Zwischendurch versuchte ich zwar immer wieder einmal selbst Regie in diesem Lebens-Theater zu führen. Doch jeder dieser Ausreißer war vergebliche Liebesmüh. Egal was ich tat. Egal welcher Methode ich mich dabei bediente. Ich wurde immer wieder zurück auf den Anfang, zurück auf „Null“ gesetzt. Und so setzte sich meine ganz persönliche „Odyssee“ fort in dieser Welt. Eine Odyssee, die mich ganz tief hineinbrachte in meine Unterwelt. In meine ganz persönliche Schatten-Welt. Kurzum, mir kam es vor, als wurde mein Leben (beruflich wie privat) mit einem Pinselstrich übermalt, mit einem Radiergummi ausradiert. Und bei all dem konnte ich nur zusehen, nicht handeln. Ich war für ein Handeln zu ohnmächtig, viel zu erschöpft. Oft war mir dabei so, als spielte ich mit einem mir unsichtbaren Wesen „Mensch-ärgere-Dich-nicht“. – Doch schon als Kind war ich bei diesem Spiel keine gute Mitspielerin, denn ich ärgerte mich jedes Mal grün und blau, wenn mein Bruder und meine Schwester dieses Spiel mit mir spielten. Ich bin zu wenig „Spieler-Natur“. Doch genau dies ist eine der Eigenschaften, die ich bei all der Krise zu „er-lernen“ hatte. – Und die „Geister“, die ich zu diesem Spiel unbewusst rief, waren unnachgiebige Lehrer. Heute habe ich mich mit diesen „Geistern/Dämonen“ arrangiert. Wir sind inzwischen Vertraute geworden. Vor ein paar Jahren hätte ich mir das nicht so ohne weiteres vorstellen können. Da sah vieles noch so anders aus. Doch als ich merkte, dass ich diesen einmal eingeschlagenen Weg nicht mehr so ohne weiteres verlassen konnte, ohne dass ein noch gewaltigerer Absturz drohte, oder gar ein weiteres Hindernis zu erwarten war, so lernte ich mir stattdessen Fragen zu stellen. Fragen wie: Wer bin ich? – Woher komme ich? – Wohin gehe ich? – Was macht mich aus? – Warum fühle ich mich so fremd in dieser Welt? – Warum fühle ich mich so missverstanden in dieser Welt? – Wer ist diese Verlassene in dieser Welt? – Wer ist diese Betrogene in dieser Welt? – Wer ist diese Ungeliebte in dieser Welt? – Warum fühle ich mich so ungeliebt? … Fragen dieser Art. Fragen noch ganz anderer Art. Fragen über Fragen. Fragen an mich selbst. Fragen an Gott und die Welt. – Irgendwann war es dann zum Glück so weit, dass ich zu mir selbst sagte: „Es muss zwischen Himmel und Erde etwas geben, das mir hilft, mich mit all meinen Fragen besser zu verstehen. Es muss etwas geben, das mir Antworten darauf gibt, warum ich in diese Situation mit all diesen Herausforderungen geraten bin. Es muss etwas geben, das mir mein Tun, mein Handeln erklärt, damit ich verstehen lerne, warum die Dinge sind, wie sie sind.“ – Und vielleicht ist genau dies das entscheidende Tool, das mir die Heilung bringt.
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Es muss zwischen Himmel und Erde etwas geben, das Heilung bewirkt!
