Blut zu Blut. Janaina Geismar. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Janaina Geismar
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847611301
Скачать книгу
der furchtbaren Suppe, die er gegessen hatte, glaubte Ryu. Vielleicht war sie ja das pure Gift.

      „Uns bleibt noch eine süße halbe Stunde bis zum Unterrichtsbeginn. Ich würde sagen, wir ziehen uns um und treffen uns draußen an der Nordseite“, schlug Kitsune vor und sah Ryu mit einem Blick an, als würde er sie am liebsten gleich hier am Tisch vernaschen . „Nordseite, also an der Statue, okay, dann sollten wir uns beeilen“, keuchte Kronos und kam nur mit Mühe auf die Füße.

      Kapitel 9

      Ryu hatte sich vom Tisch erhoben und wollte gehen, da stellte sich Kitsune in ihren Weg.

      „Ich begleite dich selbstverständlich, wenn du nichts dagegen hast“, sagte er mit einem strahlenden Lächeln und zwinkerte Ryu zu. Kitsune hatte wirklich das Talent, weibliche Wesen für sich einzunehmen. Er hatte dieses gewisse Etwas, eine Mischung aus Eitelkeit und Unterwürfigkeit, vor allem wusste er, wie man sich einschmeicheln konnte. Außerdem sah er zwar ein wenig fremdartig, aber verdammt gut aus.

      Er machte mit seinem rechten Arm eine einladende Geste, die Ryu zu verstehen gab, dass sie voran gehen sollte und er folgen würde. Sie verließen die Caféteria und passierten das Klassenzimmer. Als Ryu hinter der geschlossenen Tür die wütende Stimme ihres Klassenlehrers vernahm, beschleunigte sie ihre Schritte. Sie musste zweimal auf den Lageplan schauen, damit sie sich in den verwirrend vielen Gängen und Fluren nicht verlief, aber schließlich stand sie aufatmend vor der Tür mit der großen blutroten Nummer 13. Ryu drehte sich um und lächelte Kitsune an, sie wusste nicht, was sie machen sollte. Zuerst wollte sie sich ärgern, dass sie so schüchtern war, aber zum Glück fiel ihr ein, dass dieser Kitsune gar kein richtiger Mensch war, sondern unter seiner glatten ebenmäßigen Haut in Wahrheit ein ganz anderes Wesen steckte.

      Kitsune hatte ihre Verlegenheit bemerkt und sagte schnell: „Mein Zimmer ist in der Nähe, wir treffen uns hier und gehen dann zusammen zum Sportplatz.“ Er setzte eine Spur zu schnell und automatisch sein gewinnendes Lächeln auf und strich mit der Hand an ihren Haaren entlang.

      „Ja...“, flüsterte Ryu und vergaß sich schon wieder in seinen verführerischen Augen. Kitsune sah ihr noch ein Moment lang tief in die Augen und ging.

      Ryu kam wieder zu Sinnen, sie fühlte sich, als wäre sie aus einem wunderschönen Traum aufgewacht. Sie konnte ja wohl schlecht mit einem Monster ausgehen, egal, wie lieb und nett es sich auch gegenüber ihr verhielt, wenn Kitsune herausfände, dass sie ein Mensch war, dann würde er sie wahrscheinlich töten und auffressen wollen.

      Sie ging schnell in ihr Zimmer und öffnete den Schrank, dort fand sie zusammengefaltete Sportsachen. Sie nahm sich ihren Stapel heraus und legte sich ihre Sachen auf dem Bett zurecht. Dann schaute sie zum Hochbett. Dort schlief, in die Bettdecke gekuschelt, die kleine Larea immer noch tief und fest, als wäre es mitten in der Nacht.

      „He, Larea“, rief Ryu, stellte sich auf die Zehenspitzen und rüttelte Larea an der Schulter. „Aufwachen, du hast schon die ersten drei Stunden Unterricht verpasst!“, rief Ryu. Doch Larea murmelte nur etwas Unverständliches und wälzte sich so auf die Seite, dass sie Ryu den Rücken zu kehrte. Ryu versuchte es noch einmal, zwickte Larea in die Backe und zog an ihren Haaren, doch auch dies hatte keinen Erfolg. Larea schlief weiter.

      Ryu gab die Versuche auf, das kleine Mädchen doch noch wach zu bekommen, und zog sich in großer Eile um.

      Als sie sich gerade die Sportschuhe zuband, klopfte es an der Tür. „Herein“, sagte Ryu und Kitsune betrat ihr Zimmer. Er trug schwarze Sportkleidung, die ihm perfekt stand. Seine muskulösen wohlgeformten Arme waren frei und schrien Ryu förmlich an, dass sie angefasst werden wollten.

      Sie schüttelte sich, als wolle sie die vielen Fantasien abstreifen, die sich in ihrem Kopf versammelt hatten und sie bedrängten. Er schien ebenfalls Fantasien zu haben, denn Ryu fiel auf, dass ihr Oberteil einen ziemlich tiefen Ausschnitt hatte und Kitsune permanent hinein starrte. Das machte ihr nichts aus, denn so hatte sie das Gefühl, Kitsune etwas bieten zu können.

      Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis es Kitsune endlich gelang, seine Blicke von ihrer Oberweite zu wenden. Er lächelte sie verlegen an. „Tut mir leid, natürliche Schönheit haut mich einfach um“, sagte er und legte wieder wie auf Kommando sein verführerisches Lächeln auf. „So, wir sollten jetzt aber wirklich los“, fuhr er fort, nahm Ryu an die Hand und zog sie aus dem Zimmer.

      Sie hasteten quer durch das Gebäude in Richtung Nordtor. Alle Gänge sahen gleich aus, hier fiel es wirklich schwer, die Orientierung nicht zu verlieren und sich nicht hoffnungslos zu verlaufen. Kitsune schien das nicht sonderlich schwer zu fallen, er schnüffelte nur kurz an den Abzweigungen und schien dann Bescheid zu wissen. Schwieriger fiel ihm die Orientierung schon an den zahlreichen Treppen, die zumeist in die Tiefe führten. Hier warf er den Kopf hin und her und witterte, was Ryu stark an ein wildes Tier erinnerte. Ryu war überwältigt von der großen Anzahl der Türen, an denen sie vorüber kamen. Warum brauchte eine Schule so unendlich viele Zimmer?

      Endlich gelangten sie zum Nordtor, dort wartete Kronos, der ungeduldig von einem Bein auf das andere trat und nervös mit den Armen schlenkerte. Als er Kitsune bemerkte, verfinsterte sich seine Miene und er starrte ihn vorwurfsvoll an, als wolle er ihm die Schuld für ihre Verspätung geben.

      „Warum habt ihr so getrödelt? Ich warte schon eine halbe Ewigkeit! Der Unterricht fängt gleich an!“, zischte er aufgebracht, drehte sich auf dem Absatz um und rannte in Richtung des Sportplatzes.

      Als sie am Sportplatz ankamen, hatten sich dort schon die meisten Mitschüler eingefunden. Einige scharrten mit den Füßen, andere balgten sich und kugelten durch das Gras, andere jagten einander und versuchten sich zu fangen. Es herrschte ein wildes Durcheinander und die Luft war erfüllt mit Schreien, Fauchen und Verwünschungen. Das änderte sich schlagartig, als die Sportlehrerin auftauchte und einen hellen durchdringenden Kreischton ausstieß, der auch in Ryus Ohren äußerst bedrohlich klang. Danach dauerte es keine Minute und die Schülerinnen und Schüler hatten sich halbwegs ordentlich in Reih und Glied aufgestellt.

      Die Lehrerin war äußerst schlank und sehr groß und hatte unendlich lange Beine. Ungewöhnlich für eine Sportlehrerin war ihr wallendes lilafarbenes Haar, das ihr bis weit unter die Schultern fiel. Wenn man genauer hinschaute, konnte man feststellen, dass es keine Haare im eigentlichen Sinn waren, sondern kleine Flaumfedern, die beim geringsten Lufthauch auf und nieder wallten.

      Sie war mit einer sehr kurze Shorts und einem Top bekleidet, das nur knapp ihre flache Oberweite bedeckte. Ihre orangefarbenen Augen passten perfekt zu ihrem bräunlichen Teint.

      Das Einzige, was wirklich untypisch für eine Sportlehrerin war, waren die langen spitzen wie Krallen geformten Fingernägel. Ryu wunderte sich insgeheim, dass ihr die langen Nägel auf den ersten Blick als ungewöhnlich auffielen und nicht der Rest des schrillen Aussehens.

      „Still gestanden!“, kreischte die Lehrerin und rannte hektisch durch die Reihen der Schülerinnen und Schüler und ordnete sie. Ryu reihte sich ein, straffte sich, hielt Hände und Arme still und tat alles, um nicht unangenehm aufzufallen. Sie hatte sich vorgenommen wie ein Fisch im Schwarm mit zu schwimmen. Aber sie hatte sich unnötig Sorgen gemacht, denn zwei andere Schüler tanzten aus der Reihe und gerieten sofort ins Blickfeld der Lehrerin. Der dicke Junge, der in der Klasse vor Ryu gesessen hatte, stand zwei Schritte vor seiner Reihe, aus seiner Turnhose tröpfelte unaufhörlich Wasser. Als er bemerkte, dass er vor seiner Reihe stand, wollte er zwei Schritte zurück und fiel schon nach dem ersten mit einem lauten Platscher auf den Rücken, wobei aus allen Öffnungen seiner Sportkleidung Wasserfontänen spritzten und sich eine große Pfütze um ihn bildete. Die Sportlehrerin stutzte, rannte in Windeseile auf ihn zu und zerrte ihn an den nassen Haaren auf die Beine.

      Der Zweite, der unangenehm auffiel, war der Junge mit den roten Haaren und unaufhörlich lachen musste. Offensichtlich fand er auch auf dem Sportplatz alles komisch, stieß sein kreischendes Lachen aus und hüpfte dabei auf der Stelle, wobei der Boden unter seinen Füßen in hellen Flammen brannte. Merkwürdigerweise schien ihm das überhaupt nichts auszumachen. Die Sportlehrerin spurtete zu ihm hin, trampelte die Flammen rings um ihn her aus, stemmte eine Faust