Blut zu Blut. Janaina Geismar. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Janaina Geismar
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847611301
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die Sportlehrerin auf einen kleinen Erdhügel vor die Reihen und nickte zufrieden. Jetzt schien alles seine Ordnung zu haben. „Mein Name ist Diva Kelaino, ich bin von nun an eure Sportlehrerin. Und ich warne jeden von euch – bei mir wird nicht aufgegeben! Niemals! Denn ich hasse es, wenn jemand aufgibt. Und wer es dennoch tut, wird sich bald wünschen, niemals geboren worden zu sein. Und nun fangt an zu laufen, immer schön im Kreis herum auf der Laufbahn. Ihr habt drei Stunden Zeit, eure Kreise zu ziehen. Und wehe, jemand macht unerlaubt eine Pause und bleibt stehen, dann hagelt es Strafaufgaben! Und glaubt mir, diese Aufgaben möchte keiner von euch machen, sie werden euch Blut, Schweiß und Tränen kosten!“, kreischte sie. Dann stieß sie wieder ihren hohen Pfeifton aus und deutete auf die Laufbahn.

      Alle Schüler liefen los und erreichten die Laufbahn, nur der fette Junge stürzte nach dem ersten Schritt zu Boden und kullerte in der Pfütze, die sich rings um ihn bildete, hilflos hin und her.

      Als Kitsune, der neben Ryu trabte, bemerkte, wie mitleidig Ryu zu dem Gestürzten schaute, sagte er: „Das ist Galo Medon. Du brauchst kein Mitleid mit ihm zu haben, denn er ist ein Megalodon, ein Gestaltenwandler.“

      „Ein Megalodon?“, fragte Ryu ungläubig.

      „Ja, ein Vorfahre des weißen Hais, sehr plumpe Viecher und nicht gerade intelligent, aber im Wasser richtige Bestien und wahre Killermaschinen. Ich würde niemandem raten, mit Galo Medon in einen Pool zu steigen, das wäre absolut tödlich“, fuhr Kitsune fort. Dann erhöhte er seine Schrittzahl und schloss zu Kronos auf. Ryu beeilte sich, mit ihm Schritt zu halten. Ryu wunderte sich über sich selbst, mit welcher Selbstverständlichkeit sie Kitsunes Erklärung zu dem Jungen, der sich nun tröpfelnd und undicht bis auf die Laufbahn gewälzt hatte, hingenommen hatte. Eigentlich hätte sie schreiend die Flucht ergreifen müssen....

      „Drecks Zentauren“, schimpfte Kitsune nach ein paar Runden und zeigte auf einen gut gebauten Schüler, der in weiten Galoppsprüngen seiner muskulösen dicht behaarten Beine an der Spitze sprintete.

      Ryu merkte, wie ihr schwindelig wurde, Megalodons, Zentauren – in welche Welt war sie denn hier geraten? Nein, das konnte kein Schule sein, das war ein Albtraum! Aber sie gab die Hoffnung nicht auf, dass sie ihm schnell entrinnen konnte.

      Ryu hatte nicht die beste Kondition, aber sie riss sich zusammen und aktivierte all ihre Kräfte, denn Letzte wollte sie auf gar keinem Fall werden, denn sie fürchtete sich vor den schlimmen Drohungen der Sportlehrerin. Nach zehn Minuten war sie schon ziemlich außer Atem und konnte sich nicht vorstellen, ohne Pause drei Stunden durchzuhalten. Kronos und Kitsune wie auch die meisten anderen Schüler zeigten keine Ermüdungserscheinungen. Ryu verminderte ihre Schrittzahl und wurde langsamer, um nicht anhalten zu müssen, und fiel immer weiter zurück. Kitsune blickte sich zu ihr um, dann wurde auch er langsamer, bis Ryu zu ihm aufgeschlossen hatte, und zuckelte neben ihr her. Ryu dankte es ihm mit einem gequälten Lächeln.

      Die Minuten verrannen wie in Zeitlupe, jede Bewegung schmerzte, ihre Lunge pfiff, dann war es soweit: Ryu konnte nicht mehr, ihr Atem stockte, die Beine versagten ihr den Dienst, ihr wurde schwarz vor Augen und sie stürzte total erschöpft zu Boden, wobei sie sich am Knie verletzte. Sie war in Schweiß gebadet, die Sportkleidung klebte triefnass an ihrer Haut, es bereitete ihr große Mühe, sich wenigstens aufrecht hinzusetzen, denn schlimmer Schwindel quälte sie.

      Mit großer Erleichterung bemerkte sie, dass sie in dieser misslichen Lage nicht allein blieb. Kitsune beugte sich zu ihr herab und sah sich besorgt die Wunde an ihrem Knie an. Dort war die Haut aufgeschürft und Blut strömte hervor

      „Tut es schlimm weh?“, fragte Kitsune mitfühlend.

      Ryu zuckte bloß mit den Schultern, ihre Erschöpfung war so groß, dass sie keinen Schmerz fühlte.

      Sekunden später baute sich Frau Kelaino vor ihr auf. „Keine Pause!“, schrie sie und wiederholte wie von Sinnen: „Keine Pause! Keine Pause!“, wobei sich ihr Haar aufplusterte und sie heftig mit den sehnigen Armen schlug. Ryu machte sich ganz klein, um nicht getroffen zu werden.

