Magistrale. Robert Lang. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Robert Lang
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753182247
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so reich, dass wir zwölf Millionen Dollar auf einem Konto verrotten lassen?“ Der Geheimdienstmann lachte ein meckerndes Lachen, als hätte er einen guten Witz gemacht.

      Sie schoben ihn sanft in Richtung der Sicherheitsschleuse, die sie nach dem Zücken ihrer Dienstausweise unkontrolliert passieren durften.

      Kuljamin konnte es nicht glauben. Sie wollten mit ihm nach Grand Cayman fliegen und sich sein Geld unter den Nagel reißen. Waren diese Männer von allen guten Geistern verlassen? Und… war das vielleicht eine winzige Chance, wenigstens mit dem nackten Leben davonzukommen?

      Er wusste, dass er in den Händen professioneller Killer war, und die würden nicht zögern, ihn abzuservieren, wenn er zu fliehen versuchte. Allerdings erst, wenn sie das Geld hatten, oder nicht? Der Ex-Direktor begann fieberhaft nachzudenken. Vielleicht konnte er auf dem langen Flug über den Atlantik das Bordpersonal bitten, die Polizei von George Town zu benachrichtigen und sich nach der Landung dann von dieser in Schutzhaft nehmen lassen. Einfach Lärm schlagen und beten, dass die Geheimdienstler das Licht der Öffentlichkeit zu sehr scheuten, um sich an ihm zu vergreifen, solange andere Menschen in der Nähe waren. Man würde sehen, die Chancen standen schlecht, aber nicht mehr so schlecht wie vor kurzer Zeit noch in seiner kalten Zelle.

      Sie begaben sich zum Flugsteig und Kuljamin, der vor Müdigkeit fröstelte und Angst vor dem Fliegen hatte, machte gute Miene zum bösen Spiel und lächelte, was das Zeug hielt.

      *

       Dubna, Region Moskau

      Ein Telefonat zwischen dem Absender der heiklen Mail und dem beabsichtigten Empfänger brachte schnell ans Licht, dass die bewusste Nachricht irregeleitet worden war.

      „Wahrscheinlich wieder ein Tippfehler, wir werden gleich herausfinden, wo dieses Ding gelandet ist. Wir hatten schon in der Vergangenheit ein paar Kandidaten, die dafür in Frage kommen.“

      „Beeilt euch, diese Meldung darf auf keinen Fall die Runde machen, man reißt uns sonst die Rübe ab.“

      Sie fanden nach einem Einbruch in seinen Rechner schnell heraus, dass der alte Weksler nicht nur die Nachricht empfangen und geöffnet hatte, sondern auch, dass sie auf irgendein Speichermedium kopiert worden war. Der Regionsvorsteher des FSB bekam einen Wutanfall und schickte sofort drei seiner Schläger zum unweit gelegenen Büro des Alten.

      Der hatte in der Zwischenzeit derlei Verdruss kommen sehen und die Mail samt Anhang von seinem Computer gelöscht. Aber seine Vorsicht kam zu spät, was er realisierte, als seine Bürotür sich öffnete, ohne dass sich jemand die Mühe gemacht hätte anzuklopfen. Die drei Männer, die eintraten, kannte er zwar nicht persönlich, aber die Art ihres Auftretens sprach für sich. Sein Herz begann schneller zu schlagen.

      „Sie haben nur zwei Möglichkeiten, Iossif Wladimirowitsch, und ich rate Ihnen dringend zur ersten. Die lautet: Reden Sie.“

      Weksler wusste es nicht, aber sie hatten den Auftrag, ihn mit Rücksicht auf sein Alter und den berühmten Namen, den er trug, zuvorkommend zu behandeln. Sollte er sich aber weigern, mit ihnen zu kooperieren, so hatten sie freie Hand, in eigenem Ermessen Druck auszuüben, bis er ausspuckte, was er mit der fraglichen Mail gemacht hatte. Der Vorsteher meinte damit vielleicht ein paar Maulschellen, eine Kopfnuss oder eine kleine Daumenschraube, aber seine Männer dachten in völlig anderen Maßstäben.

      Was Weksler ebenfalls nicht wusste, weil er sich nur wenig mit solchen Ungeheuerlichkeiten wie Folter befasst hatte: Er würde reden, so wie bisher noch jeder geredet hatte.

      Und so kam es zunächst, dass er ihnen trotzig in die Augen blickte und fürs Erste stumm blieb wie ein Fisch. Es blieb einige Sekunden still, dann flüsterte der Älteste der Männer ein einziges Wort.

      „Mitkommen.“

      Einer der drei Agenten riss ihn hoch und bugsierte ihn in Richtung Tür. Er sollte sein Büro niemals wieder betreten.

