Seewölfe Paket 17. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397754
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sich zu besinnen. Unerbittlich drang er auf de Coria ein. Das helle Klirren der Klingen war trotz des Kampfeslärms an Bord deutlich zu hören.

      „Geben Sie auf, de Coria!“ brüllte der Seewolf. „Sie haben keine Chance mehr!“

      „Niemals, du verfluchter Hund!“ schrie der Spanier keuchend zurück.

      Hasard trieb ihn weiter vor sich her, bis der ältere Mann das Schanzkleid im Rücken hatte und sich mit verzweifelten Paraden zur Wehr setzte.

      Kopfschüttelnd wich der Seewolf zurück, um ihm Zeit zu geben, die Waffe zu strecken.

      Doch Rodriguez de Coria dachte nicht daran. Mit einem gellenden Wutschrei stieß er sich vom Schanzkleid ab und stürmte erneut auf seinen überlegenen Gegner los. De Corias Atem ging rasselnd, längst hatte er nicht mehr die Kraft zu einem wohlüberlegten Angriff.

      Hasard parierte mühelos, und mit einem zweiten, blitzartigen Hieb schlug er die gegnerische Klinge zur Seite weg.

      Das Unvorhergesehene geschah im selben Atemzug, bevor Hasard die eigene Klinge hochreißen konnte.

      De Coria verfing sich mit einem seiner Schnallenschuhe in einem Tau, verlor das Gleichgewicht und stürzte nach vorn – in die Klinge des Seewolfs hinein.

      Hasard zuckte zusammen. Es gelang ihm nicht mehr, zurückzuweichen.

      Seine Degenklinge durchbohrte die Brust Rodriguez de Corias.

      Die verlebten Gesichtszüge des Mannes erschlafften, und seine Augen brachen, bevor er auf die Decksplanken sank. Hasard zog seinen Degen zurück und beugte sich über de Coria. Doch er sah sofort, daß hier keine Hilfe mehr möglich war. Der Stich hatte das Herz getroffen.

      Hasard konnte kein Mitleid empfinden, obwohl er bereit gewesen war, das Leben des Verbrechers zu schonen.

      Vom Achterkastell ertönte ein spanisches Kommando.

      Der Seewolf wandte sich um. Kapitän de Frias, von Ben Brighton bereits entwaffnet, hatte den Tod de Corias mit angesehen und forderte jetzt den verbliebenen Haufen seiner Decksleute auf, den Kampf einzustellen.

      „Senkt die Waffen!“ befahl Hasard den eigenen Männern.

      Arne gab die gleiche Order in deutscher Sprache.

      Augenblicklich kehrte Ruhe an Bord der zerschossenen „Santissima Madre“ ein.

      Für Hasard und Arne gab es kein langes Überlegen. Die überlebenden Spanier wurden von Bord gejagt, in die beiden Boote, die ihnen zur Verfügung standen. Kapitän de Frias war heilfroh, auf diese Weise mit einem blauen Auge davonzukommen.

      Die nächsten zwei Stunden verbrachten die Seewölfe und Arnes Männer damit, alles Brauchbare von Bord der „Santissima Madre“ auf die „Isabella“ und die „Wappen von Kolberg“ hinüberzuschaffen. Waffen, Munition und Proviantvorräte wurden übernommen – vor allem für Arne eine willkommene Ergänzung der eigenen Bestände, zumal er seine Crew in Kolberg auf fünfundzwanzig Mann verstärkt hatte.

      Schließlich erhielt Ferris Tucker den Auftrag, die spanische Galeone anzubohren.

      Als die „Santissima Madre“ über das Heck zu sinken begann, waren die beiden Boote mit den Schiffbrüchigen schon nicht mehr zu sehen.

      Hasard und Arne ließen Segel setzen und nahmen Kurs auf den nahen Sund …

      ENDE

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       1.

      Das dänische Wachboot, das am Morgen des 2. April 1593 querab von Hornbaek oben an der Nordostecke von Seeland auf Patrouillenfahrt war, um den Sund zu bewachen und die Zollgebühren von den einlaufenden Schiffen zu erheben, hatte gegen neun Uhr eine merkwürdige Begegnung.

      Die kleine Schaluppe, die von Norden aus dem Kattegat heransegelte und sich anschickte, in den Öre-Sund einzulaufen, wirkte keineswegs ungewöhnlich, es sei denn, man empfand die Salzschicht, mit der sie total überkrustet war, als etwas Besonderes. Auch die Segel aus gelohtem Tuch waren grauweiß, aber mehr grau als weiß.