      Jetzt kam auch Kronos und stellte sich schützend vor Ryu. „Sehen Sie das nicht, Frau Kelaino? Ryu ist verletzt und blutet stark. Bitte, erlauben Sie mir, Ryu ins Sanitätszelt zu bringen“, bat Kronos.

      Frau Kelaino stutzte, betrachtete Ryus Knie, wobei sie beim Anblick des Blutes ganz nervös wurde.„Einverstanden“, keuchte sie. „Bring sie schnell weg, sonst werden die anderen noch aufmerksam, und wer weiß, was dann geschieht!“

      Kronos half Ryu, auf die Beinen zu kommen, aber sie taumelte und schien gar nicht zu wissen, wo sie war. Deswegen hakte Kronos sie unter und legte einen Arm schützend um ihre Schulter. „Stütz dich ruhig auf mich, ich halte das schon aus“, sagte er aufmunternd. Als Ryu das Bein mit dem verletzten Knie bewegte, spürte sie einen Schmerz, als schnitte jemand mit Rasierklingen darin herum. Deswegen setzte sie den Fuß nicht auf, sondern bewegte sich hüpfend neben Kronos her.

      Als Kitsune, Ryu mit Kronos sah verfinsterte sich seine noch so selbstverliebte Miene. Wenn seine Blicke hätten töten können, wäre Kronos auf der Stelle gestorben.

      „Was soll das? Warum spielst ausgerechnet du den barmherzigen Samariter? Das steht einem wie dir nicht zu!“, schrie er und wollte die Laufbahn verlassen. Aber sofort versperrte ihm Frau Kelaino den Weg und trieb ihn mit Fausthieben und schrillem Keifen auf die Laufbahn zurück.

      Mit jedem Meter, den sie zurücklegten, ließen die Schmerzen ein wenig nach, das Blut hörte zu fließen auf und Ryu fühlte erleichtert, wie ihr rasender Puls sich beruhigte. Schließlich hatten sie das Ende des Sportplatzes erreicht. Hier stand ein lang gestrecktes Zelt. Kronos schlug die Zeltbahn vor dem Eingang zurück und führte Ryu hinein. Im hinteren Drittel des Zeltes stand eine einfache Liege, auf die sich Ryu setzte, wobei sie bemüht war, ihr verletztes Knie nicht zu belasten.

      „Ich habe Durst, schlimmen Durst“, krächzte Ryu. „Meine Kehle ist ganz ausgedörrt.“

      Kronos blickte sich um, aber außer der einfachen Liege gab es im Zelt nichts.

      „Ich schaue draußen hinter dem Zelt nach. Irgendwo gibt es da bestimmt etwas zu trinken“, meinte Kronos und rannte hinaus.

      Kaum war Ryu allein, machte sich der Schmerz im Knie mit einem heftigen Pochen wieder bemerkbar. Besorgt beugte sie sich zu ihm hinab, als sie vor dem Zelt Schritte und Flüstern vernahm. Ein ungutes Gefühl beschlich sie.

      Dann wurde die Zeltbahn vor dem Eingang zurück geschlagen. Die unheimliche Frau, die in der Klasse hinter ihr gesessen und sie mit ihrer gespaltenen Zunge belästigt hatte, huschte hinein, gefolgt von einem fetten großen Kerl, der am Eingang zurück blieb und wie ein Wachposten die dicken Arme über der Brust verschränkte.

      Die junge Frau fixierte Ryu mit ihren wimpernlosen Augen, ihr Leib wiegte sich beim Gehen hin und her wie ein schwankendes Rohr im Wind, während ihre schmale lange gespaltene Zunge vor ihren Lippen züngelte.

      Ryu wollte schreien, aber sie bekam keinen Ton hervor. Sie schaffte es noch nicht einmal, ihre Arme schützend vors Gesicht zu heben. Jetzt spürte sie den kalten Atem der jungen Frau, ihr Gesicht war ganz nah und ihre Schlangenzunge berührte Ryus Gesicht. Ryu schloss die Augen und zitterte am ganzen Leib.

      „Du...“, zischte sie. „Du riechst nach Mensch!“

      Ryu riss vor Schreck die Augen ganz weit auf, sie wollte die furchtbare Frau von sich stoßen, aber sie konnte sich nicht bewegen, so als hätte die Frau sie mit ihrem starren Blick verhext. Als die schwarze gespaltene Zunge ihr Gesicht abtastete, glaubte Ryu, dass ihre letzte Stunde geschlagen habe.

      Auf der Haut der jungen Frau bildeten sich reptilienartige Schuppen, dann sperrte sie ihren Mund auf, immer weiter und weiter. Gewiss würde sie Ryos Kopf mit einem Biss verschlingen....

      In diesem Moment stürmte Kronos, in der Hand eine Wasserflasche, ins Zelt. Überrascht blieb er stehen und starrte zur Liege. Auch die junge Frau, die davor kniete, hatte Kronos bemerkt und drehte sich zu ihm um. Ihre wimpernlosen Augen fixierten ihn und schienen die gewünschte lähmende Wirkung zu haben. Kronos war vor Schreck stehen geblieben, Der dicke Kerl baute sich vor Kronos auf und pumpte jede Menge Luft in