenen Pferd eingetroffen. Einige Pfleger halfen ihr von dem Tier und führten dieses in den Stall zurück.

      "Bei den Göttern.", flüsterte Hares. "Sie sieht genauso aus wie früher. Welch dämonisches Werk hat Justaka hier nur vollbracht."

      Der Tag neigte sich dem Ende zu. Es dämmerte und die täglichen Arbeiten auf dem Gut wurden eingestellt. Die Pferde bekamen gerade ihr Futter und das Vieh kaute auf seinem Heu herum. Die Arbeiter begannen in ihre bescheidenen Häuser zurückzukehren und im Esssaal des Herrenhauses war der Tisch gedeckt. Jeden Moment begann das Abendbrot, bei dem er eigentlich anwesend sein sollte, doch er stand noch immer in seinem kleinen Zimmer und starrte zum Hof hinaus, schon fast seit sie hier angekommen waren.

      Jack hatte es sich auf dem weichen Bett gemütlich gemacht und streckte seine Beine aus, während er seinem Begleiter nur dabei zusah, wie dieser aus dem Fenster starrte. Beide blickten so eine Zeitlang vor sich hin, bis es Jack endgültig zu viel wurde und er sich aufrichtete.

      "Was ist jetzt?", wollte er wissen. "Wir haben sie endlich gefunden. Wenigstens schon einmal sie und jetzt willst du mir doch nicht etwa sagen, dass wir gleich wieder gehen? Allein?"

      Er bekam keine Antwort. Nur weiteres Schweigen, was ihn noch mehr aufregte. Er stand auf und ging ebenfalls zum Fenster, um seinem Begleiter in die Augen sehen zu können. Doch er blickte nur in ein Gesicht, dessen Besitzer längst nicht mehr mit seinen Gedanken im Hier und Jetzt war.

      "Die Prophezeiungen werden sich erfüllen, Jack."

      Dieser stöhnte leise. "Prophezeiungen! Wir schenken ein paar Worten Glauben, die auf vergilbten Papier stehen und von Männern geschrieben wurden, die wohl seit Jahrtausenden tot sind."

      Bevor Hares darauf reagieren konnte, klopfte es verhalten an der Tür. Dies riss ihn nun doch erschrocken aus seiner Trance. Zu seiner Erleichterung wurden hier Türen allerdings nicht geöffnet, bevor man darum bat und Jack hatte schnell genug reagiert und lag bereits wieder als Wolf zusammengerollt unter dem Fenster. Die Tür öffnete sich, nachdem Hares die Erlaubnis gab und Pépé steckte seinen Kopf hindurch.

      "Verzeiht die Störung, Sir.", entschuldigte er sich. "Aber der Lord fragt, wo Ihr wohl bliebet, also schickte er mich hinauf."

      "Natürlich, Pépé.", erwiderte Hares. "Ich bin es, der sich entschuldigen sollte. Es geht mir nicht besonders. Wahrscheinlich Reisebeschwerden. Ich muss es versäumt haben, mich für das Abendbrot abzumelden."

      "Das ist schon in Ordnung, Sir.", versicherte der Diener. "Benötigt Ihr vielleicht etwas, was ich Euch bringen kann?"

      "Nein.", wehrte Hares ab. "Es geht schon. Ich brauche nur etwas Ruhe und es wird mir sicher schon besser gehen. Ich danke dir."

      Pépé deutete noch eine leichte Verbeugung an, bevor er wieder aus dem Türrahmen verschwand und die dazugehörige Tür wieder verschloss. Erleichtert atmete Hares aus. Er hätte Lord Bates nicht sitzen lassen dürfen. Es hätte weitaus schlimmer kommen können, doch er war sich auf einmal nicht mehr sicher, ob er fähig war diese Sache weiter durchzuziehen.

      "Wir werden gehen.", wandte er sich an Jack. "Jetzt sofort. Allein."

      "Aber...", versuchte Jack ihn aufzuhalten.

      "Kein Aber." Diese Worte waren deutlich genug und so nickte Jack nur stumm ohne etwas zu sagen, auch wenn man ihm ansehen konnte, dass es ihm ganz und gar nicht gefiel. Sie konnten nicht schon wieder umsonst hier gewesen sein. Sie würden nie ihre Ziele erreichen können, sollte Hares weiterhin solche Probleme dabei haben. Es war jetzt ihre einzige Möglichkeit. Es gab keine Zweite.

      Sie schlichen sich an den Dienern vorbei aus dem Haus, was kein Problem war, da sie Beide schon einigermaßen geübt in solchen Dingen waren. Auch im Hof gab es keine Zwischenfälle. Um diese Zeit waren die Meisten mit ihrem Abendessen beschäftigt oder sogar schon fertig. Nur im Stall erwartete sie eine ungeplante Überraschung.

      "Ihr wollt uns schon verlassen?", fragte eine junge Frau im Dunkeln des Stalls stehend. Jung, hübsch mit ihrem langen, gelockten Haar. Neben ihr hielt sie ihre Fuchsstute, bereits gesattelt und zum Aufbruch bereit.

      "Was geht hier denn vor?", verlangte Jack zu wissen, nachdem er sich von dem ersten Schrecken erholt hatte. Für einen Moment glaubte er, sie seien entdeckt worden und müssten ihr heimliches Verschwinden zu einer hastigen Flucht steigern.

      "Ich glaube nicht, dass du es bist, der eine Antwort auf diese Frage verdient hätte.", entgegnete Faith, die Tochter von Lord Bates. Vielleicht hatte sie sich schon ein wenig zu sehr an das Leben der Großlords gewöhnt.

      "Was für ein Benehmen ist das, sich hinter dem Rücken seines Gastgebers aus dem Haus zu schleichen. Noch dazu, wenn man sich vorher mit falscher Identität hinein geschlichen hat." Sie zögerte kurz. "Mein Vater würde es sehr übel nehmen, wenn er davon erfahren würde."

      "Und wenn schon." Jack berührte es nicht in irgendeiner Art, was sie heraus gefunden hatte. Es war ihm nicht peinlich, er schämte sich nicht dafür, nein, er hielt es nicht einmal für besonders falsch. Es waren nur Menschen, die sie betrogen hatten und dass zwar nicht zum ersten Mal, aber bei Menschen gab es andere Maßstäbe für Recht und Unrecht. "Du solltest es