      Segler, die auf Langfahrt gewesen waren, sahen so aus, aber das waren Schiffe, keine Schiffchen wie dieses. Jedenfalls war das die Ansicht von Sverre Olsen, dem Leutnant und Kapitän des dänischen Wachboots.

      Sein Bootsmann fand das auch.

      „Sieht aus, als sei der einige Wochen zu lange auf See gewesen“, sagte er kopfschüttelnd.

      Und dann beäugten sie gemeinsam, jeder durch einen Kieker, die beiden Kerle, die offenbar als einzige dieses Schiffchen bevölkerten. Der eine saß achtern an der Pinne, der andere schien für Großschot und Fockschot zuständig zu sein oder für sonstwas. Vielleicht wechselten sie, wenn’s dem einen an der Pinne und dem anderen an den Schoten zu langweilig wurde. Das Schiffchen hatten sie jedenfalls gut im Griff, so was sah man, wenn man einen Blick dafür hatte, und den hatten beide, Bootsmann und Leutnant.

      Aber die beiden Kerle fielen auf – etwa wie zwei Disteln in einem Beet voller schöner Rosen.

      Der an der Pinne trug ein rotes Kopftuch und am linken Ohr einen großen goldenen Ring. Sein Gesicht mochte einmal sonnenverbrannt gewesen sein. Jetzt wirkte es eher grau mit bräunlicher Untertönung.

      „Ts, ts!“ äußerte sich Sverre Olsen, der Leutnant. „Der sieht scharf aus, wie?“

      „Mächtig scharf“, bestätigte der Bootsmann und fügte hinzu: „Der andere aber auch!“

      Ja, das stimmte. Der andere war ein blondhaariger Klotz von Mann, nur trug er keine gewöhnliche Seemannskleidung, sondern Felle und Riemensandalen, die um die Waden geschnürt waren. Sein Gesicht war kantig und hart und bärtig wie das des Kerls an der Pinne.

      „Du meine Güte“, murmelte Sverre Olsen irritiert, „so sind doch früher die Wikinger herumgelaufen.“

      „Vielleicht ist das einer“, sagte der Bootsmann dumpf.

      Sverre Olsen setzte den Kieker ab und fixierte seinen Bootsmann.

      „Quatsch“, sagte er kurz und bündig und rief dem Rudergänger zu, Kurs auf die Schaluppe zu nehmen.

      Der bestätigte den Befehl, legte Ruder und luvte an. Die Segel wurden dichter geholt. Mit halbem Wind über Steuerbordbug schäumte das Wachboot auf die Schaluppe zu, kreuzte aber nicht deren Kurs, sondern fiel dwars von ihr wieder ab, halste und ging auf Parallelkurs.

      Die beiden Kerle auf der Schaluppe blickten unwillig zu dem Wachboot, das jetzt in Luv von ihnen lag und ihnen den Wind wegnahm.

      „Stoppen Sie!“ rief Sverre Olsen zu ihnen hinüber. „Sundkontrolle!“

      Der Ohrring-Mann an der Pinne spuckte nach Lee über Bord, und der Fell-Mann drehte sich um und zeigte dem Wachboot den Hintern, indem er sich etwas beugte und den beachtlichen Achtersteven hochreckte.

      In der internationalen Sprache bedeutete das: Ihr könnt uns mal im Mondschein begegnen oder kreuzweise den Buckel runterrutschen – von anderen Aufforderungen ganz abgesehen.

      Sverre Olsen kriegte rote Ohren vor Zorn.

      Der Bootsmann sagte vorsichtig: „Wenn das noch ein Wikinger aus der alten Zeit ist, dann kann er nicht wissen, daß wir jetzt den Sund kontrollieren.“

      „Quatsch!“ schnaubte der Leutnant zum zweiten Male. „Aus der alten Zeit! So ein Quatsch! Da wäre er längst vermodert.“

      „Kann ja ’n Urenkel oder so was sein“, sagte der Bootsmann.

      Sverre Olsen hätte gern gestöhnt ob der Einfalt seines Bootsmanns, aber er mußte sich um die Schaluppe kümmern, denn die fiel jetzt ab, um der lästigen Windabdeckung zu entgehen.

      „Hau ihm einen Schuß vor den Bug!“ sagte er