      Der Weg zu dem Kellerverlies war kurz, einen im Halbdunklen liegenden Gang entlang, dann zwei Treppen hinunter und noch ein paar Schritte nach rechts in einen neuen, noch dunkleren Gang, in dem es nach Moder und Urin roch.

      Der Wortführer des Trios zog einen Schlüsselbund aus der Manteltasche und schloss eine Tür auf. Der kleine Raum dahinter sah wenig einladend aus. Als erstes fiel Weksler auf, dass es kein Kellerfenster gab und der Raum auch im Winter nicht geheizt wurde. Es war feucht und bitterkalt.

      „Ausziehen, aber dalli!“

      Allmählich wurde dem Alten klar, in welcher Lage er sich befand. Er begann zu zittern. „Aber…“

      Er bekam eine Ohrfeige, worauf ihm ein wenig schwarz vor Augen wurde und sein linkes Ohr zu pfeifen begann. Aber er kam der Aufforderung nach und fing an, sich umständlich auszuziehen. Als er bis auf Unterhose und Unterhemd nackt war, schaute er die Männer an. Genug? fragte er mit den Augen.

      „Weitermachen! Alles runter!“

      Es gab einen Tisch mit mehreren Stühlen sowie einen gusseisernen Lehnstuhl, der frei in der Mitte des Raums stand. Auf diesem schnallten sie ihn fest.

      Kurios, dachte Weksler, diese Kerle bringen mich um wegen einer E-Mail. Lasst mich in Ruhe, ich habe nichts Verwerfliches getan!

      Und als ob er diesen Gedanken gelesen hätte, fragte der Älteste seiner Häscher: „An wen haben Sie die Mail weitergegeben, Väterchen? Sie werden sich besser fühlen, wenn Sie es uns sagen. Viel besser, ich verspreche es Ihnen.“

      Weksler starrte ihn an und biss sich einstweilen nur auf die Unterlippe.

      „Gut.“ Der Boss des Trios gab dem Mann, der hinter ihm stand, ein Zeichen. Dieser befestigte eine Metallklammer, die am Ende eines dünnen Kabels hing, am Hodensack des alten Mannes. Dann reichte er seinem Boss ein kleines Gerät, das an die alten Trafos erinnerte, mit denen früher Modelleisenbahnen gesteuert wurden.

      Weksler quollen die Augen über, als er erkannte, was nun folgen würde. Der Mann dreht einen Knopf leicht im Uhrzeigersinn. Weksler schrie.

      „Das waren weniger als zehn Prozent, Väterchen.“ Er drehte erneut, und der Gefolterte rutschte in seinen Fesseln hin und her wie ein ekstatischer Rock’n‘Roll-Tänzer auf Speed. Als es vorbei war, begann er zu wimmern.

      „Fünfzehn Prozent. Sollen wir unterbrechen?“

      „Ich weiß nicht, wovon Sie reden. Ich habe diese Mail gelöscht, weil sie nicht für mich bestimmt war.“

      „Falsche Antwort, mein Freund. Wir haben Ihren Computer gecheckt. Die fragliche Nachricht, die Sie bekommen haben, wurde kopiert. So etwas kann man herausfinden, Väterchen. Ach ja, und so fühlen sich zwanzig Prozent an.“

      Wekslers Schreie hallten von den nackten Wänden wider, Ader- und Sehnenstränge traten an seinem dürren Hals hervor, dann begann er leise zu weinen.

      „Wir können dafür sorgen, dass Sie in Würde abtreten, Weksler, ohne den großen Namen Ihres Vaters öffentlich zu beschmutzen.“ Der Alte verstand nicht gleich, was sein Peiniger meinte. Er starrte ihn nur verständnislos und mit Tränen in den Augen an.

      „Sie geben uns den oder die Namen und sterben dafür ohne weitere Schmerzen. Leben lassen können wir Sie jedenfalls nicht angesichts dessen, was sie angerichtet haben, das verstehen Sie doch sicher.

      Sie hinterlassen ein Schreiben, das wir auf ihrem Computer aufsetzen. Darin teilen Sie der Nachwelt mit, dass Sie an einer unheilbaren und mit Sicherheit tödlich verlaufenden Krankheit leiden und Schluss machen, um den zu erwartenden Qualen zu entgehen. In gewisser Weise ist Letzteres ja nicht einmal gelogen.“

      Igors Großvater gerann das Blut in den Adern, als ihm schließlich dämmerte, dass er diesen Raum nicht mehr lebend verlassen würde.

      Aber er wollte sie nicht auf Igors Fährte bringen, wenn die Schmerzen bis zum Schluss auch nur irgendwie erträglich wären. „Gehen Sie zum Teufel, Sie Ungeheuer!“

      Sein Gegenüber lächelte freundlich. „Das werde ich gewiss eines Tages tun, aber zuerst sind