Meine ersten Schritte hinein in ein bewussteres und gesünderes Leben
Eines Tages hörte ich einen Vortrag von Neale Donald Walsch. Sie kennen ihn vielleicht als Autor der Bücher Gespräche mit Gott. Da auch ich inzwischen immer mehr das Gespräch mit Gott suchte und meine Fragen an ihn richtete, kam eine erste Antwort von Gott mittels dieses Vortrags zu mir. Ich kann den genauen Wortlaut nicht mehr wiedergeben, aber N. D. Walsch erzählte in diesem Vortrag seine eigene Geschichte. Berichtete davon, wie er seine persönliche Situation Gott hinhielt, und dass ihm Jesus das sogenannte Gesetz der Gegensätze erklärte, das besagt: „Wogegen du kämpfst, das bleibt.“ – „Die Energie des Widerstandes sorgt dafür, dass die Dinge nicht miteinander verschmelzen können.“ – „Hör auf zu kämpfen, steige ein in das, was zu dir kommt. Es gilt, die Dinge willkommen zu heißen.“ Bis zu diesem Vortrag hatte ich ehrlich gesagt noch nie etwas von einem Gesetz der Gegensätze gehört. Doch wie gebannt von diesen Worten hörte ich dem Vortrag weiterhin zu. Hörte einfach nur zu und öffnete mich für das, was da berichtet wurde. Ohne Bewertung. Ohne Widerstand. Ich erinnere mich noch daran, dass im weiteren Gespräch zwischen Jesus und N. D. Walsch davon gesprochen wurde, dass es keinen Zufall gibt: „Es gibt keinen Zufall. Du hast dich an die Verabredung mit deiner Seele gehalten. Du erinnerst dich daran. Du musst deinen Verstand hinter dir lassen und dich für deine Seele entscheiden. Du hast dein Versprechen gegeben – Nun lebe es! – Nun lebe es!“ …
Da war sie also: eine erste Antwort von Gott. Mit diesem Vortrag lernte ich, dass ich statt zu „kämpfen“ mich meiner Realität einfach „hinzugeben hatte“. Klingt leicht, aber wie mache ich das? – Nun, es dauerte seine Zeit, aber ich habe es gelernt. Heute weiß ich, dass der allererste Schritt tatsächlich genau darin besteht, sich voll und ganz der Situation hinzugeben mit all dem, was ist. Damit meine ich aber nicht ein sich Hingeben im Sinne von Selbstmitleid und sich bedauern und beweinen. – Das hatte ich lange genug gemacht und es hat mir nicht geholfen. Darauf hatte ich beim besten Willen keine Lust mehr. Was ich stattdessen lernen sollte, war, dass es am besten weitergeht, wenn ich den Weg des Selbstmitgefühls gehe. Und Selbstmitgefühl hat mit Selbstmitleid rein gar nichts zu tun. So übte ich mich Schritt für Schritt darin, mich dem Fluss des Lebens voller Vertrauen hinzugeben. Dazu musste ich aber erst in die Annahme all dessen gehen, was ich in irgendeiner Art und Weise zu beweinen, zu beklagen und zu betrauern hatte. Musste lernen, meine Angst vor dem Schmerz abzulegen, ja mehr noch, meine Angst immer wieder und wieder zu umarmen und gemeinsam mit ihr mitten durch den Nebel, die Finsternis und die Dunkelheit zu gehen.
Heute, mit neu entstandener Zuversicht und viel Abstand auf all diese Zeit meines Lebens zurückschauend, fällt mir folgendes Bild dazu ein. Das Bild wie ich in einem Kajak sitzend einen langen Fluss entlangfahre. Einen Fluss, der sich mal vorbei an Blumenwiesen und dann wieder vorbei an steinigeren Flussabschnitten durch eine wunderschöne Landschaft schlängelt. Da ich eine begnadete Träumerin und eine sehr romantische Seele bin, hatte ich mir natürlich erwartet, dass mir diese Flussfahrt natürlich auch weiterhin nur die schönsten Bilder der Natur zeigt. Ich stellte mich folglich auf einen gemächlich dahinfließenden Flussverlauf ein, der sich gleichmäßig und unaufgeregt durch dieses Tal schlängelt. Der mit Mutter Natur auf ideale und harmonische Art und Weise verbunden ist. Ein Gewässer, das sich sanft und leicht dahinplätschernd in die Natur dieses Tales einschmiegt. … Doch an irgendeiner Kehre meines Flusslaufes war ich unaufmerksam und unbedacht. Und habe dabei völlig übersehen, dass sich diese Bilderbuch-Landschaft um mich herum inzwischen völlig verändert hatte. Ich war so auf mein Paddeln (Arbeit und Funktionieren) und in all diesen Zauber der Natur vertieft, dass ich NICHT mitbekam, dass ich geradewegs auf Stromschnellen zufuhr. Die aber waren so schnell da und in all ihrer Dynamik so aggressiv, so brachial, dass ich leider nicht mehr die Kraft zum Gegensteuern hatte. Das donnernde und tobende Wasser hatte mich schon so fest in seinem Griff, dass es da kein Ausweichen mehr gab. Noch dazu hatte ich in einem unaufmerksamen Moment auch noch das Ruder meines Kajaks verloren. Irgendwann wurde das Toben und Rauschen der Stromschnellen für mich insgesamt zu viel. Irgendwann war eine Grenze überschritten. Eine Grenze, an der ich mich vielleicht noch mit letzter Kraft hätte retten können.